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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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eine, die in ein paar Jahren in den Druck geht, und eine zweite, die noch mehrere Generationen lang nicht veröffentlicht wird.
    98

    Sie soll erst nach seinem Tod herausgebracht werden. So hat Ihr Vater es verfügt.«
    Es traf Jack wie ein Schlag, dass sein Vater Vorkehrungen für die Zeit nach seinem Ableben traf. Sein Vater – tot? Das war schwer zu begreifen, allenfalls aus der Distanz, auf einer intellektuellen Ebene. »Okay«, brachte er heraus.
    »Weiß Mom von diesen Dingen?«
    »Wahrscheinlich – nein, beinahe mit Sicherheit – nicht.
    Manches davon ahnt man möglicherweise selbst in Langley nicht. Die Regierung ergreift mitunter Maßnahmen, über die nichts schriftlich festgehalten wird. Ihr Vater hatte ein Talent dafür, mitten in solche Sachen hineinzustolpern.«
    »Und was ist mit Ihnen?«, fragte der Junior.
    Hendley lehnte sich zurück und schlug einen philosophi-schen Ton an. »Das Problem ist: Ganz gleich was man tut, es gibt immer jemanden, dem es nicht passt. Das fängt schon an, wenn man einen Witz erzählt – egal, wie komisch er ist, irgendwer fühlt sich immer auf den Schlips getreten.
    Aber wenn sich auf höherer Ebene jemand auf den Schlips getreten fühlt, dann klärt er das nicht mit dem Betreffenden persönlich, sondern weint sich bei der Presse aus, und die ganze Sache wird in der Öffentlichkeit breitgetreten, meist mit dem ganz großen erhobenen Zeigefinger. In der Regel handelt es sich dabei um einen unfeinen Auswuchs des Karrieredenkens – jemand versucht hochzukommen, indem er demjenigen, der über ihm steht, ein Messer in den Rü-
    cken rammt. Aber es geschieht auch, weil hochrangige Leute ihre Politik gern an ihren absolut persönlichen Vorstellungen von richtig und falsch ausrichten. Das nennt man Ego. Das Problem ist, dass jeder andere Vorstellungen von richtig und falsch hat. Manchmal sogar total verrückte.
    Nehmen Sie zum Beispiel einmal unseren derzeitigen Präsidenten. Ed hat mal unter vier Augen zu mir gesagt, Kealty sei ein so vehementer Gegner der Todesstrafe, dass er es nicht einmal hätte ertragen können, wenn Adolf Hitler exekutiert worden wäre. Das war nach einigen Drinks – Ed 99

    neigt zur Redseligkeit, wenn er getrunken hat, und man muss bedauerlicherweise sagen, dass er gelegentlich ein bisschen zu viel trinkt. Als er das von sich gab, habe ich mich darüber lustig gemacht. Ich riet ihm, so etwas bloß niemals in einer Rede zu erwähnen – die jüdische Wähler-schaft ist groß und einflussreich und würde solch eine Aussage womöglich nicht als Zeichen einer tiefen Überzeugung, sondern vielmehr als kapitale Beleidigung auffassen.
    In der Theorie sind viele Leute gegen die Todesstrafe. Okay, das kann ich respektieren, auch wenn ich selbst anderer Ansicht bin. Aber der Haken an der Sache ist, dass man dann nicht mit aller Entschiedenheit gegen Personen vorgehen kann, die anderen Schaden zufügen – mitunter gravierenden Schaden –, ohne gegen die eigenen Prinzipien zu verstoßen. Und das wiederum lässt das Gewissen oder die politische Empfindlichkeit mancher Menschen nicht zu.
    Auch wenn es eine traurige Tatsache ist, dass man auf dem Weg der gesetzlichen Strafverfolgung nicht immer zum Ziel kommt – was insbesondere außerhalb unserer Grenzen gilt, in seltenen Fällen aber auch innerhalb.
    Und was heißt das nun für Amerika? Die CIA tötet keine Menschen – niemals. Wenigstens seit den 50erJahren nicht mehr. Eisenhower hat die CIA ungemein geschickt ausma-növriert. Er hat auf so brillante Weise Macht ausgeübt, dass niemand überhaupt merkte, was da vor sich ging. Stattdessen hielt man ihn für einen Trottel, nur weil er nicht die üblichen Kriegstänze vor laufenden Kameras aufgeführt hat. Vor allem muss man aber sagen, dass die Welt damals eine andere war. Der Zweite Weltkrieg gehörte gerade erst der Vergangenheit an, und das Töten zahlreicher Menschen
    – selbst unschuldiger Zivilisten – war eine vertraute Vorstellung, vor allem durch die
    Luftangriffe«, erläuterte Hendley. »Derartige Verluste ge-hörten zum Geschäft.«
    »Und Castro?«
    »Das haben Präsident John Kennedy und sein Bruder Ro-100

    bert auf dem Gewissen. Sie hatten sich darauf versteift, Castro aus dem Weg zu schaffen. Die meisten nehmen an, dass es darum ging, das Schweinebucht-Fiasko wettzuma-chen. Ich persönlich denke eher, dass da jemand zu viele James-Bond-Romane gelesen hatte. Damals haftete dem Töten noch ein Hauch von Glamour an. Heute nennen wir die Leute,

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