1190 - Geisterrache
schmalen Flur, den Blick starr nach vorn gerichtet.
Er hörte nichts aus dem größten der Räume. Dennoch blieb sein Misstrauen bestehen.
Dann war er da.
Als er den letzten Schritt über die Schwelle trat, wusste er schlagartig, dass sich etwas seit seinem Weggang verändert hatte. Zunächst, konnte er nichts sehen, bis er den Kopf nach rechts drehte und auf das Modell-Podest schaute.
Dort stand der Stuhl noch immer.
Nur war er diesmal besetzt.
Allerdings nicht von Doris, die sich heimlich angeschlichen hatte, sondern von einer anderen Person, die es eigentlich nicht geben durfte und die Gunhilla Blaisdell hieß…
***
Der Anruf hatte uns auf dem Weg zum Yard erwischt. Da ich fuhr, übergab ich Suko mein Handy, der leise auflachte, als er den Namen des Anrufers erfuhr.
»Jane«, sagte er dann. »Was liegt dir denn alles auf der Seele?«
»Ist John in der Nähe?«
»Er fährt.«
»Wo seid ihr?«
»Auf dem Weg zum Yard.«
»Dann kommt bitte bei Sarah und mir vorbei. Aber schnell. Es ist wichtig.«
Da Jane recht laut gesprochen hatte, war es mir gelungen, alles mitzuhören. »Frag sie doch mal, ob es wirklich so wichtig ist.«
»Ja, es ist wichtig.«
Auch sie hatte mich gehört. Da Jane Collins nicht grundlos die Pferde scheu machte, versprachen wir ihr, so schnell wie möglich bei ihr zu sein.
»Ja, bitte.«
Mehr sagte sie nicht, was uns wiederum wunderte. Suko gab mir das Handy zurück und meinte:
»Jane scheint echt in Schwierigkeiten zu stecken, wenn sie so reagiert.«
»Denke ich auch.«
»Hast du einen Verdacht?«
»Nein, Suko, auch wenn ich in letzter Zeit einige Male mit ihr beruflich zusammen war. Allerdings können wir einen zweiten Fall nicht gebrauchen, der erste ist schon rätselhaft genug.«
»Lass uns erst mal hören, was sie zu sagen hat.«
Das erfuhren wir mehr als eine halbe Stunde später. Lady Sarah hatte Kaffee gekocht, und ich war froh, hin und wieder einen Schluck trinken zu können, denn was ich hörte, war unglaublich. Es stellte sich heraus, dass Jane und Suko und ich praktisch mit dem gleichen Fall konfrontiert worden waren. Nur war Jane Collins schon einen Schritt weiter, denn sie hatte die Kunstperson oder den künstlichen Geist namens Gunhilla Blaisdell bereits zwei Mal gesehen.
»Das ist wirklich ein hartes Stück«, sagte ich, als Jane ihren Bericht beendet hatte.
»Und zugleich eine Tatsache, John.«
»Ja, ja, ich glaube dir. Es hat mich nur gewundert, verstehst du? Da kommt plötzlich einiges zusammen, und ich stehe da ziemlich verloren.«
»Wieso?«, wollte Sarah wissen.
Bisher hatten wir den beiden Frauen noch nicht mitgeteilt, an welchem Fall wir arbeiteten und wie sehr wir dabei ins Leere traten. Jetzt war die Zeit gekommen, in der Suko und ich abwechselnd unsere Informationen preisgaben.
Diesmal lag es an den Frauen, Überraschung zu zeigen. Sie hörten zu, bis Sarah schließlich den Kopf schüttelte und fragte: »Zufall oder nicht?«
»Eher nicht«, sagte ich, »sondern mehr das Spiel der Mächte, in das wir hineingeraten sind.«
»Ja, das befürchte ich auch.«
Wir wussten nicht viel mehr, uns war nur bekannt, dass es diese Gunhilla Blaisdell tatsächlich gab und sie auch von Sarah und Jane gesehen worden war. Wenn auch nur in einem Spiegel und nicht frei schwebend.
»Vier Männer haben sich zu einem Club zusammengefunden, um einen Geist zu erschaffen. Nicht mal, um einen zurückzuholen«, fasste ich zusammen. »Sie wollten ihn erschaffen. Etwas völlig Neues in die Welt setzen, und das haben sie irgendwie geschafft, mit welchen Mitteln auch immer. Aber sie haben nicht daran gedacht, dass sich dieser von ihnen geschaffene Geist auch gegen sie wenden könnte, und genau das hat zwei Menschen das Leben gekostet. Sie haben sich unter dem Einfluss des Geistes selbst getötet. Männer, die ein geregeltes Leben führten, dazu zähle ich auch Gino Cobani. Die Gründe kennen wir nicht. Wir wissen, dass sie mit Gunhilla Blaisdell zu tun haben. Die Hälfte der Clubmitglieder ist tot. Die Männer haben die Geisterrache unterschätzt. Die andere Hälfte der Clubleute lebt noch…«
»Bist du sicher?« fragte Sarah.
Ich lächelte säuerlich. »Ich gehe mal davon aus. Als schlimm sehe ich es außerdem an, dass wir nur die Vornamen kennen. Die Vier haben sich sehr konspirativ verhalten, und sie haben das auch durchgezogen. Tristano wusste nicht, was sein Gangster trieb, und Mrs. Ambrose ebenfalls nicht. Sollten Ethan und Hank in einer Beziehung leben, glaube
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