1179 - Der Killerzwerg
die Brummifahrer die Tore der Auslieferungslager dichtgemacht hatten, und so war das Land in eine gewisse Lähmung verfallen. Mit Mühe und Not hatten wir noch unseren Tank voll bekommen, aber das hatte eben seine Zeit gedauert, obwohl es Hoffnung gab, denn mittlerweile hatten einige Truckfahrer die Sperren aufgelöst. Zudem stand die Regierung in Verhandlungen mit den entsprechenden Interessenvertretern. So konnte sich das Leben wieder normalisieren und die Agonie verschwinden.
»Soll der Zirkus nicht bald gestoppt werden?«, fragte Tanner.
»Sie sind dabei.«
»Wird auch Zeit.« Er schnaufte. »Aber deswegen habe ich euch nicht geholt. Es geht um sie.« Er wies auf den Whirlpool, in dem sich bequem vier Personen aufhalten und im Wasser planschen konnten.
Tatsächlich aber befand sich nur eine Frau darin.
Und ihr nackter Körper wurde auch nicht vom Wasser umspielt, denn das war rausgelassen worden.
Suko und ich traten näher, um über den niedrigen Rand schauen zu können. Nackte Frauen hatte ich schon zur Genüge gesehen. Ich sah mit einem Blick, dass diese Person hier eine gute Figur hatte. Da stimmte alles, und sie war auch nicht zu mager wie viele Mannequins. Ihren Beruf kannten wir.
Tanner hatte ihn uns am Telefon mitgeteilt, aber nicht den genauen Grund, weshalb wir sie uns näher anschauen sollten. Das konnten wir jetzt. Bis auf eine Kleinigkeit. Über ihren Kopf hatte jemand ein graues Tuch gelegt.
Noch an der dreieckigen Wanne stehend, drehte sich Suko um. »Hast du ihr Gesicht verhängt, Tanner?«
»Habe ich.«
»Warum?«
Er löste sich von seinem Platz und wurde von mir schweigend beobachtet.
»Weil ich mir die Überraschung immer gern bis zum Schluss aufbewahren möchte.«
»Kann das heißen, dass wir die Frau kennen?«, fragte ich.
»Kann sein. Glaube ich aber nicht.« Er bückte sich. Mit zwei Fingern griff er nach dem Tuch, zog es weg, richtete sich wieder auf und sagte dabei. »Das ist Maja King. Ein gefragtes Modell. Schwarm vieler Männer, und einer von ihnen hat sogar zu viel von ihr geschwärmt. Vielleicht sogar der Teufel!«
Der letzte Satz war kein Scherz gewesen. Und wenn, dann ein verdammt sarkastischer, denn als wir einen Blick in das Gesicht warfen, da sahen wir es.
Das Gesicht war verändert. Es war nicht zerstört, aber viel fehlte nicht, denn jemand hatte sein Zeichen hinterlassen. Über das gesamte Gesicht hinweg zog sich wie eingeritzt die dreieckige Fratze des Teufels. So kannten wir sie. So hatte sich Asmodis uns schon des öfteren gezeigt. Mit seinem dreieckigen Gesicht, der hohen Stirn, der kantigen und knochigen Nase und dem breiten Maul.
Jemand musste die Fratze mit einem Messer oder einem ähnlichen Gegenstand in die Haut des Gesichts hineingeschnitten haben. An den Rändern der Schnittstellen zeigte sich das braune und auch leicht verkrustete Blut.
Ich sah nicht lange hin und drehte mich wieder weg. Tanner beobachtete mich und seine Lippen zuckten, als ich mit einer fahrigen Bewegung durch mein Gesicht wischte.
»Nun, was sagst du?«
Ich hob die Schultern. »Was willst du hören? Dass hier ein Irrer am Werk gewesen ist? Ein Psychopath, ein Soziopath, einer der Frauen tötet, die für ihn normalerweise unerreichbar sind?«
»Könnte alles sein.«
»Du glaubst trotzdem nicht daran?«
»Doch, John, aber du hast trotzdem noch etwas vergessen, finde ich.«
»Was denn?«
»Ein Dämon.«
»Gut, Tanner. Du wirst immer besser. Im Laufe der Zeit haben wir dich wohl überzeugen können.«
»Das bleibt nicht aus, wenn man mit euch zu tun hat.«
»Einer, der den Teufel mag«, sagte Suko. »Der ihm etwas beweisen will. Oder Asmodis selbst.«
Tanner zuckte mit den Schultern. »Es ist alles möglich. Nur möchte ich das nicht allein herausfinden. Ich habe die Befürchtung, dass dies erst der Anfang ist.«
»Denkst du an einen Serien-Killer?«
»Zum Beispiel, Suko.«
»Was sagst du, John?«
»Bis jetzt nicht viel. Oder habt ihr schon eine Frau gefunden, die auf ähnliche Art und Weise ums Leben gekommen ist?«
»Eine?«, hauchte Tanner, was bei ihm selten war, wo er normalerweise laut sprach.
Über meinen Rücken lief ein Kribbeln. »Also mehr Frauen, die auf diese Art und Weise…«
»Es ist die dritte.«
Ich starrte ihn an. »Ja, das ist die dritte«, wiederholte Tanner.
»Warum habe ich von den anderen beiden Morden nichts erfahren?«
»Wir haben es geheim gehalten. Ich hätte dich schon vorher informiert, aber du bist beschäftigt gewesen. Außerdem
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