12 - Die Nadel der Götter
Unter dem rechten Ärmel seines schwarzen T-Shirts lugte eine Tribal-Tätowierung hervor.
Der Archäologe widmete sich wieder dem Armreif. Er zeigte immer noch nach oben. »Für den Rest sollten wir vielleicht lieber die Treppe nehmen«, meinte er und erklärte seine Befürchtungen.
Bevor seine Begleiter sich dazu äußern konnten, ertönte die zarte Glocke des Aufzugs nebenan. Die Türen öffneten sich – und zwei Kämpfende stürzten heraus. Ein Araber mit blutverschmiertem Gesicht und ebensolchem Kaftan und ein westlich gekleideter Mann mit hoher Stirn und wallendem Haupthaar.
Tom stockte der Atem, als er den zweiten Mann erkannte. Das war der Kerl, den er in CERN gerade noch daran hatte hindern können, in das Panzerfahrzeug zu springen! Er hatte gebrüllt, dass er bei der Kugel bleiben müsse.
Noch wusste Tom nicht, worin es bestand, aber er war sich sicher, soeben das Verbindungsglied zwischen dem Feuerkranz und der Nadel der Götter gefunden zu haben.
»Nehmen Sie Vernunft an, Lescroart«, stöhnte der Scheich.
Er lag auf dem Rücken, die Augen vom Blut aus einer Platzwunde an der Stirn verschmiert, und reckte die Arme in einer abwehrenden Geste in die Höhe. Sein Gefuchtel zeigte, dass er kaum etwas sah.
»Das Einzige, was ich annehme, ist Ihr Geld!«, brüllte Lescroart. Damit hob er einen gläsernen Aschenbecher, um ihn auf den Araber niedersausen zu lassen.
Tom sprang vor, umklammerte das Handgelenk des Angreifers und riss ihn zurück.
Vom Schwung getrieben stürzte Lescroart rücklings über einen gedeckten Tisch, zerrte das Tischtuch mit und landete in einem Regen aus Tellern, Besteck und zu Schwänen gefalteten Servietten.
Tom beugte sich über den verletzten Scheich. Maria Luisa tauchte neben ihm auf, mit einem Tuch in der Hand. Sie ging in die Knie und tupfte die Stirnwunde ab. »Nicht so schlimm, wie es aussieht«, behauptete sie.
»Vorsicht!«, rief plötzlich jemand auf Deutsch.
Scheppern und ein Schmerzensschrei erklangen.
Tom fuhr herum. Ein Blick genügte, um die Situation zu erfassen.
McDevonshire, der mit schmerzverzerrtem Gesicht an der Wand lehnte und einen Bratenspieß umklammerte, der aus seinem Oberschenkel ragte. Und Lescroart, der mit einem erhobenen zweiten Spieß auf ihn, Tom, zustürzte. Der Wahnsinn flackerte in seinen Augen.
Tom versuchte noch zu reagieren, die Arme hochzureißen, doch da war der Angreifer schon bei ihm und …
Von der Seite fegte ein Servierwagen heran, rammte den Tobenden und schleuderte ihn gegen die Aufzugtür. Der Mann mit dem schwarzen Shirt hatte ihn angeschoben.
Lescroart brüllte, rappelte sich auf und wollte sich auf seinen neuen Gegner stürzen. Doch bevor er sich versah, musste er eine Salve aus Rückhandschlägen und Tritten mit dem Schienbein gegen Oberschenkel und Rippen einstecken.
Endlich tauchte auch der Ober auf. In seiner Begleitung befanden sich drei grimmig aussehende Männer mit breitem Nacken und aufgepumpter Brust. Ihre Körper schrien mit jeder Faser: Sicherheitsdienst!
Sie trennten die Kämpfenden und drehten auch Tom den Arm auf den Rücken. Da erklangen einige Worte in Arabisch, woraufhin die Security sich nur noch auf Lescroart konzentrierte. Der versuchte immer wieder, sich loszureißen, und schrie: »Er hat die Kugel! Er hat die verdammte Kugel!«
Tom blickte an sich herab und bemerkte, dass die Abdeckung der Umhängetasche umgeschlagen war und den Blick auf die Weltuntergangsmaschine freigab. Hastig klappte Tom den Stoff zurück.
Der blutverschmierte Scheich stemmte sich hoch und gab ein paar Anweisungen. Nun kam auch sein Landsmann mit der Spiegelbrille angehetzt und stützte den Verletzten. Dieser wehrte die Geste jedoch ab, woraufhin sich der Helfer mit beleidigtem Gesichtsausdruck verzog.
»Danke!« Tom reckte dem Deutschen, der sich als Frank Reuter vorstellte, die Hand entgegen. »Das war Rettung in letzter Sekunde.«
Während der folgenden Minuten herrschte Chaos im At.Mosphere. Der Sicherheitsdienst führte Lescroart ab. Der Ober versuchte die gröbsten Schäden zu beseitigen und deckte den Tisch neu. Sanitäter tauchten auf und versorgten die Wunden von McDevonshire und dem Scheich.
»Nicht so tragisch«, beruhigte der Ex-Commissioner Tom. »Aber ich fürchte, du musst die Welt ohne mich retten.« Dann steckte er ihm unauffällig die SIG Sauer zu. »Falls noch ein paar Irre deinen Weg kreuzen.«
Tom wollte sich gerade mit Maria Luisa auf den weiteren Weg nach oben machen, da legte sich eine Hand
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