1177 - Der Junge von Case Mountain
es gelungen, ihr Schiff wieder unter Kontrolle zu bringen.
Der Bordcomputer fungierte als Autopilot. Inzwischen war man darangegangen, neue Autopiloten aus Ersatzteilen herzustellen. Die alten Geräte blieben spurlos verschwunden.
Sie würden wahrscheinlich irgendwann wieder einmal zum Vorschein kommen - wenn es gelang, weitere Verstecke des unheimlichen Diebes zu finden.
Perry gab einen Lagebericht an die gesamte Flotte. Er faßte die Beobachtungen, die im Lauf der vergangenen Stunden gemacht worden waren, zusammen und machte keinen Hehl daraus, daß bis jetzt niemand eine Ahnung hatte, worum es hier ging. Er bat die Besatzungen der rund zwanzigtausend Schiffe um Wachsamkeit und Geduld.
2.
Waylon Javiers Finger stach in die Luft.
„Da ist es wieder", sagte er mit unterdrückter Stimme.
Perry preßte die kleine Sonde fester ins Ohr und schloß die Augen, um sich besser konzentrieren zu können. Leise, vom Rauschen der Störsignale untermalt, drang eine menschliche Stimme wie aus weiter Ferne in sein Bewußtsein.
„Lead Can hier, Brüder und Schwestern. Der große Händler ruft euch. Ich höre eure Stimmen nicht. Ihr belohnt meine Angebote mit Schweigen. Habt ihr Angst? Angst vor dem einzigen Ausweg, der uns noch bleibt? Wollt ihr lieber zwischen den Pforten des Loolandre verrecken, als mit mir zusammen den großen Sprung zu wagen? Laßt mich von euch hören! Sagt mir, was ihr zu bieten habt, und ich lasse euch wissen, was ich dafür geben kann. Ihr wißt, was ich brauche - und ich weiß, was ihr braucht. Es ist schwierig, mich zu erreichen, meint ihr? Nur für den, der keine Phantasie hat. Mein Ohr horcht auf allen Wellenlängen. Erhebt eure Stimmen, Brüder und Schwestern. Lead Can zeigt euch den Weg zur Rettung ..."
Waylon Javier pulte die Sonde aus dem Ohr und schob sie zurück in den kleinen Behälter.
„Es ist noch immer dieselbe Nachricht", sagte er. „Er hat den Wortlaut ein wenig geändert. Mit Worten versteht er offenbar umzugehen, der Bursche..."
„Worauf will er hinaus?" fiel ihm Perry ins Wort.
„Ich bin kein Semantiker", protestierte Waylon. „Er will handeln und tauschen, das ist alles, was ich verstehe."
„Offensichtlich hat er Angst vor dem, was uns in der Umgebung des Loolandre noch bevorsteht", erklärte Jen Salik. „Er spricht vom großen Sprung. Wahrscheinlich eine Absatzbewegung, für die er andere interessieren will, die ebenso empfinden wie er selbst."
„Wie oft hat er sich schon gemeldet?" wollte Perry wissen.
„Das eben war das dritte Mal", antwortete Waylon.
„Kein Glück mit der Identifizierung?"
„Keines. Hamiller hat ein paar Millionen Stimmenabdrücke analysiert, aber keiner paßt."
„Er arbeitet mit Filtern", nickte Perry. „Keine Schwierigkeit für den, der sich mit solchen Dingen auskennt. Peilung?"
„Oh, wir haben ihn angepeilt", beteuerte Waylon. „Beide Male, und ich wette, inzwischen liegt auch das dritte Peilergebnis vor. Aber da, wo das Signal herkommt, ist nichts. Er arbeitet mit Mikrosonden."
„Von Bord eines Schiffes aus?"
„Unwahrscheinlich. Die beiden bisherigen Peilpunkte liegen Lichtminuten voneinander entfernt."
„Also ist er an Bord eines beweglichen Bootes", meldete Nachor, der Armadaprinz, sich zu Wort. „Es kann nicht schwierig sein festzustellen, wer sich ohne Autorisierung eines Beiboots bemächtigt hat."
Der Blick des großen, rubinroten Auges wirkte starr. Ruhig, mit imposantem Glanz schwebte die Armadaflamme über dem Haupt des Fremdlings, der einst der Anführer der Armadarebellen gewesen war und den Loolandre als seine rechtmäßige Heimat bezeichnete.
„Wer sagt, daß er das Boot ohne Autorisierung benützt?" konterte Perry. „Zu jeder Zeit - selbst jetzt, da die Flotte annähernd stilliegt - sind Tausende von Fahrzeugen unterwegs: Reparaturboote, Schlepper, Roboter, Versorgungsfahrzeuge, Kuriere. Der Unbekannte hat viele Orte, sich zu verstecken."
„Zu bemerken ist eines", sagte Jen Salik: „Bis jetzt haben wir nicht einmal einen ausreichenden Anlaß, nach ihm zu forschen. Er tut nichts Ungesetzliches. Er ist mit den Plänen der Flottenleitung nicht einverstanden und hält die Gegend des Loolandre für gefährlich. Aber das ist sein gutes Recht, solange er nicht zur Meuterei aufruft."
Waylon Javier sah verdutzt auf.
„Und das Gerede von den Angeboten, die er hören will? Er verleitet die Leute zum Diebstahl."
„Ah - aber tut er das wirklich?" fragte Perry. „Er drückt sich recht undeutlich aus.
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