1199 - In den Klauen des Ghouls
Kopf. »Das ist komisch…«
»Was meinen Sie?«
Helma Kilrain schaute Glenda an. »Dass die Hose nicht schmutzig ist. Normalerweise ist das anders. Ich bekomme die Klamotten manchmal, wenn sie aussehen wie die Sau. Sagt man doch - oder?«
»Kann sein.«
»Und diesmal nicht. Sie ist äußerlich nicht schmutzig. Ich sehe das mit einem Blick. Da ist nichts dran, was man reinigen müsste. Nur eben der Geruch.«
»Und der reicht.«
Die Hose fiel der Frau aus den Händen. Der Stoff war dunkel. Er glänzte, als wäre er abgesessen.
Helma wirkte ratlos. »Das ist schon ungewöhnlich«, murmelte sie. »Da weiß ich gar nicht, was ich machen soll.«
»Reinigen.«
»Und dann verschwindet der Geruch - meinen Sie?«
Da konnte ihr Glenda auch keine konkrete Antwort geben. »Man kann es nur hoffen. Aber davon mal abgesehen, mich interessiert etwas anderes in diesem Fall.«
»Was denn?«
»Die Person, die Ihnen die Hose gebracht hat.«
»Das war Betty Brown.«
»Soweit okay. Nur hat sie die Hose ja nicht selbst getragen. Ich nehme an, dass sie ihrem Mann gehört.«
»Auf keinen Fall, Glenda.«
»Warum nicht?«
»Weil der Mann nicht mehr lebt.«
»Ach so…«
»Ja, sie ist Witwe.«
Glenda war etwas enttäuscht. Sie gab allerdings nicht auf und wollte wissen, wem die Hose dann gehören konnte.
»Ihrem Sohn Elmar. Mit dem lebt sie zusammen. Betty Brown und ihr Sohn Elmar leben gemeinsam in einer Wohnung.«
»Waren Sie schon mal dort?«
»Nein, aber mir ist aus Bettys Erzählungen bekannt, dass sie in einem Haus leben. Manche würden sagen, dass es ein Hinterhof ist. Das Haus grenzt praktisch an das Grundstück eines höheren Baus, in dem es auch eine Kneipe gibt.«
»Kennen Sie die Anschrift?«
»Klar.« Eine weitere Frage brauchte Glenda nicht zu stellen. Die Antwort erhielt sie auch so. So erfuhr Glenda, dass sie nicht weit zu gehen brauchte, praktisch nur bis zur nächsten Straßenecke.
Fünfzig Meter weiter gab es die Kneipe oder den Pub mit dem Namen Dorsey's Inn.
»Heißt der Besitzer Dorsey?«
»Ja, Frank Dorsey.«
»Den Sie kennen?«
Helma Kilrain lachte. »Nein, nur vom Sehen. Mein Mann trinkt dort hin und wieder ein Bier. Aber ich habe keine Lust. Das ist eine reine Männerbude. Um diese Zeit ist so gut wie nichts los. Am Abend tanzt da manchmal der Bär. Und wenn die Sperrstunde jetzt aufgehoben wird, dauert der Krach noch länger. Wir schlafen nach hinten raus. Wenn der Wind ungünstig steht, hören wir es.«
»Dann wird es für die Browns auch kein Vergnügen sein.«
Helma Kilrain winkte ab. »Die haben sich bestimmt daran gewöhnt.«
Es klingelte, und eine Kundin betrat den Laden. Bevor sich Helma ihr zuwandte, sprach sie ein paar letzte Worte mit Glenda. »Ich werde die Hose reinigen, und dann sehen wir weiter.«
Glenda nickte. »Wird wohl die beste Lösung sein.« Sie verabschiedete sich mit einem Winken und verließ den Laden.
Lächelnd hatte sie die Reinigung betreten, doch jetzt war ihr das Lächeln vergangen…
***
Glenda war einige Schritte nach rechts gegangen. Zumindest so weit, dass sie bei einem Blick durch das Schaufenster der Reinigung nicht mehr gesehen werden konnte. Dann blieb sie stehen und strich ihr Haar zurück, das der Wind durcheinander geweht hatte. Sie war sehr nachdenklich geworden.
Es gab den Geruch nach Moder. Dagegen konnte man nichts machen. Noch immer klebte er in ihrer Nase fest, und sie dachte weiterhin darüber nach.
Modergestank!
Das war nicht normal. Das deutete darauf hin, dass die Hose möglicherweise mit einer Leiche in Kontakt gekommen war. Glenda schauderte leicht zusammen, als ihr in den Sinn kam, dass die Hose von einem Toten getragen worden war, dessen Zustand schon den der Verwesung erreicht hatte.
Eigentlich eine völlig irreale Idee, doch Glenda dachte weiter. Sie gehörte zu den Menschen, die schon verdammt viel Absurdes erlebt hatten. Für sie gab es nichts, was es nicht gab. Menschliche Absurditäten, Abgründe der Seele, Dämonen, Vampire, das alles gehörte zu ihrem Alltag. Zumindest zum größten Teil in der Theorie. Aber sie war die Assistentin und Sekretärin eines Mannes namens John Sinclair und seines Freundes Suko. Da bekam sie schon mit, dass die Welt nicht nur aus Positivem bestand und praktisch eine zweite, andere Welt ebenfalls existierte.
Sie hatte viel gelernt und alles behalten. Der Leichengestank kam nicht von ungefähr, und in ihrem Kopf blitzten die Gedanken wie ein kleines Feuerwerk. An einem Begriff blieb sie
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