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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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alle Mal besiegt würde. An scheinbar Unmögliches zu glauben, gehörte also zum Credo der Ryans. Er, Jack, war sich über das Wie zwar noch nicht im Klaren, aber schließlich gab es auf der Welt noch unendlich viel zu lernen. Und er war clever, gut ausgebildet und musste sich dank seiner Treuhandfonds keine Sorgen machen, zu ver-hungern, falls er es sich mit den falschen Leuten verdarb.
    Das war die wichtigste Freiheit, die sein Vater ihm mit auf den Weg gegeben hatte, und John Patrick Ryan jr. war klug genug, ihre Bedeutung zu erkennen – wenn auch nicht das volle Ausmaß der Verantwortung, die mit solcher Freiheit einherging.
    Statt sich selbst etwas zu kochen, beschlossen sie, zum Dinner in ein Steakhaus am Ort zu gehen. Das Restaurant war voller College-Kids von der University of Virginia. Man erkannte sie gleich: Sie sahen intelligent aus, schienen sich selbst allerdings für noch intelligenter zu halten und waren eine Spur zu sehr von sich überzeugt. Darin bestand einer der Vorteile des Kindseins – so sehr sie sich auch dagegen verwahrt hätten, als Kinder bezeichnet zu werden. Das hier waren Kids, für deren Bedürfnisse noch immer die lieben-den Eltern sorgten, wenn auch aus angenehmer Entfernung.
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    Die zwei Caruso-Brüder amüsierte es, zu sehen, was sie selbst noch vor wenigen Jahren gewesen waren, ehe hartes Training und Erfahrungen in der realen Welt etwas anderes aus ihnen gemacht hatten – was genau, wussten sie selbst noch nicht recht. Was zu Studienzeiten noch so einfach erschien, wurde, wenn man den akademischen Elfenbein-turm verließ, auf einmal unendlich komplex. Die Welt war nun einmal nicht digital – sie war eine analoge Wirklichkeit mit sehr viel Rauschen und kaum klaren Abgrenzungen, mit vielen losen Enden, die sich nie zu hübschen Schleifen binden ließen, und so konnte man bei jedem unbedachten Schritt ins Straucheln geraten und stürzen. Bedachtsamkeit kam jedoch erst mit der Erfahrung, nämlich nachdem man ein paar Mal auf der Nase gelegen hatte. Je schmerzhafter der Fall, desto nachhaltiger wirkte die Lektion. Die Brüder hatten ihre Lektionen schon früh lernen müssen. Nicht so früh wie andere Generationen, aber noch immer früh genug, um ihnen bewusst zu machen, welche Konsequenzen Fehler in einer Welt nach sich zogen, in der Vergebung nicht existierte.
    »Ganz nett hier«, kommentierte Brian, nachdem er sein Filet Mignon zur Hälfte verspeist hatte.
    »An einem anständigen Stück Rindfleisch kann selbst der dämlichste Koch nicht viel verderben.« Offenbar hatte dieses Lokal einen Koch, nicht etwa einen Küchenchef, aber die Steak Fries waren nicht schlecht für fast rohe Kohlenhydra-te, und der Brokkoli stammte, wie Dominic bemerkte, frisch aus der Tiefkühltruhe.
    »Ich sollte wirklich besser essen«, bemerkte der Major von den Marines.
    »Man muss genießen, solange man es noch kann. Wenn man erst mal die dreißig erreicht hat…«
    Das brachte beide zum Lachen. »Früher kam einem das immer wie eine ungeheuer hohe Zahl vor, nicht wahr?«
    »Aber echt – da fing für uns schon das Alter an! Sag mal, bist du für einen Major nicht eigentlich ziemlich jung?«
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    Aldo zuckte die Achseln. »Denke schon. Mein Boss mochte mich, und ich hatte ein paar wirklich gute Leute in meiner Truppe. Den Feldrationen konnte ich allerdings nie was abgewinnen. Man kann sich davon auf den Beinen halten, aber viel mehr Gutes lässt sich wirklich nicht drüber sagen.
    Mein Gunny war ganz wild auf das Zeug – sagte, es war besser als das, was er vom Corps gewöhnt war.«
    »Beim FBI kommt die Verpflegung hauptsächlich von Dunkin’ Donuts und – na ja, den Automatenkaffee kann man wohl als besten in ganz Amerika bezeichnen. Da ist es schwer, nicht aus dem Leim zu gehen.«
    »Für einen Schreibtischkämpfer bist du doch gar nicht so schlecht in Form, Enzo«, stellte Brian gönnerhaft fest. Sein Bruder sah nach dem morgendlichen Trainingslauf gelegentlich aus, als würde er jeden Moment zusammenbre-chen. Auf einen Marine dagegen wirkte so ein Fünf-Kilometer-Lauf etwa wie der erste Frühstückskaffee – er reichte so gerade zum Wachwerden. »Ich wünschte immer noch, ich wüsste, wofür genau wir trainieren«, sagte Aldo nach einem weiteren Bissen.
    »Dafür, Leute umzubringen – mehr brauchen wir nicht zu wissen, Bruderherz. Unbemerkt anschleichen und anschlie-
    ßend zusehen, dass man Land gewinnt, ohne aufzufallen.«
    »Mit der Pistole?«, wandte Brian zweifelnd ein. »Ziemlich

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