12 - Im Auge des Tigers
betrachten ihn eher als Barometer, nicht als Haupt-akteur.« Es sei denn, jemand bei der NSA oder der CIA hätte einen lichten Moment, fügte Wills im Stillen hinzu. Aber das kam in den verkrusteten Bürokratien dieser Behörden nicht allzu häufig vor. Unkonventionelle Denkweisen wurden dort nicht gerade gefördert.
Hendley überflog das zweiseitige Dokument. »Da scheint uns tatsächlich was ins Netz gegangen zu sein.« Dann summte sein Telefon, und er nahm den Hörer ab. »Okay, Helen, schicken Sie sie rein… Rick Bell bringt die zwei Jungs her, über die wir gesprochen haben«, erklärte er an Wills gewandt.
Die Tür ging auf, und Jack bekam große Augen.
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Brian erging es nicht anders. »Jack? Was machst du denn hier?«
Gleich darauf veränderte sich auch Dominics Miene. »Hi Jack! Wie geht’s?«
Hendleys Gesicht verriet, dass er alles andere als begeistert war. Er hatte diese Sache nicht bis zu Ende durchge-dacht – ein Versäumnis, das ihm nur selten unterlief.
Die drei Cousins schüttelten einander die Hände und schenkten Hendley gar keine Beachtung, bis Rick Bell die Situation in die Hand nahm.
»Brian, Dominic, das ist der Big Boss, Gerry Hendley.«
Man schüttelte sich im Beisein der zwei Analytiker die Hände.
»Tony, danke, dass Sie mich darüber informiert haben.
Gute Arbeit – das gilt für Sie beide«, sagte Hendley abschließend zu Jack jr. und Wills.
»Tja, dann werd ich mich wohl mal wieder an die Arbeit machen. Bis später, Jungs.« Damit verschwand Jack.
Brian und Dominic nahmen Platz. Die Überraschung über die unerwartete Begegnung war noch nicht ganz verflogen, aber sie versuchten, sich auf das anstehende Gespräch zu konzentrieren.
»Willkommen«, begann Hendley und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Er beruhigte sich damit, dass die drei es früher oder später sowieso erfahren hätten. »Pete Alexander hat mir erzählt, Sie hätten sich da draußen in unserem Landhaus sehr gut gemacht.«
»Wenn man mal von der Langeweile absieht«, antwortete Brian.
»So ist die Ausbildung nun mal«, bemerkte Bell.
»Und wie war das gestern?«, fragte Hendley.
»Das war kein Spaß«, erwiderte Brian. »Ähnlich wie der Hinterhalt in Afghanistan. Wumm, ging es los, und wir waren auf einmal mittendrin. Das einzig Gute daran war, dass sich die bösen Jungs nicht so wahnsinnig geschickt angestellt haben. Sie haben als Einzelpersonen agiert, nicht 390
als Team. Wenn sie ordentlich ausgebildet gewesen wären und als Team operiert hätten, mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen, wäre die Sache wohl anders ausgegangen. Aber so mussten wir einfach nur einen nach dem anderen ausschalten. Weiß man schon was darüber, wer sie waren?«
»Nach den bisherigen Erkenntnissen des FBI scheinen sie über Mexiko in die Staaten gekommen zu sein. Ihr Cousin hat einen ihrer Geldgeber für uns ermittelt, einen in London lebenden Saudi. Sämtliche Attentäter waren arabischer Herkunft. Fünf von ihnen konnten definitiv als saudische Staatsbürger identifiziert werden. Die Waffen wurden vor zehn Jahren gestohlen. Was die Autos angeht – alle vier Teams haben in Las Cruces, New Mexico, Wagen gemietet und sind von dort aus wahrscheinlich unabhängig voneinander zu ihren Zielorten gefahren. Ihre Routen wurden anhand der Tankstellen rekonstruiert, bei denen sie mit Kreditkarten bezahlt haben.«
»Rein ideologische Motive?«, fragte Dominic.
Hendley nickte. »Religiös – beziehungsweise das, was diese Leute darunter verstehen, ja. So sieht es jedenfalls bisher aus.«
»Sucht das FBI nach mir?«, wollte Dominic als Nächstes wissen.
»Sie werden im Laufe des Tages noch Gus Werner anrufen müssen, damit er seinen Papierkram erledigen kann, aber rechnen Sie nicht mit irgendwelchen Problemen. Man hat sich dort bereits eine Erklärung für alles zurechtgelegt.«
»Gut.«
Jetzt meldete sich Brian wieder zu Wort: »Für solche Fälle haben Sie uns doch ausgebildet, nicht wahr? Einige dieser Leute unschädlich zu machen, bevor sie hier noch mehr Schaden anrichten können?«
»Das trifft es ziemlich genau«, bestätigte Hendley.
»Okay«, sagte Brian. »Damit kann ich leben.«
»Sie werden Ihre Missionen gemeinsam durchführen, als 391
Geschäftsleute getarnt. Wir werden Sie noch über alles in-struieren, was Sie wissen müssen, um diese Tarnung aufrechterhalten zu können. Operieren werden Sie über ein Notebook, hauptsächlich von einem virtuellen Büro aus.«
»Wie steht es mit der
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