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12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

Titel: 12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zubringen.“
    Den Mund nicht zubringen? Sollte der Zahn bereits gehoben sein? Ich beschloß, dies zu benutzen.
    „Darf ich den kranken Zahl einmal sehen, o Pascha?“
    „Bist du ein Hekim?“
    „Bei Gelegenheit.“
    „So komm her! Unten rechts!“
    Er öffnete den Mund, und ich guckte hinein.
    „Erlaubst du mir, den Zahn zu befühlen?“
    „Wenn es nicht weh tut!“
    Ich hätte dem gestrengen Pascha beinahe in das Gesicht gelacht. Es war der Eckzahn, und er hing so lose zwischen dem angeschwollenen Zahnfleisch, daß ich nur der Finger bedurfte, um die unterbrochene Operation zu vollenden.
    „Wie viele Streiche soll der Hekim erhalten?“
    „Sechzig.“
    „Willst du ihm die noch fehlenden erlassen, wenn ich dir den Zahn herausnehme, ohne daß es dich schmerzt?“
    „Du kannst es nicht!“
    „Ich kann es!“
    „Gut! Aber wenn es mich schmerzt, so bekommst du die Hiebe, die ihm erlassen werden.“
    Er klatschte in die Hände, und ein Offizier trat herein.
    „Laßt den Hekim los! Dieser Fremdling hat für ihn gebeten.“
    Der Mann trat mit einem sehr erstaunten Gesicht zurück.
    Nun streckte ich dem Pascha zwei Finger in den Mund, drückte erst – des Hokuspokus wegen – ein wenig an dem Nachbarzahn herum, faßte dann den kranken Eckzahn und nahm ihn weg. Der Patient zuckte mit den Wimpern, schien aber gar nicht zu ahnen, daß ich den Zahn bereits hatte. Er faßte meine Hand schnell und schob sie von sich weg.
    „Wenn du ein Hekim bist, so probiere nicht erst lange! Hier liegt das Ding!“
    Er deutete auf den Fußboden. Ich hielt den Zahn unbemerkt zwischen den Fingern und bückte mich. Der Gegenstand, den ich da liegen sah, war ein alter, ganz unmöglich gewordener Geisfuß, und daneben lag eine Zahnzange – aber was für eine! Man hätte mit derselben jede Sorte von Plättstählen aus dem Feuer nehmen können. Ein klein wenig Spiegelfechterei konnte nicht schaden. Ich fuhr dem Pascha mit dem Geisfuß in den nicht allzu kleinen Mund.
    „Paß auf, ob es weh tut! Bir – iki – itsch – eins, zwei, drei! Hier ist der Ungehorsame, welcher dir solche Schmerzen bereitet hat!“ Ich gab ihm den Zahn.
    Er sah mich ganz erstaunt an.
    „Maschallah! Ich habe gar nichts gefühlt!“
    „So können es die Ärzte der Nemsi, o Pascha!“
    Er fühlte sich in den Mund; er besah den Zahn, und nun erst war er überzeugt, daß er von demselben befreit worden sei.
    „Du bist ein großer Hekim! Wie soll ich dich nennen?“
    „Die Beni Arab nennen mich Kara Ben Nemsi.“
    „Nimmst du jeden Zahn so gut heraus?“
    „Hm! Unter Umständen!“
    Er klatschte abermals in die Hände, und der vorige Offizier erschien.
    „Frage überall im Hause nach, ob jemand Zahnschmerzen hat!“
    Der Adjutant verschwand, und mir war es ganz so, als ob ich jetzt selbst Zahnschmerzen bekommen hätte, trotzdem die Miene des Pascha sehr gnädig geworden war.
    „Warum folgtest du meinem Boten nicht sofort?“ fragte er.
    „Weil sie mich beschimpften.“
    „Erzähle!“
    Ich berichtete ihm das Vorkommnis. Er hörte aufmerksam zu und erhob dann drohend seine Hand.
    „Du tatest unrecht. Ich hatte es befohlen, und du mußtest sofort kommen. Danke Allah, daß er dir offenbarte, die Zähne ohne Schmerzen herauszunehmen!“
    „Was hättest du mit mir getan?“
    „Du wärst bestraft worden. Wie, das weiß ich jetzt nicht.“
    „Bestraft? Das hättest du nicht getan!“
    „Maschallah! Warum nicht? Wer sollte mich hindern?“
    „Der Großherr selbst.“
    „Der Großherr?“ fragte er verblüfft.
    „Kein anderer. Ich habe nichts verbrochen und darf wohl verlangen, daß deine Aghas höflich gegen mich sind. Oder meinst du, daß es nicht notwendig sei, dieses Tirscheh (Pergament) zu berücksichtigen? Hier nimm und lies!“
    Er öffnete das Pergament und legte, als er einen Blick darauf geworfen hatte, es sich ehrfurchtsvoll an Stirn, Mund und Herz.
    „Ein Bu-Djeruldu des Großherrn – Allah segne ihn!“
    Er las es, legte es zusammen und gab es mir dann zurück.
    „Du stehst im Giölgeda padischahnün! Wie kommst du dazu?“
    „Du bist Gouverneur von Mossul! Wie kommst du dazu, o Pascha?“
    „Wirklich, du bist sehr kühn! Ich bin Gouverneur des hiesigen Bezirks, weil die Sonne des Padischah mich erleuchtete.“
    „Und ich stehe im Giölgeda padischahnün, weil die Gnade des Großherrn über mich erglänzte. Der Padischah hat mir die Erlaubnis gegeben, alle seine Länder zu besuchen, und dann werde ich große Bücher und Zeitungen

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