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1190 - Die stählerne Spinne

Titel: 1190 - Die stählerne Spinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Dürk wünschte sich, er wäre seiner Sache nur halb so sicher gewesen wie Callamon.
    Aber jetzt war gewiß nicht der richtige Augenblick zum Zweifeln. Wie lange noch, und die Netzparias würden aus ihrem Schock erwachen und erkennen, daß sie in ihrer Übermacht bei weitem nicht so hilflos waren, wie sie zuerst geglaubt hatten?
    Er machte die Runde. Fünf Arachniden suchte er nach dem Kriterium aus, das Callamon genannt hatte: Sie trugen die farbenprächtigsten Markierungen. Sie waren überdies alle von der kleineren Variante der Spezies, männliche Wesen also, falls Leo Dürks Hypothese sich als richtig erwies. Er trieb sie in Richtung des Podests und befahl den übrigen, bis an die Wände des Saales zurückzuweichen und vor allen Dingen die Ausgänge freizuhalten.
    Zum Schluß kam ihm noch eine Idee. Der Anführer seines Wachtrupps gehörte mit zu denjenigen, die seine Anweisungen am zögerndsten befolgten. Seine Bewegungen waren sorgfältig berechnet. Er bewegte sich gerade langsam genug, um seinen Widerwillen unmißverständlich deutlich zu machen, aber nicht so langsam, daß er die Herrscherin dadurch in Gefahr gebracht hätte. Leo Dürk baute sich vor ihm auf und richtete den Lauf der Kombiwaffe auf den graubehaarten Leib. „Du nicht", sagte er. „Du kommst mit uns."
    „Ich will nicht mit euch gehen, und du kannst mich nicht dazu zwingen."
    Die Stimme des Parias klang verächtlich. Die Armadaflamme schwebte mit stillem, violettem Glanz über der höchsten Stelle seines Körpers. Sechs Augen waren starr auf den Terraner gerichtet. „Du siehst meinen Freund dort oben", sagte Leo Dürk. „Willst du, daß er Torquantuur tötet?"
    „Das wird er nicht tun. Ihr wäret im selben Augenblick verloren."
    „Das sind wir sowieso", antwortete der Waffenmeister hart. „Das ist nicht wahr. Ich sagte schon, daß euch niemand nach dem Leben trachtet, solange ihr euch vernünftig verhaltet."
    „Ich glaube dir nicht."
    Er spürte einen seltsamen, nicht unangenehmen Geruch, der vom Körper des Arachniden ausging. Der Blick der sechs Augen wurde weniger starr. Der Paria überdachte seine Strategie. Wenn die beiden Terraner wirklich glaubten, daß ihnen in Torquantuurs Festung der Tod drohe, dann befand die Herrscherin sich in größerer Gefahr, als er bisher angenommen hatte. Dann durfte er sich nicht mehr darauf verlassen, daß die Fremdlinge Torquantuur unter keinen Umständen etwas antun würden, weil sie damit ihren einzigen Schutz verlören. Leo Dürk spürte förmlich, wie das Bewußtsein des Parias sich mit diesen Überlegungen abquälte.
    Schließlich fällte er seine Entscheidung. Das Pflichtgefühl hatte gesiegt. „Ich gehe mit euch. Aber Girinaars Begleitung wird euch kein Glück bringen. Ihr frevelt an der Hoheit der Herrscherin. Von jetzt an trachte ich nach dem Tod der Frevler."
    Abermals nahm Leo Dürk einen fremdartigen Geruch wahr. Diesen empfand er als unangenehm. Er trug mit sich eine ferne Erinnerung an erkaltete Asche. Er schien vom Vorderleib des Parias auszugehen, und der Waffenmeister fragte sich, was die Arachniden sonst an Eigenheiten besitzen mochten, womit sie ihn und Callamon überraschen konnten.
    Er führte seine sechs Begleiter in Richtung des Podests. „Was soll der Grauhaarige?" fragte der Admiral. „Er nennt sich Girinaar", antwortete Leo Dürk. „Ich dachte mir, die mit den bunten Fetzen wären womöglich nur Hofschranzen, die sich außer in der Gegend des Thronsaals nicht auskennten. Girinaar war der Anführer meiner Eskorte. Er kennt die Wege und Stege der Festung."
    Clifton Callamon nickte. „Gut gedacht", sagte er auf Interkosmo. Dann hob er den Kopf und schrie im Armadaslang, daß es bis in den hintersten Winkel des Saales hallte: „Platz gemacht, und keine falsche Bewegung, wenn euch das Leben der Herrscherin lieb ist."
     
    *
     
    Sie verließen den Thronraum durch eines der zahlreichen, hohen Portale - nicht jenes, wie Leo Dürk feststellte, durch das man ihn hereingebracht hatte. Je zwei der bunt ausstaffierten Parias, die der Waffenmeister Hofschranzen nannte, trugen einen der SERUNS und taten sich, wie man ihnen ansah, schwer dabei.
    Im Augenblick hatte Clifton Callamon das Heft in der Hand. Leo Dürk überließ ihm willig die Führung. Es war Callamons Plan. Er selbst hatte keine Ahnung, wie sich die Entführung von sieben Paria-Geiseln, selbst wenn sich die Herrscherin in eigener Person darunter befand, in eine sichere Rückkehr zur BASIS ummünzen ließ - und nur

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