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12 Stunden Angst

12 Stunden Angst

Titel: 12 Stunden Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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geschwängert worden war. Vor ihren Augen stand in klar umrissenen blauen Buchstaben auf grauem Hintergrund:
    SCHWANGER
    Laurel starrte auf die Anzeige und hoffte, flehte, betete stumm, dass vor dem anderen Wort ein NICHTerschien. Es war ein kindischer Wunsch, denn sie hatte die Wahrheit auch ohne den Test längst geahnt: ihre empfindlichen Brüste zum Beispiel, und das Gefühl von Seekrankheit, das sie von ihrem zweiten Kind her kannte. Und doch wartete sie und hoffte, während ihr der Slogan der Herstellerfirma durch den Kopf ging: Gehen Sie auf Nummer sicher mit dem Error Proof Test! Laurel hatte diesen Slogan im Lauf der vergangenen Woche bestimmt zwanzig Mal gehört, wenn er während geistloser Sitcoms und dümmlicher Castingshows in den Werbepausen aus dem Fernseher plärrte und sie voller Seelenqual darauf gewartet hatte, dass ihre Periode einsetzte.
    Als die Buchstaben auf dem winzigen Display sich nicht änderten, schüttelte sie das Teststäbchen, wie ihre Mutter es mit Fieberthermometern getan hatte, als Laurel klein gewesen war.
    SCHWANGER !, schrien die Buchstaben. SCHWANGER ! SCHWANGER ! SCHWANGER !
    Laurel atmete nicht. Sie hatte nicht mehr ausgeatmet, seit die Buchstaben erschienen waren. Hätte sie nicht auf der Toilette gesessen, wäre sie vielleicht in Ohnmacht gefallen; so aber sank sie nur gegen die Wand, während ihr der kalte Schweiß ausbrach. Als sie zu schluchzen begann, hörte es sich so fremd an, als wäre jemand anders in Tränen ausgebrochen.
    »Mom?«, fragte Grant, ihr neun Jahre alter Sohn. »Bist du das?«
    Laurel versuchte zu antworten, brachte aber kein Wort hervor. Als sie die zitternden Finger auf den Mund legte, strömten Tränen über ihre Wangen.
    »Mom?«, fragte die Stimme hinter der Tür noch einmal. »Alles in Ordnung?«
    Durch die Schlitze zwischen den Latten konnte sie Grants Silhouette sehen. Nein, Schatz, gar nichts ist in Ordnung. Ich verliere den Verstand, hier auf dem Klo.
    »Dad!«, rief Grant, ohne sich vom Fleck zu rühren. »Ich glaube, Mom ist krank!«
    Ich bin nicht krank, Baby. Ich sehe nur, wie die verdammte Welt in Scherben fällt …
    »Mir geht es gut«, stieß Laurel hervor. »Alles okay. Hast du dir schon die Zähne geputzt?«
    Schweigen. Angestrengtes Lauschen. Dann: »Du klingst so komisch, Mom.«
    Laurel spürte, wie sie in den Überlebensmodus schaltete. Der Schock des positiven Schwangerschaftstests hatte eine heftige emotionale Erschütterung bewirkt – und von da an war es nur noch ein kleiner Schritt bis hin zu einer ausgewachsenen Dissoziation. Plötzlich wurde ihre Schwangerschaft zu einer Angelegenheit von akademischem Interesse, ein weiterer kleiner Faktor in der langen Liste von Betrügereien und Täuschungen. Elf Monate des Ehebruchs hatten Laurel in diesen schändlichen Künsten meisterhaft geschult. Die Ironie von alledem war niederschmetternd: Sie hatten ihre Affäre vor fünf Wochen beendet und seither keinen einzigen moralischen Fehltritt mehr begangen.
    Und nun war sie schwanger.
    Sie schob das Teststäbchen zurück in die Verpackung, legte sie sorgfältig wieder in die Tamponschachtel und stopfte die Schachtel in die Walgreens-Tüte. Nachdem sie die Tüte auf dem Boden hinter der Toilette versteckt hatte, betätigte sie die Wasserspülung und stand auf.
    Grant wartete draußen vor der Tür. Er würde aufmerksam auf jedes verräterische Zeichen von Nervosität oder Sorge im Gesicht seiner Mutter achten. Laurel hatte diese wachsamen Augen im Lauf der letzten Monate viele Male gesehen, und jedes Mal hatten Schuldgefühle sie innerlich zerrissen. Grant wusste, dass seine Mutter von einem emotionalen Aufruhr geplagt wurde. Er wusste es besser als sein Vater, denn er war viel aufmerksamer, wenn es um solche Dinge ging.
    Laurel wischte sich mit einem Papiertuch sorgfältig die Tränen ab; dann packte sie entschlossen den Türknauf und kämpfte gegen das Zittern ihrer Finger an. Routine, ermahnte sie sich. Routine ist deine Rettung. Spiel deine gewohnte Rolle, und niemand wird etwas merken.
    Sie öffnete die Tür und lächelte. Grant stand in einem Tony-Hawk-T-Shirt vor ihr und starrte zu ihr hoch wie ein neunjähriger Verhörspezialist, der er schließlich auch war. Er hatte Laurels Augen im Gesicht seines Vaters, doch die Ähnlichkeit wurde von Tag zu Tag geringer. In den letzten Wochen und Monaten schien Grant sich mit der Geschwindigkeit eines schnell wachsenden Welpen zu verändern.
    »Ist Beth schon wach?«, fragte Laurel. »Du

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