1190 - Die stählerne Spinne
sie dem Gharwo, den Leo Dürk auf der Bildfläche in der Schaltzentrale der stählernen Spinne gesehen hatte, zum Verwechseln ähnlich. Auch in der Körpergröße wiesen sie eine überraschende Einheitlichkeit auf. Nur einer von den zwanzig war um so viel größer als seine Artgenossen, daß es auf den ersten Augenblick auffiel. Er war, wie sich bald herausstellte, derjenige, der zu Leo Dürk sprach, und Leo hielt ihn für den Anführer der Gruppe.
Die Schutzmonturen der Parias wurden achtlos beiseite geworfen und blieben vor der Schleuse liegen. Nur der SERUN wurde einer würdigeren Behandlung für wert befunden.
Zwei Arachniden nahmen ihn auf und schleppten ihn mit.
Der Weg führte durch ein unübersichtliches, labyrinthähnliches Gewirr von Gängen, Rampen, Schächten, Hallen, Emporen, Steigen und Tunnels, so daß Leo Dürk schon bald die Hoffnung aufgab, er könne sich jemals hier zurechtfinden. Ob die Mikroprozessoren des SERUNS noch funktionierten und seine Bewegungen aufzeichneten, wußte er nicht. Wenn nicht, dann war er so verloren, als wenn er durch ein black hole in ein anderes Universum gestürzt wäre. Aus eigener Kraft würde er den Weg zurück nie wieder finden.
Allmählich begann er, sich um Clifton Callamon zu sorgen. Er verstand, daß die Parias Wert darauf legten, ihre Gefangenen voneinander zu trennen. Auf diese Weise waren sie weniger gefährlich. Aber was hätten in dieser Umgebung, bedroht von zwanzig Waffen, die recht gefährlich aussahen, zwei Gefangene anstellen sollen, selbst wenn sie sich miteinander verständigen konnten? „Was ist aus meinem Freund geworden?" erkundigte er sich.
Der große Paria wandte sich zu ihm um und erklärte: „Du wirst es erfahren."
Im übrigen erwiesen sich die Arachniden als höchst bewegliche Fußgänger und legten ein Tempo vor, das Leo Dürk nur mit Mühe mithalten konnte. Mehrmals wurde er barsch zu größerer Eile aufgefordert. Erst als er allmählich in Atemnot geriet und ihm der Schweiß in Strömen von der Stirn troff, schienen die Parias geneigt, seiner Versicherung zu glauben, er sei auf Gewaltmärsche nicht trainiert.
Seiner mangelnden Kondition wegen geschah es wahrscheinlich, daß sie schließlich ein Fahrzeug herbeiriefen, das den Gefangenen und seine Bewacher mit der gewünschten Schnelligkeit transportieren konnte. Der Waffenmeister wunderte sich schon seit geraumer Zeit, warum er auf den endlosen Gängen bislang noch kein einziges motorbetriebenes Vehikel zu Gesicht bekommen hatte. Die Art und Weise, wie das Herbeirufen des Transportmittels geschah, beantwortete einen Teil seiner Fragen.
Der Anführer des Trupps öffnete eine Klappe in der Wand des Korridors und nahm daraus hervor, was Leo Dürk ohne Schwierigkeit als das Sende- und Empfangsgerät einer Interkom-Anlage identifizierte. Er betätigte mehrere Schalter und zwitscherte mit aufgeregter Stimme Kodeworte, die Leo nicht verstand. Schließlich schleuderte er das kleine Gerät mit einer Wucht, die heftigen Zorn verriet, in das Behältnis zurück und gab der Klappe einen Tritt, so daß sie sich knallend wieder schloß. Leo fiahm zur Kenntnis, daß der Interkom-Anschluß außer Betrieb war. Die Behandlung, die man ihm angedeihen ließ, deutete darauf hin, daß die Parias mit seiner baldigen Instandsetzung nicht rechneten.
Der Marsch ging weiter. Ein Gerät nach dem ändern wurde ausprobiert. Das vierte bescherte endlich den gewünschten Erfolg. Nach etlichen Minuten kam ein langes, wannenf örmiges Gefährt den Korridor entlanggeschwebt. Die Wanne bot dem ganzen Kommando Platz; allerdings bemerkte Leo Dürk mit Unbehagen, daß die Parias, die nur auf Armeslänge von ihm entfernt saßen, von neuem nervös und unsicher wurden. Er verhielt sich dementsprechend vorsichtig.
Verwundert musterte er das Fahrzeug. Die Wannenränder waren vom Rost zerfressen. Die Steuerelemente, die von dem großen Paria bedient wurden, funktionierten nur widerwillig und produzierten, soweit Leo das vermuten konnte, nicht immer das gewünschte Resultat. Das Triebwerk, wahrscheinlich ein seit Jahrzehnten nicht mehr gewarteter Antigrav-Motor, lief mit stotternden und keuchenden Geräuschen, und entsprechend stampfend und schlingernd vollzog sich auch die Fahrt der Wanne. Der Waffenmeister hätte um sein Leben gefürchtet, wenn es dem altertümlichen Vehikel gelungen wäre, eine Geschwindigkeit von mehr als zehn Kilometern pro Stunde zu entwickeln.
Aber auch so gestaltete sich das Ende der Reise schmerzhaft
Weitere Kostenlose Bücher