12 - Im Auge des Tigers
viel mehr ankam, war, dass Amerikas Interesse an Kolumbien nachlassen würde, wenn sich die Nachrichtendienste stattdessen auf andere Gegenden konzentrierten. Darin lag der strategische Vorteil, der aus diesem Unternehmen entstand…
… und schließlich blieb ihm noch immer die Option, der CIA Informationen zuzuspielen. Er würde behaupten können, die Terroristen hätten quasi überraschend bei ihm auf der Matte gestanden, und das, was sie im Schilde führten, sprenge selbst die Maßstäbe des Kartells. Auf diese Weise zog er sich zwar nicht unbedingt die Freundschaft Amerikas zu, handelte sich andererseits aber auch keinen Ärger ein. Er würde zu verstehen geben, dass man sich um diejenigen seiner Leute, die die Terroristen unterstützt hatten, sozusagen intern kümmerte. Die Amerikaner würden das sogar respektieren. Die Vorteile lagen also auf der Hand, und die Risiken hielten sich im überschaubaren Rahmen.
Alles in allem, entschied er, versprach das Ganze ein ge-winnträchtiges Unternehmen zu werden.
»Senor Miguel, ich werde meinen Kollegen diese Allianz unterbreiten und meine Empfehlung dafür aussprechen. Sie können noch in dieser Woche mit einer endgültigen Entscheidung rechnen. Werden Sie so lange in Cartagena bleiben, oder planen Sie früher abzureisen?«
»Ich ziehe es vor, mich nicht zu lange am selben Ort auf-125
zuhalten. Ich fliege morgen ab. Pablo kann mir Ihre Entscheidung via Internet mitteilen. Für heute bedanke ich mich für das erfreuliche Geschäftsgespräch.«
Ernesto stand auf und reichte seinem Besucher die Hand.
In diesem Moment entschied er, Miguel als Geschäftsmann in einer verwandten, aber nicht konkurrierenden Branche zu betrachten. Sicher nicht als Freund, aber als Partner in einem Zweckbündnis.
»Wie zum Teufel haben Sie das geschafft?«, fragte Jack.
»Schon mal von einem Unternehmen namens INFOSEC
gehört?«, fragte Rick Bell zurück.
»Irgendwas mit Verschlüsselung, richtig?« »Korrekt. Information Systems Security Company. Das Unternehmen hat seinen Sitz in der Nähe von Seattle. Deren Sicherheits-software für Datenübertragung ist die beste überhaupt. Der Chef dort ist ein ehemaliger stellvertretender Leiter der Abteilung Z in Fort Meade. Er hat das Unternehmen vor etwa neun Jahren zusammen mit drei Kollegen gegründet.
Ich weiß nicht mal, ob die NSA diese Verschlüsselung knacken könnte – allenfalls in einer Brute-Force-Attacke mit ihren neuen Sun-Workstations. Das System wird weltweit von den meisten Banken benutzt, vor allem von denen in Liechtenstein und im übrigen Europa. Aber es gibt eine Sicherheitslücke.«
»Und die hat noch niemand bemerkt?« Die Käufer von Computerprogrammen hatten mit den Jahren dazugelernt und ließen den Quellcode derartiger Programme Zeile für Zeile von unabhängigen Experten überprüfen – eine Sicherheitsmaßnahme gegen verspielte Software-Ingenieure, von denen es bei weitem zu viele gab.
»Die Jungs von der NSA haben im Programmieren wirklich was drauf«, erwiderte Bell. »Ich weiß nicht genau, wie das da läuft, aber diese Burschen haben alle noch ihre Krawatte von der NSA-Akademie im Schrank hängen – wenn Sie verstehen, was ich meine.«
126
»Und Fort Meade hört mit, und was die aufschnappen, landet bei uns, wenn sie es nach Langley rüberschicken«, ergänzte Jack. »Hat die CIA eigentlich Leute, die gut darin sind, Geldtransfers zu verfolgen?«
»Ja. Aber nicht so gut wie unsere Leute.«
»Um einen Dieb zur Strecke zu bringen, braucht es einen Dieb, wie?«
»Es ist hilfreich, die Denkweise des Gegners zu kennen«, bestätigte Bell. »Wir haben es hier nicht mit einer großen Gemeinschaft zu tun. Was sag ich – die meisten dieser Leute kennen wir sogar. Schließlich arbeiten wir in derselben Branche, nicht wahr?«
»Und ich wäre dann sozusagen ein neuer Mitarbeiter?«, fragte Jack. Nach amerikanischem Gesetz war er kein Prinz, auch wenn man in Europa noch immer in solchen Kategorien dachte. Dort hätte man sich verneigt und Kratzfüße gemacht, nur um ihm die Hand schütteln zu dürfen. Er hätte als viel versprechender junger Mann gegolten, ganz gleich, wie dämlich er sich anstellte, und jeder wäre darauf aus gewesen, sich bei ihm einzuschmeicheln – hauptsächlich im Hinblick darauf, dass er an der richtigen Stelle ein gutes Wort einlegen könnte. Man hätte das Ganze auch Korruption nennen können – wenigstens schuf es den idealen Nährboden dafür.
»Was haben Sie im Weißen Haus
Weitere Kostenlose Bücher