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1193 - Das Templerkind

1193 - Das Templerkind

Titel: 1193 - Das Templerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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die Treppe zu. Dabei festigte sich in mir der Eindruck, dass sie es eilig hatte, so schnell wie möglich das Ziel zu erreichen, um mich loszuwerden. Und natürlich auch Clarissa.
    Durch Bloch wusste ich, dass sich das Mädchen in Gefahr befand. Es war jemand hinter ihr her, deshalb wurde es Zeit, dass es in Sicherheit gebracht wurde, und ich dachte über die Bedrohung nach, die Clarissa hier erleiden würde.
    War es eine, die von außen kam? Eine Bedrohung, die sich hier im Heim angereichert hatte? Auch durch diese Anne Ferrant oder durch andere Kinder und Jugendliche?
    Das war möglich, aber ich tendierte gedanklich zu einer subtileren Form, die der Abbé aufgrund seines Würfels erlebt hatte.
    Die Treppe schien kein Ende nehmen zu wollen. Sie bog sich nach links, um dann in einen breiten Gang zu enden, wobei ich wieder den Eindruck gewann, mich in einem kahlen Kloster verlaufen zu haben. Hier wies nichts auf irgendwelche Kinder hin. Keine Bilder an den Wänden. Der einzige Schmuck bestand aus Weihwasserbecken, die als Schalen am glatten Mauerwerk befestigt waren.
    Ein Kreuz aus Eisen sah ich auch. Es wirkte nicht wie eine Erlösung, sondern schon bedrohlich, als es auf uns herabschaute.
    Die Helligkeit konnte als spärlich bezeichnet werden. Auf dem Boden breiteten sich matte Schatten aus, und einen Schatten warf auch die vor mir gehende Frau.
    Das harte Aufschlagen ihrer Absätze ging mir auf die Nerven. Ich fragte mit halblauter Stimme: »Ist es hier immer so ruhig?«
    Anne Ferrant antwortete ohne sich umzudrehen. »Nein, nur zu dieser Zeit.«
    »Ferien?«
    »Unsinn. Mittagsruhe. Man muss auch die jungen Menschen an gewisse Regeln gewöhnen, sonst kann es passieren, dass sie im Leben schlecht dastehen.«
    »Da können Sie Recht haben.«
    »Glauben Sie mir, ich habe Recht.«
    Die Stimme hatte geklungen, als wäre Widerstand zwecklos. Sie blieb vor einer schmalen Tür stehen, die sich in nichts von den anderen unterschied.
    »Hier ist es.«
    »Danke, ich…«
    »Was immer Sie jetzt sagen wollen, Monsieur Sinclair. Lassen Sie es. Ich bleibe bei Ihnen.«
    »Da hatte ich auch nichts anderes erwartet.«
    Sie gab mir keine Antwort mehr, klopfte kurz an und stieß dann die Tür auf.
    »Bitte sehr, Monsieur Sinclair…«
    ***
    Ich trat ein.
    Nein, ich hatte kein Herzklopfen, aber eine gewisse Spannung konnte ich nicht verbergen. Ich hatte ja Zeit genug gehabt, mich auf diesen Augenblick vorzubereiten und warf trotzdem alles über Bord, was sich an Gedanken in mir angesammelt hatte, denn nichts stimmte mit meinen Vorstellungen überein.
    Es war kein Zimmer, es war eine Zelle. Ein schlichter Raum, kaum eingerichtet, mit einem Fenster, das auf mich wie ein grauer Spiegel wirkte.
    Madame hatte mir den Vortritt gelassen. Da es recht dämmrig war, mussten sich meine Augen erst an diesen Umstand gewöhnen. Erst beim zweiten Hinschauen fiel mein Blick auf das Bett.
    Es war leer.
    Ich war irritiert. Niemand lag im Bett. Niemand saß auf dem Stuhl vor dem Tisch. Es gab auch nichts Persönliches, was auf den Bewohner dieser Zelle hingewiesen hätte.
    Hinter mir stand die Leiterin des Heims. Ich hörte sie scharf atmen und drehte mich zu ihr um. Am Ausdruck ihrer Augen sah ich, dass sie ebenfalls überrascht war. Auf keinen Fall konnte ich mir vorstellen, dass diese Überraschung gespielt war.
    »Haben Sie nicht davon gesprochen, dass ich oder dass wir Clarissa hier finden werden?«
    »Ja, das habe ich gesagt.«
    »Wo ist sie?«
    Um den dünnen Mund herum zuckte es. »Pardon, aber das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    Ich ging in den Raum hinein und stemmte die Hände in die Hüften. Das Fenster war auch geschlossen, doch das hatte nichts zu sagen. »Eine Toilette gibt es hier nicht«, sprach ich mehr für mich, aber die Ferrant hatte mich gehört.
    »Sie befindet sich auf dem Flur. Waschräume haben wir unten, Monsieur Sinclair.«
    »Das gehört auch nicht zu einem modernen Erziehungsumfeld.«
    »Darauf können wir verzichten, was immer Sie damit gemeint haben. Die früheren Regeln treffen noch immer ZU.«
    »Okay, das ist Ihre Sache. Ich bin gekommen, um Clarissa Mignon abzuholen, aber ich sehe, dass sie nicht hier ist. Sie sind für das Kind verantwortlich. Es ist also Ihrer Obhut entwischt. Wo soll ich es suchen? Außerdem habe ich nicht ewig Zeit.«
    »Nun dramatisieren Sie mal nicht. Clarissa wird sich schon finden lassen.«
    »Kann es nicht sein, dass sie das Heim verlassen hat?«
    »Unmöglich. Heute haben die Kinder keinen

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