12 - Im Auge des Tigers
Stelle gewesen – tja, ich weiß nicht. Das war ein ziemlicher Konflikt, aber Ihr Vater hat die richtige Wahl getroffen, obwohl es reichlich Gründe gab, anders zu entscheiden.«
»Das hat Mr Clark auch gesagt. Ich habe ihn mal danach gefragt. Er erklärte: ›Die Cops waren ganz in der Nähe, also warum sollte er?‹ Aber so ganz habe ich ihm das nie abgenommen. Bei dem Burschen weiß man nie. Mike Brennan habe ich auch gefragt. Er sagte, er fände es beeindruckend für einen Zivilisten, in dieser Situation nicht die Beherrschung zu verlieren. Aber er hätte den Kerl auch nicht umgebracht. Liegt wahrscheinlich an der Ausbildung.«
»Bei Clark bin ich mir nicht sicher. Er ist kein Mörder. Er bringt Menschen nicht zum Spaß oder für Geld um. Vielleicht hätte er den Kerl am Leben gelassen. Aber ein ausgebildeter Polizist – nein, der tut so etwas nicht. Was denken Sie, wie Sie selbst gehandelt hätten?«
»Das weiß man nie, solange man nicht in die Situation 103
gekommen ist«, erwiderte Jack. »Ich habe ein- oder zweimal gründlich darüber nachgedacht. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass Dads Verhalten angemessen war.«
Hendley nickte. »Sie haben Recht. Auch in den übrigen Situationen war sein Verhalten angemessen. Die Sache auf dem Unterseeboot, wo er dem Typen eine Kugel in den Kopf gejagt hat – das musste er tun, um zu überleben, und in solchen Fällen gibt es nur eine Möglichkeit.«
»Also, was genau macht nun Hendley Associates?«
»Wir sammeln nachrichtendienstliche Informationen und ergreifen entsprechende Maßnahmen.«
»Aber Sie sind keine Regierungsbehörde«, hakte Jack nach.
»Technisch gesehen sind wir das nicht, nein. Wir tun Dinge, die getan werden müssen, wenn die Regierungsbehörden nicht in der Lage sind, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.«
»Wie häufig ist das der Fall?«
»Nicht sehr häufig«, entgegnete Hendley in abweisendem Ton. »Aber das könnte sich ändern – vielleicht. Schwer zu sagen momentan.«
»Wie viele Male…«
»Das brauchen Sie nicht zu wissen«, unterbrach Hendley ihn mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Okay. Was weiß Dad über diese Sache?«
»Er ist derjenige, der mich überredet hat, sie aufzuzie-hen.«
»Oh…« Und im selben Moment war alles klar. Hendley hatte seine politische Karriere an den Nagel gehängt, um seinem Land auf eine Weise zu dienen, die niemals aner-kannt oder honoriert werden würde. Verdammt! Hätte sein eigener Vater dazu das Rückgrat gehabt? »Und wenn Sie mal in Schwierigkeiten geraten…?«
»In einem Safe meines persönlichen Anwalts liegen hundert vom Präsidenten ausgestellte Begnadigungen, die jegliche denkbaren illegalen Handlungen in dem Zeitraum 104
abdecken, den meine Sekretärin dann gegebenenfalls in die Leerstellen eintragen wird. Ihr Vater hat sie eine Woche vor seinem Ausscheiden aus dem Amt unterzeichnet.«
»Ist das legal?«
»Legal genug«, erwiderte Hendley. »Der Attorney General Ihres Vaters, Pat Martin, sagte, es würde durchgehen, auch wenn es natürlich purer Sprengstoff wäre, falls es jemals an die Öffentlichkeit gelangen sollte.«
»Sprengstoff – meine Fresse, das wäre geradezu ein A-tomsprengkopf auf dem Capitol Hill!«, dachte Jack laut.
Und selbst das grenzte noch an Understatement.
»Darum gehen wir hier auch sehr behutsam vor. Ich kann meine Leute nicht dazu anhalten, Dinge zu tun, für die sie im Gefängnis landen könnten.«
»Bloß welche, für die sie womöglich bis in alle Ewigkeit ihre Kreditwürdigkeit einbüßen.«
»Wie ich sehe, haben Sie den Humor Ihres Vaters geerbt.«
»Nun ja, ich habe etwas mehr von ihm als nur die blauen Augen und die schwarzen Haare.«
Den Grips offenbar auch, wie seine akademischen Leistungen bewiesen. Außerdem hatte der Junge, wie Hendley bemerkte, ebenso wie sein Vater den Drang, Dingen auf den Grund zu gehen, und außerdem einen Blick für das Wesent-liche. Ob er auch den Mumm seines Vaters besaß? Hoffentlich würde er das nie beweisen müssen. Doch auch Hendleys beste Leute konnten die Zukunft nicht voraussagen, außer im Hinblick auf Kursschwankungen – und selbst dabei schummelten sie. Das war das einzige illegale Geschäft, für das er rechtlich belangt werden könnte. Aber dazu würde es niemals kommen – oder etwa doch?
»Okay, es ist an der Zeit, dass Sie Rick Bell kennen lernen.
Er und Jerry Rounds sind hier für die Analysen zuständig.«
»Bin ich ihnen schon einmal begegnet?«
»Nein. Auch Ihr Vater nicht. Das
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