1177 - Der Junge von Case Mountain
stahl einen zweiten Grav-Projektor - weil es beim ersten Mal so leicht gewesen war. Sein Beuteversteck hatte er inzwischen in das Sondenlabor umquartiert. Er leerte einen Prüfstand aus und brachte das Diebesgut darin unter. Bei dieser Gelegenheit heimste er gleich ein Drittel des Prüfstandinstrumentariums ein.
Er selbst bezeichnete seine Tätigkeit übrigens niemals als Stehlen, sich selbst nicht als Dieb und den Inhalt seines Verstecks nicht als Diebesgut. Er sprach von Beute und erbeuten, und sich selbst sah er als Revolutionär gegen eine Gesellschaft, die ihm sein Recht verweigerte.
Schwierig war es natürlich, Verbindung mit Lead Can aufzunehmen. Arnulf zweifelte nicht daran, daß die Sendungen des Unbekannten abgehört wurden. Also würde man auch hören, was er mit Lead Can zu besprechen hatte. Man hätte ihn sofort am Wickel.
Dem mußte vorgebeugt werden. Arnulf kannte auch schon das Schema, nach dem er zu verfahren hatte; er war schließlich nicht umsonst Sondenspezialist. Da Lead Can sich einer elektromagnetischen Sonde bediente, würde auch er eine solche benützen. Er würde sie auf einen Kurs bugsieren, der sicher zwischen den Schiffen der Galaktischen Flotte hindurchführte und keinen Rückschluß auf die Herkunft des Geräts zuließ.
Außerdem hatte er vor, seine Sonde mit einem kleinen Zusatztriebwerk auszustatten, so daß notfalls Kursänderungen vorgenommen werden konnten.
Der wichtigste Bestandteil des Geräts war jedoch ein Kodeumsetzer, der auf hyperenergetische Signale ansprach bzw. solche erzeugte. Arnulf Höchstens beabsichtigte, seine Meldung in Hyperfunk-Kode abzustrahlen. Sie würde vom Umsetzer der Sonde in verständliches Interkosmo übersetzt und auf elektromagnetischem Weg weitervermittelt werden. Lead Cans Antwort nahm den umgekehrten Weg. Auf diese Weise war Arnulf Höchstens gegen Entdeckung weitestgehend gesichert, zumal der Umsetzer aus der Ferne auf mehrere verschiedene Kodes programmiert, mit Verzögerungsschaltungen versehen und auf vielerlei andere Weise abhörsicher gemacht werden konnte.
Mit den entsprechenden Vorbereitungen verbrachte Arnulf einen ganzen Tag.
Inzwischen hörte er noch drei weitere Male von Lead Can. Seine Botschaft war stets dieselbe, wenn er auch den Wortlaut änderte. Er war ein Sprecher von beeindruckender Wortgewandtheit. Man hätte sagen können, daß seinen Worten eine gewisse hypnotische Kraft innewohnte, die Arnulf Höchstens immer mehr auch von der moralischen Richtigkeit seines Vorhabens überzeugte.
Nachdem er die Sonde in Position gebracht hatte, unternahm er eine Reihe von Tests, die das einwandfreie Funktionieren des Geräts bewiesen. Das winzige Gerät entfernte sich mit hoher Geschwindigkeit von der BASIS. Als es einen Abstand von 800.000km erreicht hatte, bremste Arnulf es ab. Von da an bewegte es sich mit nur noch einem Kilometer pro Sekunde durch den riesigen Pulk der Raumschiffe.
Vorsichtig nahm Arnulf seine Hyperstation in Betrieb.
„Bruder Lead Can", meldete er sich. „Willst du mit mir ins Geschäft kommen?"
Er hatte mit einer Wartezeit von etlichen Minuten gerechnet, aber es vergingen nur vierzig Sekunden, da hörte er die Stimme, die ihm inzwischen schon vertraut war, im Ton der Begeisterung ausrufen: „Hallelujah! Meine Gebete sind erhört worden. Bruder, der du Geschäfte mit mir machen willst, gib dir einen Namen, damit ich dich ansprechen kann - und dann laß mich hören, was du zu sagen hast."
Arnulf Höchstens schaltete den Kodeumsetzer auf mittlere Verzögerung. Er mußte seine Ungeduld zügeln. Wenn er sofort antwortete, stellten die Experten womöglich Laufzeitmessungen an und kreisten seinen Standort ein.
„Nenne mich Hesekiel, Bruder Lead Can", sagte er. „Ich habe, was du für den großen Sprung brauchst. Ich will dir nicht auf diesem Weg sagen, was ich dir bieten kann. Laß uns eine Zusammenkunft vereinbaren."
Diesmal vergingen fünfundsiebzig Sekunden, bis Lead Can sich wieder meldete - ein Zeichen, daß auch er sich zusätzlicher Vorsichtsmaßnahmen bediente.
„Ich vertraue dir, Bruder", antwortete er. „Du nennst dich Hesekiel; du kennst dich in der Bibel aus. Laß uns beraten - aber vergiß nicht, daß jedes unserer Worte gehört wird..."
*
Es geschah nicht oft, daß Waylon Javier die Beherrschung verlor. Ihn zu sehen, wie er die Faust ballte und sie mit lautem Krach auf dem Rand der Tischplatte landen ließ, war ein besonderes Ereignis.
„Der Kerl ist ein mit allen Wassern
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