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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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zu durchqueren hatten. Sie kamen stetig, wenn auch langsam voran. Mit dem Flugzeug wäre es schneller und bequemer gegangen, aber mit ihren Maschinenpistolen hätten sie an den Flughafenkontrollen wohl Probleme bekommen, dachte er lächelnd. Und als Leiter der gesamten Mission musste er sich um mehr als nur ein Team Gedan-285

    ken machen. Er hatte für seine Gruppe das schwierigste und am weitesten entfernte Ziel ausgesucht – um den anderen ein Vorbild zu sein. Allerdings war es manchmal schon ein Scheißspiel, als Anführer zu fungieren, sagte sich Mustafa und bemühte sich um eine bequemere Sitzposition.
    Die nächste halbe Stunde verging schnell. Dann kam eine Brücke von beträchtlichen Ausmaßen und ein Schild, das den Fluss als Mississippi auswies. Es folgte eine Tafel, auf der stand: TENNESSEE, VOLUNTEER STATE. »Staat der Freiwilligen«? Zerstreut von der langen Fahrt, fragte sich Mustafa kurz, was das wohl bedeuten mochte, aber er dachte nicht weiter darüber nach. Was immer es ausdrücken sollte, er würde Tennessee durchqueren müssen, um nach Virginia zu gelangen. Das hieß: noch wenigstens 15 weitere strapaziöse Stunden. Er würde bis etwa hundert Kilometer östlich von Memphis fahren und das Steuer dann an Abdullah übergeben.
    Mustafa hatte gerade einen gewaltigen Strom überquert.
    In seinem Heimatland gab es keine Flüsse, die ganzjährig Wasser führten, sondern nur Wadis, die von den seltenen Regenfällen gefüllt wurden und bald darauf wieder aus-trockneten. Amerika war solch ein reiches Land! Das war vermutlich die Quelle seiner Arroganz, aber er und seine drei Kollegen hatten sich zum Ziel gesetzt, dieser Arroganz einen erheblichen Dämpfer zu verpassen. Und das würden sie, Insch’Allah, in weniger als zwei Tagen tun.
    Noch zwei Tage bis zum Paradies – dieser Gedanke tauchte immer wieder in seinem Bewusstsein auf.

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Kapitel
12 Ankunft
    Tennessee war für die beiden Männer auf dem Rücksitz schnell durchquert – sie verschliefen die 350 Kilometer von Memphis nach Nashville, während sich Mustafa und Abdullah am Steuer abwechselten. Eindreiviertel Kilometer pro Minute, rechnete Mustafa. Das bedeutete, noch… wie lange? Noch um die 20 Stunden. Er spielte mit dem Gedanken, das Tempo zu erhöhen, um die Strecke schneller zu-rückzulegen – doch nein, das wäre dumm gewesen. Unnö-
    tige Risiken einzugehen war immer dumm. Hatten sie das nicht von den Israelis gelernt? Der Feind war wie ein schla-fender Tiger – ihn unnötigerweise zu wecken, war mehr als dumm. Man weckte den Tiger erst, wenn man das Gewehr schon auf ihn gerichtet hatte, und dann auch nur, damit der Tiger Gelegenheit bekam zu erkennen, dass er überlistet war und nichts mehr unternehmen konnte. Er sollte nur gerade lange genug wach sein, um sich seiner eigenen Dummheit bewusst zu werden, lange genug, um das Fürchten zu lernen. Amerika würde das Fürchten lernen. Dieses arrogante Volk sollte zittern, trotz all seiner Waffen und all seiner Cleverness.
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    Er lächelte – nunmehr in die Dunkelheit hinein, denn die Sonne war mittlerweile wieder untergegangen. Während er mit stetigen 65 Meilen pro Stunde gen Osten fuhr, warfen die Scheinwerfer des Wagens helle Kegel in die Schwärze und beleuchteten die weißen Fahrbahnmarkierungen des Highway, die jeweils nur kurz in Mustafas Blickfeld auftauchten und sofort wieder daraus verschwanden.
    Die Zwillinge standen inzwischen allein um 6.00 Uhr auf und absolvierten ihr morgendliches Trainingspensum, das ein Dutzend Übungen umfasste. Sie hatten entschieden, dass sie Pete Alexanders Aufsicht dazu wirklich nicht brauchten. Der Lauf fiel beiden immer leichter, und auch die anderen Übungen waren zur Routine geworden. Um 7.15 Uhr waren sie fertig und auf dem Weg ins Haus, um zu frühstücken und die erste theoretische Lektion mit ihrem Ausbilder zu absolvieren. »Deine Schuhe sehen etwas mitgenommen aus, Bruderherz«, bemerkte Dominic.
    »Hm«, machte Brian zustimmend und warf einen weh-mütigen Blick auf seine altersschwachen Nike-Turnschuhe.
    »Sie haben mir etliche Jahre lang treu gedient, aber ich fürchte, jetzt sind sie reif für die ewigen Turnschuh-Jagdgründe.«
    »In der Mall ist ein Foot Locker.« Gemeint war der Fashion Square, eine Mall unten in Charlottesville.
    »Hmm, was hältst du von Philly Cheesesteak morgen zum Mittagessen?«
    »Meinetwegen«, stimmte Dominic zu. »Es geht doch nichts über so eine richtige Cholesterinbombe zum Mittagessen, am besten mit

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