12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem
gern.“
„Hast du Wein bei dir?“
„Nein.“
„Ich dachte, du hättest solchen, dann – dann – – – hätte ich dich vor deiner Abreise einmal besucht.“
Um dies hören zu dürfen, mußte ich bereits sein Vertrauen einigermaßen gewonnen haben. Ich konnte mir dies zunutze machen und sagte also:
„Besuche mich! Ich kann mir wohl Wein verschaffen.“
„Auch solchen, welcher spritzt?“
Er meinte jedenfalls Champagner.
„Hast du bereits einmal solchen getrunken, o Pascha?“
„O nein! Weißt du nicht, daß der Prophet verboten hat, Wein zu trinken? Ich bin ein treuer Anhänger des Koran!“
„Ich weiß es. Aber man kann solchen Spritzwein künstlich machen, und dann ist es kein eigentlicher Wein!“
„Du kannst spritzenden Wein machen?“
„Ja.“
„Aber dies dauert lange Zeit – vielleicht einige Wochen oder gar einige Monate?“
„Es dauert nur einige Stunden.“
„Willst du mir einen solchen Trank machen?“
„Ich wollte gern, aber ich habe nicht die Dinge, welche dazu nötig sind.“
„Was brauchst du?“
„Flaschen.“
„Die habe ich.“
„Zucker und Rosinen.“
„Bekommst du von mir.“
„Essig und Wasser.“
„Hat mein Mudbachdschi (Koch).“
„Und dann einiges, was man nur in der Apotheke bekommt.“
„Gehört es zu den Ilatschlar (Arzneien)?“
„Ja.“
„Mein Hekim hat eine Apotheke. Brauchst du noch etwas?“
„Nein. Aber du müßtest mir erlauben, den Wein in deiner Küche zu bereiten.“
„Darf ich zusehen, damit ich es lerne?“
„Das ist fast unmöglich, o Pascha. Wein zu bereiten, den ein Moslem trinken darf, Wein, welcher spritzt und die Seele erheitert, das ist ein sehr großes Geheimnis!“
„Ich gebe dir, was du verlangst!“
„Ein so wichtiges Geheimnis verkauft man nicht. Nur ein Freund darf es erfahren.“
„Bin ich nicht dein Freund, Kara Ben Nemsi? Ich liebe dich und werde gern alles gewähren, um was du mich bittest.“
„Ich weiß es, o Pascha, und darum sollst du mein Geheimnis erfahren. Wie viele Flaschen soll ich dir füllen?“
„Zwanzig. Oder ist das zuviel?“
„Nein. Laß uns in die Küche gehen!“
Der Pascha von Mossul war ganz sicher ein heimlicher Untertan des Königs Bacchus. Es wurden andere Pfeifen angezündet, und dann begaben wir uns in die Küche.
Die Herren des Vorzimmers machten sehr große Augen, als sie mich mit der ‚Friedenspfeife‘ so kameradschaftlich an seiner Seite erblickten; er aber beachtete sie nicht. Die Küche lag zu ebener Erde und war ein hoher, dunkler Raum mit einem ungeheuren Herd, auf welchem über dem Feuer ein großer Kessel voll siedenden Wassers hing, das zur Bereitung des Kaffees bestimmt war. Unser Eintritt erregte weniger Überraschung als vielmehr Entsetzen. Es saßen fünf oder sechs Kerle rauchend am Boden und hatten den dampfenden Mokka vor sich stehen. Der Pascha war wohl niemals in seiner Küche gewesen, und bei seinem Erscheinen wurden die Leute völlig starr vor Schreck. Sie blieben sitzen und stierten ihn mit weit geöffneten Augen an.
Er trat mitten in den Kreis hinein, sprengte denselben mit Fußtritten und rief:
„Auf, ihr Faulenzer, ihr Sklaven! Kennt ihr mich nicht, daß ihr sitzen bleibt, als ob ich einer euresgleichen sei?“
Sie sprangen auf und warfen sich dann wieder nieder, ihm zu Füßen.
„Habt ihr heißes Wasser?“
„Dort kocht es, Herr“, antwortete einer, welcher der Koch zu sein schien; denn er war der dickste und schmutzigste von allen.
„Hole Rosinen, du Lümmel!“
„Wie viele?“
„Wie viele brauchst du?“ fragte er mich.
Ich prüfte die Menge des Wassers und wies dann auf ein leeres Gefäß.
„Diesen Krug drei mal voll.“
„Und Zucker?“
„Noch einmal so viel.“
„Und Essig?“
„Vielleicht den zehnten Teil.“
„Habt ihr's gehört, ihr Scheusale? Packt euch!“
Sie eilten hinaus und brachten bald die Ingredienzien. Ich ließ die Rosinen waschen und tat dann alles in das kochende Wasser. Ein abendländischer Champagnerfabrikant hätte meine Brauerei belacht, ich aber hatte keine Zeit und mußte die Sache so kurz wie möglich machen, um das chemische Gedächtnis des edlen Pascha nicht mit allzu vielen Prozeduren zu beschweren.
„Nun in die Apotheke!“ bat ich ihn.
„Komm!“
Er schritt voran und führte mich in ein Gemach, welches auch zu ebener Erde war. In dem selben lag der arme Hekim mit verbundenen Füßen am Boden. Auch ihm gab der Pascha einen Fußtritt.
„Steh auf, Widerwärtiger,
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