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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Norman kann vielleicht noch mal was werden, aber vorläufig ist seine Konzentrationsspanne gleich null. Aber sie sind zwei gute Jungs. Gut in der Schule. Bert liest und rechnet wie eine Eins. Bei Norman kann man noch nichts sagen.«
    Frank konnte verstehen, dass der schulische Erfolg seiner Kinder Debiere viel bedeutete. Der junge Nobby war immer von Schulproblemen geplagt gewesen und hatte darunter gelitten, dass seine Eltern das darauf geschoben hatten, dass er unter lauter Mädchen in der Familie der einzige Junge gewesen war - und daher in der Entwicklung hinterherhinkte.
    »Das haben sie von ihrer Mutter«, sagte Debiere. »Die kleinen Glückspilze. Bert«, rief er, »sei nicht so grob mit ihm.«
    »Okay, Dad«, rief der Junge zurück.
    Frank sah, wie Debiere sich bei dem Wort Dad in die Brust warf. Die Familie war der Mittelpunkt seines Lebens, und einzig für die Familie hatte er sich in die unangenehme Situation gebracht, in der er jetzt steckte. Die Bedürfnisse seiner Familie - ob real oder eingebildet - hatten bei ihm von Anfang an oberste Priorität genossen.
    Als Debiere sich von seinen Kindern abwandte, um Frank seine Aufmerksamkeit zu widmen, wurde sein Gesicht hart, als wüsste er schon, was kommen würde, und wollte sich dagegen wappnen. In seinen Augen blitzte etwas wie feindselige Erwartung. Frank hätte am liebsten gesagt, er könne keinesfalls für Debieres unbesonnene Entscheidungen verantwortlich gemacht werden, Tatsache war jedoch, dass er sich in gewisser Weise eben doch verantwortlich fühlte. Das kam daher, dass er es nicht geschafft hatte, dem Jungen, der bei ihm im Klassenzimmer gesessen hatte und von den anderen gehänselt wurde, weil er ein wenig langsam und ein wenig merkwürdig war, ein besserer Freund zu sein.
    Er sagte: »Ich komme gerade aus Le Reposoir, Nobby. Von der Testamentseröffnung.«
    Debiere wartete, ohne etwas zu sagen. Ein Muskel zuckte in seiner Wange.
    »Ich glaube, Adrians Mutter hatte das veranlasst«, fuhr Frank fort. »Da spielt sich anscheinend irgendein Drama ab, von dem wir anderen keine Ahnung haben.«
    Debiere sagte: »Und?« Es gelang ihm, gleichgültig auszusehen, obwohl er das, wie Frank wusste, nicht war.
    »Es ist ein bisschen seltsam, muss ich leider sagen. Nicht das, was einige wahrscheinlich erwartet haben.« Frank berichtete von dem Bankkonto, dem Portefeuille, den Vermächtnissen für Adrian Brouard und seine Halbschwestern, für die beiden einheimischen Jugendlichen.
    Debiere runzelte die Stirn. »Aber was hat er denn -? Er besaß doch ein ungeheures Vermögen, mit einem Bankkonto und einem Wertpapierpaket ist das nicht abgetan. Wie hat er sich da rausgewunden?«
    »Mit Hilfe von Ruth«, meinte Frank.
    »Aber er kann ihr Le Reposoir nicht hinterlassen haben.«
    »Nein, natürlich nicht. Das hätte das Gesetz nicht zugelassen.«
    »Ja, aber was hat er dann getan?«
    »Keine Ahnung. Irgendwelche juristischen Tricks wahrscheinlich. Er hat sich bestimmt was einfallen lassen. Und sie hat mitgemacht.«
    Debieres Haltung lockerte sich ein wenig, die Stirn glättete sich. Er sagte: »Na, das ist doch wunderbar. Ruth weiß, was er vorhatte. Sie wird das Projekt übernehmen und weiterführen. Wenn es losgeht, muss man sich mit ihr zusammensetzen und sich diese Pläne aus Kalifornien ansehen. Man muss ihr begreiflich machen, dass ihr Bruder sich für den schlechtest möglichen Entwurf entschieden hatte. Völlig ungeeignet für das Gelände, ach was, für diesen Teil der Welt. Überhaupt nicht wirtschaftlich, was die Instandhaltung betriff, und die Kosten für den Bau selbst -«
    »Nobby«, unterbrach Frank, »so einfach ist das nicht.«
    Hinter ihnen brüllte einer der Jungen, und Debiere drehte sich hastig um. Bertrand junior hatte seine Wollmütze abgenommen und war dabei, sie seinem kleinen Bruder über das Gesicht zu stülpen. »Bert!«, rief Debiere scharf. »Bert! Hör sofort auf! Wenn du nicht friedlich spielen kannst, musst du rein.«
    »Aber ich hab doch nur -«
    »Bertrand!«
    Der Junge riss seinem Bruder die Mütze herunter und begann, mit dem Ball über den Rasen zu dribbeln. Norman rannte ihm hinterher.
    Debiere beobachtete die beiden einen Moment, ehe er sich wieder Frank zuwandte. Des früheren Anflugs von Erleichterung beraubt, wirkte seine Miene jetzt argwöhnisch.
    »Was heißt, nicht so einfach?«, fragte er. »Wieso? Was könnte es Einfacheres geben, Frank? Sie wollen mir doch nicht sagen, dass Ihnen der Entwurf des Amerikaners

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