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12 - Die Nadel der Götter

12 - Die Nadel der Götter

Titel: 12 - Die Nadel der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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einen Schritt auf Hariri zu. In seinen Augen funkelte der Hass.
    Automatisch wich der Scheich ein Stück zurück. »Sie sind ja irre. Warum hätte ich das tun sollen?«
    »Um behaupten zu können, der Reaktor sei fehlerhaft. Um ihn einzusacken, ohne dafür zu bezahlen. Aber das lasse ich mir nicht bieten! Ich will mein Geld, und zwar auf der Stelle!«
    »Merken Sie nicht, was für einen Unsinn Sie reden? Wie sollte ich …?«
    Lescroart schleuderte Hariri das Messgerät entgegen. Der duckte sich weg, doch eine Kante traf ihn an der Stirn. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen.
    »Sie sind wahnsinnig!« Der Scheich warf sich herum und rannte aus dem Schlafzimmer.
    Aber Lescroart würde ihn nicht entkommen lassen. O nein! Niemand durfte so mit ihm umspringen, nicht einmal ein milliardenschwerer Scheich! Er schnappte sich einen Kristallaschenbecher vom Nachtkästchen und nahm die Verfolgung auf, quer durch das Wohnzimmer zum Eingang der Suite. Dort sah er gerade noch Hariris weißen Kaftan verschwinden.
    Raus zur Tür. In den Flur. Dort stand Hariri vor dem Aufzug. Als er Lescroart heranhetzen sah, drückte er hektisch den bereits erleuchteten Knopf.
    Glaubst du, der Fahrstuhl kommt dadurch schneller? Schwachkopf!
    Ein leises Ping ertönte und die Aufzugtüren glitten zur Seite. Der Scheich glitt hinein. Doch da war Lescroart schon heran. Er hechtete in die Fahrstuhlkabine und riss Hariri um. Hinter ihnen schloss sich die Aufzugstür und der Lift setzte sich in Bewegung.
    ***
    Von einem Augenblick auf den nächsten verstummte das Stimmengemurmel in der Lobby, als das Licht ausging.
    »Was ist jetzt pass …«, begann Maria Luisa. Doch noch bevor sie den Satz zu Ende gesprochen hatte, wurde es wieder hell. Ein erleichtertes Raunen ging durch die Eingangshalle.
    Tom war unschlüssig. Sollten sie den Aufzug nehmen und das Risiko eingehen, darin stecken zu bleiben, wenn der Strom noch einmal ausfiel? Oder doch lieber die Treppen? Allerdings wusste er nicht, wie weit nach oben der Armreif sie leiten würde. Und hundertfünfzig oder noch mehr Stockwerke zu Fuß zurückzulegen, war mörderisch.
    »Zum Aufzug«, entschied er.
    Sie folgten der goldenen Beschriftung an der Marmorwand zur Fahrstuhllobby. Als sich die Türen hinter ihnen schlossen, studierte Tom die Reihen von Etagenknöpfen.
    »Wir lassen uns so weit nach oben bringen, wie der Lift fährt«, schlug er vor. »Dann peilen wir neu, ob wir noch weiter hinauf oder wieder umkehren müssen. Einverstanden?«
    Niemand widersprach. Also drückte er den Knopf mit der Nummer 122. Daneben stand: At.Mosphere.
    Während der Fahrt hielt Tom den Armreif nach oben gerichtet, um zu sehen, ob der Pfeil sich auflöste. Das geschah nicht.
    Die Geschwindigkeit des Fahrstuhls war beeindruckend. Die Etagenziffern im Display rasten regelrecht dahin. Daneben verriet eine weitere Anzeige die aktuelle Höhe.
    Mit jedem Meter, den sie zurücklegten, wurde Tom unruhiger. Und als sie am siebzigsten Stockwerk vorbeirasten, schoben sich erneut Visionen von Feuer und Lava in sein Bewusstsein. Kein Zweifel, sie näherten sich der Energiequelle und die Weltuntergangsmaschine sprach darauf an.
    Was, wenn sie außer Kontrolle geriet, während sie noch im Lift standen? Welche Auswirkungen mochte es haben, wenn die Kugel überlastet wurde?
    Ping.
    Das Geräusch riss Tom aus seinen Gedanken. Hundertzweiundzwanzigste Etage. Vierhundertvierzig Meter Höhe. Also ungefähr die Hälfte des gesamten Turms.
    Mit wackligen Knien stieg der Archäologe aus. Maria Luisa und McDevonshire folgten ihm. Bildete er es sich nur ein, oder war die Temperatur gestiegen? Erste Schweißtropfen traten ihm auf die Stirn, perlten herab und blieben in den Augenbrauen hängen.
    Oder handelte es sich um Auswirkungen der Visionen? Es gelang ihm zwar, sie in den Hintergrund zu drängen, das machte sie aber nicht weniger beängstigend.
    »Alles klar?«, fragte Maria Luisa.
    »Geht schon.«
    Der Fahrstuhl hatte sie in ein Restaurant gebracht. Aus den kunstvoll gedeckten Tischen und der stilvollen Dekoration zu schließen, ein Feinschmeckerlokal. Allerdings war den meisten Gästen in Anbetracht des Sandsturms offenbar der Appetit vergangen, denn nur zwei Tische waren besetzt. An einem saß ein Araber mit Kaftan, Kopfbedeckung und – Tom glaubte es kaum – verspiegelter Sonnenbrille.
    Am anderen, nicht weit von ihnen entfernt unter einer Palme, hatte ein Mann mit kurzen Haaren und Brille Platz genommen. Mitte vierzig, schätzte Tom.

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