12 Stunden Angst
dass du schwanger bist, sagte eine kalte Stimme. Mit Grauen dachte Laurel an den Spießrutenlauf zwischen protestierenden Abtreibungsgegnern hindurch, um anschließend allein im kalten Wartezimmer einer tristen Abtreibungsklinik zu sitzen. Sie musste wenigstens drei Bundesstaaten weit weg, um jede Möglichkeit auszuschließen, dass jemand sie erkannte. Doch selbst dann würde der Arzt möglicherweise …
Eine Faust klopfte neben Laurels Kopf an die Seitenscheibe.
Sie zuckte heftig zusammen, hob erschreckt den Blick und sah, wie Diane Rivers, die Klassenlehrerin der dritten Klasse, in offensichtlicher Besorgnis mit den Lippen Laurels Namen formte. Diane war eine Südstaaten-Schönheit mit üppigem Haar und einem Herzen aus Gold – wie eine Rückbesinnung auf die Generation von Laurels Mutter, obwohl Diane erst dreiundvierzig war. Sie machte eine kurbelnde Handbewegung: Laurel sollte die Seitenscheibe herunterlassen.
Laurel wischte sich mit der Schulter ihrer Bluse die Tränen ab und schmierte dabei Make-up auf die weiße Seide, ehe sie den Fensterheber betätigte. Das Glas versank mit leisem Surren in der Wagentür.
»Was ist los?«, fragte Diane. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
Sehe ich vielleicht so aus?, dachte Laurel mit einem Anflug von Zorn, der jedoch rasch verebbte: Hätte sie nicht die gleiche Frage gestellt, wenn sie jemanden weinend hinter dem Steuer eines Autos auf dem Parkplatz vorgefunden hätte?
»Ich fürchte, ich bekomme eine Migräne«, sagte Laurel.
»Sie Ärmste«, sagte Diane mitfühlend. »Dabei sind Sie so lange davon verschont geblieben.«
»Mehr als ein Jahr.« Länger, als ich mit Danny zusammen war.
»Glauben Sie denn, Sie schaffen die Elternsprechstunde? Wenn normaler Unterricht wäre, würde ich ja gerne die Vertretung übernehmen, aber ich habe nicht die geringste Ahnung, was ich den Eltern Ihrer Schüler sagen soll.«
»Es wird schon gehen«, erklärte Laurel, wobei sie sich zur Beifahrerseite beugte, um ihr Notebook und ihre Handtasche vom Wagenboden aufzuheben. »Manchmal kriege ich nur die Aura, und die Kopfschmerzen kommen gar nicht. Mein Arzt nennt es eine stille Migräne.«
Diane schüttelte den Kopf. »Also, ich weiß nicht. Sie haben nicht eine von den Spritzen dabei? Von diesem Schmerzmittel?«
»Imigran? Nein, es ist so lange her, dass ich meinen letzten Anfall hatte, dass ich die Spritzen nicht mehr ständig dabeihabe.«
Diane bedachte sie mit einem mütterlichtadelnden Blick.
»Ich weiß«, sagte Laurel und stieg mühsam aus dem Wagen. »Das war dumm von mir.«
»Sie sollten zu Warren in die Praxis gehen«, schlug Diane vor. »Lassen Sie sich diese Spritze geben. Wenn man schon mit einem Arzt verheiratet ist, sollte man hin und wieder den Nutzen daraus ziehen. Und Warren ist ein guter Arzt. Ich muss es wissen, schließlich ist er mein Hausarzt. Ich könnte die Stellung für Sie halten, bis Sie zurück sind. Meine Schüler wissen, dass ich ihnen das Fell über die Ohren ziehe, wenn sie sich danebenbenehmen.«
Beinahe hätte Laurel gelacht. Diane hatte einen Blick, der ungezogene Jungen auf hundert Schritte Entfernung paralysieren konnte. Laurel schloss den Acura ab und ging zum Schulgebäude. »Ich schaffe das schon, Diane. Notfalls kann ich ja immer noch zu meinem Mann.«
»Sie haben vor Schmerzen geschluchzt, Mädchen.«
»Nein, ich … ich war nur ein bisschen verzweifelt. Ich dachte, ich hätte das endlich hinter mir. Darum habe ich geweint. Die Realität kann manchmal wehtun.«
»Oh ja. Die Realität ist ein Miststück, nicht wahr?«, sagte Diane. Dann kicherte sie wie eine Frau in den 1950er Jahren, der versehentlich das Wort »Scheiße« über die Lippen gerutscht war.
An der Tür zum Klassengebäude drückte sie zum Abschied Laurels Handgelenk. Die Berührung hatte etwas Tröstendes, und Laurel verspürte das irrationale Verlangen, der älteren Frau ihr Herz auszuschütten. Doch sie sagte kein Wort. Diane konnte ihr in ihrer Zwangslage auch nicht helfen, selbst wenn sie zugehört hätte. Und sie würde bestimmt kein Mitgefühl haben für die verrückte Schlampe, die ihren Mann betrog und dumm genug war, sich dabei auch noch schwängern zu lassen. Noch einmal nickte Laurel der älteren Kollegin zu, um zu bekräftigen, dass ihr nichts fehlte; dann ging sie den kurzen Flur hinunter zu ihrer nicht zu überhörenden Förderklasse mit den im Überschwang ihrer morgendlichen Energie tobenden Kindern.
Nachdem eine Helferin mit den Kindern zum
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