1182 - Das Element der KÀlte
nur Laufbänder gab, die in verschiedene Richtungen führten. Er trat auf das, das in Richtung eines Ausgangs führte. Es setzte sich augenblicklich in Bewegung und trug ihn davon.
Kein Mensch begegnete ihm, auch kein Außerirdischer. HQ-Hanse wirkte wie ausgestorben, aber Ellert wußte, daß dem nicht so war. Hinter den Türen, an denen er vorbeiglitt, wurde gearbeitet. Überstunden gehörten zur Tagesordnung, und eine ganze Division Wissenschaftler kümmerte sich ausschließlich um das Wohlergehen der Familien jener Menschen, die zur Zeit als Sturmreiter auf den verbliebenen zwanzigtausend Minierden weilten und die Vernetzung mit dem Virenimperium aufrechterhielten.
Das Band trug den Metamorpher bis an eine schleusenähnliche Tür.
Kurz davor endete es, und Ellert sprang auf den Boden hinüber und blieb kurz stehen. In der spiegelnden Fläche der Tür erspähte er seine Gestalt, schlank und 1,80 groß. Aus der lindgrünen Kombination ragte ein Kopf, dessen Haut leicht bläulich schimmerte. Der Schädel war, wie der gesamte Körper, völlig haarlos. Äußerlich wirkte Ernst Ellert wie ein gewöhnlicher Mensch oder wie einer der Nachkommen ehemaliger Kolonisten ferner Welten, deren Haut sich im Lauf von Jahrhunderten durch verschiedene Einflüsse ebenfalls blau gefärbt hatte. Für Außenstehende blieb dieser Eindruck auch bei näherer Bekanntschaft erhalten.
Die Wirklichkeit sah völlig anders aus. Ellerts Körper bestand wie seine Kleidung aus einem Konglomerat hochspezialisierter, atomprogrammierter Viren. Auch die Ordensmänner besaßen einen solchen Körper, wenn auch mit Unterschieden. Ellert konnte seinen Virenkörper willentlich verändern. Er machte ihn kristallhart oder organisch weich. Er konnte ihn in Myriaden von Einzelviren auflösen, also zu feinstem Staub zerfallen und so durch feinste Ritzen und Öffnungen sickern und sich dahinter wieder vereinigen. Wie die Ordensmänner war er weitgehend resistent gegen StrahlwaffenbeSchuß. „Das also bin ich!" murmelte der Metamorpher. Ein klein wenig hatte er sich in den letzten Tagen an die ungewohnte Bezeichnung gewöhnt. Sie spiegelte seine Fähigkeiten wider. Die merkwürdige Erscheinungsform barg seelische Probleme in sich, aber die Ordensmänner, die im Auftrag Taurecs und Vishnas gehandelt hatten, hatten an alles gedacht. Ellert war ein vollwertiger Mann und wirkte auf Frauen überaus faszinierend. Möglich war, daß die Viren ein bestimmtes Pheromen erzeugten, das diese Wirkung hervorrief.
Der neue, vollkommene Körper bedeutete auch Autorität, denn die Ordensmänner erkannten Ellert uneingeschränkt als ihren Anführer an. „Gebieter!" sagte Stein Nachtlicht jedesmal, obwohl er wußte, daß Ellert dieser Ausdruck gar nicht gefiel. In seinen Augen drückte das Wort nicht nur Autorität aus, sondern auch Absolutismus, und damit konnte sich der Teletemporarier nicht abfinden. Er, bis vor wenigen Monaten ein fester Bestandteil des Geisteswesens ES, dachte viel zu gemeinschaftlich, um auch nur den leisesten Anspruch auf Absolutismus in sich zu spüren. Er fühlte als Mensch und als Terraner.
Ellerts Augen, schillernden Glasmurmeln gleich, musterten mit einem letzten Blick den unfreiwilligen Spiegel. Seine rechte Hand glitt nach vorn und legte sich elastisch auf den Wärmekontakt der Tür. Augenblicklich glitt sie zur Seite und gab den Weg frei.
Der Metamorpher schritt in die Randsektion des HQ hinaus und eilte durch einen Ringkorridor zur nächsten Eingangshalle. Von draußen leuchtete das Tageslicht Sols herein, und durch die getönten Scheiben konnte er ein paar der noch verbliebenen 20 000 Minierden erkennen, die rund um das Hauptquartier Hanse ganz in der Nähe der Zeittürme schwebten.
Wozu sollte er sich jetzt mit Vishna treffen?
Er trat auf den weiten Hanseaten-Platz hinaus und hielt nach der Kosmokratin Ausschau.
Schließlich entdeckte er sie zwischen zwei der geparkten Gleiter. Sie winkte ihm zu und deutete hinüber zu jenem Turm, in dem Stein Nachtlicht hauste. Sie setzte sich in dieser Richtung in Bewegung.
Ellert verstand. Auch er ging zu dem Zeitturm hinüber, und er kam dem rätselhaften Wesen dabei immer näher. Vishna, für Menschen in der Inkarnation der Belice sichtbar, war ein bezauberndes Wesen, das Idealbild einer Frau für jeden, der sie sah. Auch jetzt konnte Ellert kaum den Blick von ihr nehmen. Kurz vor dem Zeitturm trafen sie zusammen, und Vishna begrüßte ihn mit leuchtenden Augen.
Der Metamorpher wurde an ihre
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