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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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wahrscheinlich auflösen, um die Spuren zu verwischen.
    Aber dann war es zu spät.
    »Jack, wer hat bin Sali veranlasst, Geld auf dieses Konto zu überweisen?« Wir haben ein Angriffsziel, dachte Wills, ohne es auszusprechen. Vielleicht sogar mehr als eins.

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Kapitel 15
Rote Röcke und schwarze Kappen
    Sie ließen Jack die Computerarbeit machen und Uda bin Salis laufende E-Mail-Korrespondenz überprüfen. Das war eine ziemlich öde Beschäftigung, denn Jack hatte zwar die Fähigkeiten, aber noch nicht die Seele eines Buchhalters.
    Jedenfalls stellte er rasch fest, dass die Aufforderung, das Konto aufzustocken, von einem gewissen [email protected] gekommen war, der sich in Österreich über einen 800er-Anschluss eingeloggt hatte.
    Näheres über ihn war zwar zunächst nicht herauszukriegen, aber zumindest hatten sie jetzt ein interessantes neues
    ›Handle‹, eine Cyberidentität, der sie im Internet weiter nachspüren konnten. Es handelte sich um jemanden, der einem mutmaßlichen – einem nachweislichen – Terroristenbanker Anweisungen erteilte, und das machte [email protected] hochinteressant. Jetzt war es an Wills, die NSA dazu zu bringen, den Kerl zu beobachten –
    sofern diese ihn nicht ohnehin schon zum Überwachungs-objekt oberster Prioritätstufe erklärt hatte. In Computerkrei-sen herrschte allgemein die Überzeugung vor, Cyberidentitäten wie diese seien anonym, was grundsätzlich auch zu-387

    traf. Dennoch gab es Möglichkeiten, sie weiterzuverfolgen, wenn sie erst einmal an den richtigen Stellen Aufmerksamkeit erregt hatten. Das erforderte in der Regel zwar illegale Methoden, aber wenn sich im Internet die Grenze zwischen legal und illegal zugunsten jugendlicher Hacker verschieben ließ, galt dies erst recht für die Geheimdienste, deren Computer schwer aufzuspüren und noch schwerer zu hacken waren. Das gravierendste Problem war, dass bei Eurocom.net der Nachrichtenverkehr nicht langfristig gespeichert wurde. Sobald der Empfänger eine Nachricht abrief, verschwand sie vom Server und war im Prinzip unwiederbringlich verloren. Vielleicht bemerkte die NSA, dass dieser Kerl an Uda bin Sali geschrieben hatte, aber das taten viele Leute, um Geld zu verschieben, und nicht einmal die NSA verfügte über genügend Personal, um jede E-Mail lesen und auszuwerten zu können, die ihren computerisierten Weg kreuzte.
    Von den GPS-Navigationssystemen in ihren Autos gelotst, trafen die Zwillinge kurz vor 11 Uhr vormittags ein. Die identischen C-Klasse-Mercedes-Limousinen wurden auf den kleinen Besucherparkplatz hinter dem Gebäude dirigiert, wo Sam Granger die beiden empfing. Er schüttelte ihnen die Hand und begleitete sie hinein. Dort bekamen sie zuerst Ansteckausweise ausgehändigt, um sie an den Si-cherheitsbeamten vorbeizuschleusen, die Brian sofort als ehemalige Militär-NCOs einstufte.
    »Nicht übel hier«, bemerkte Brian, als sie auf den Lift zu-gingen.
    Bell lächelte. »Tja, wir in der Privatwirtschaft können uns bessere Innenarchitekten leisten.«
    »In der ›Privatwirtschaft‹?«, hakte Dominic sofort nach.
    Dezente Zurückhaltung war hier seiner Meinung nach fehl am Platz – schließlich ging es um die Organisation, für die er arbeitete und über die er dringend mehr erfahren wollte.
    »Sie werden noch heute umfassend gebrieft«, versicherte 388

    ihm Bell, während er sich insgeheim fragte, ob er seinen Gästen eben bereits zu viel verraten hatte.
    Die Musikuntermalung im Lift war nicht aufdringlicher als üblich, und der Eingangsbereich der obersten Etage –
    wo für gewöhnlich der Chef saß – roch stark nach Vanille, und zwar nach Breyers-Vanille, nicht nach irgendeiner Sorte aus dem Supermarkt.
    »Darüber sind Sie also heute gestolpert?«, fragte Hendley.
    Der Junge hat tatsächlich den Riecher seines Vaters, dachte er.
    »Es hat mich geradezu angesprungen«, antwortete Jack.
    Der Chef blickte fragend zu Wills, dessen analytische Fä-
    higkeiten ihm hinreichend bekannt waren. »Jack hat diesen bin Sali schon seit einigen Wochen im Visier. Bisher hielten wir ihn für einen kleinen Fisch, aber seit heute hat er hohe, wenn nicht höchste Priorität«, erklärte Tony Wills. »Er hat indirekt mit den gestrigen Vorfällen zu tun.«
    »Hat die NSA schon angebissen?«, erkundigte sich Hendley.
    Wills schüttelte den Kopf. »Nein, und ich rechne eigentlich auch nicht damit. Dafür ist die Sache zu unauffällig. Sie haben zwar ein Auge auf den Kerl – ebenso wie Langley –, aber sie

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