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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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auch mit den Jungs gemauschelt. Aber tun Sie Nobby nicht in unsere Gruppe, Mr. Ouseley. Wir schauen ja alle total doof aus, wenn der vorn an die Tafel muss.«
    »Was reden Sie da? Haben Sie mir überhaupt zugehört?«
    »Klar. Ich weiß genau, wie es gelaufen ist. Erst baut man ihn auf und dann lässt man ihn zusammenfallen. Man lässt ihn glauben, er hätte den Auftrag, und dann zieht man ihm den Boden weg. Die Regeln sind die Gleichen. Nur das Spiel ist ein bisschen anders.«
    »Nobby!«, sagte Frank. »Hören Sie sich doch mal selber zu! Glauben Sie im Ernst, Guy hätte das inszeniert - hätte das alles nur um des bescheidenen Vergnügens willen inszeniert, Sie zu demütigen?«
    »Ja, das glaube ich.«
    »So ein Quatsch. Warum hätte er das tun sollen?«
    »Weil es ihm Spaß gemacht hat. Weil er sich so den Kick geholt hat, der ihm fehlte, seit er seine Firma verkauft hatte. Weil er sich dann mächtig gefühlt hat.«
    »Das ist doch Unsinn.«
    »Finden Sie? Dann schauen Sie sich doch mal seinen Sohn an. Schauen Sie sich Anaïs an, die arme Kuh. Und schauen Sie sich selbst an, Frank.«
    Wir müssen etwas unternehmen, Frank. Das ist Ihnen doch auch klar?
    Frank wandte seinen Blick ab. Er spürte die Beklemmung, die immer stärker wurde. Obwohl auch hier die Luft nichts enthielt, was seine Atmung hätte beeinträchtigen können.
    »Er sagte: ›Ich habe Ihnen geholfen, soweit es mir möglich war‹«. Debiere erwiderte leise. »Er sagte: ›Ich habe Ihnen unter die Arme gegriffen, mein Junge. Mehr können Sie nicht erwarten. Und ganz sicher nicht auf Dauer, guter Mann.‹ Aber er hatte es versprochen. Er hat mich glauben lassen...« Debiere zwinkerte heftig und wandte sich ab. Niedergeschlagen schob er die Hände in die Hosentaschen, und sagte noch einmal: »Er hat mich glauben lassen...«
    »Ja«, murmelte Frank, »darauf hat er sich verstanden.«
    Nicht weit vom Haus des Verwalters trennten sich St. James und seine Frau. Gegen Ende ihres Gesprächs mit den Duffys war ein Anruf von Ruth Brouard gekommen, daraufhin hatte St. James, der noch einmal ins Herrenhaus zurückwollte, um mit Ruth Brouard zu sprechen, Deborah den Ring anvertraut, den sie in der Bucht gefunden hatten. Sie sollte ihn zur möglichen Identifizierung zu Chief Inspector Le Gallez bringen. Es war angesichts seiner Verzierungen unwahrscheinlich, dass man einen brauchbaren Fingerabdruck auf ihm finden würde, aber man musste es versuchen. Da St. James kein Werkzeug zur Hand hatte, um ihn zu untersuchen - dazu auch gar nicht berechtigt war -, würde Le Gallez alles weitere veranlassen müssen.
    »Ich komme schon irgendwie zurück. Wir treffen uns dann im Hotel«, sagte St. James. Er sah Deborah ernst an und fügte hinzu: »Kannst du einigermaßen mit der Sache leben, Schatz?«
    Er meinte nicht den Auftrag, den er ihr gegeben hatte, sondern das, was sie von den Duffys gehört hatten, insbesondere von Valerie, die nicht zu erschüttern war in ihrer Überzeugung, dass die Frau, die Guy Brouard zur Bucht gefolgt war, China River gewesen war.
    Deborah sagte: »Vielleicht hat sie einen Grund, uns glauben zu machen, zwischen China und Guy Brouard wäre etwas gewesen. Wenn er bei Frauen so gut ankam, warum dann nicht auch bei Valerie?«
    »Sie ist älter als die anderen.«
    »Älter als China. Aber bestimmt nicht viel älter als Anaïs Abbott. Höchstens ein paar Jahre, wenn du mich fragst. Damit ist sie immer noch - hm - zwanzig Jahre jünger als Brouard war.«
    Ihre Argumentation war nicht von der Hand zu weisen, auch wenn er den Eindruck hatte, dass sie vor allem sich selbst zu überzeugen suchte. Dennoch sagte er: »Le Gallez hat uns nicht alles verraten, was er weiß. Warum sollte er auch? Ich bin ein Fremder für ihn, und selbst wenn ich das nicht wäre, wäre es nicht so einfach. Kein ermittelnder Beamter würde ohne weiteres jemandem Einblick in seine Akten gewähren, der bei Mordfällen normalerweise in einem ganz anderen Ressort arbeitet. Aber für ihn bin ich nicht einmal der Fachmann aus der anderen Abteilung. Für ihn bin ich nichts weiter als ein Fremder, der ohne Referenzen aufgekreuzt ist und hier genau genommen nichts zu suchen hat.«
    »Du glaubst also, dass da noch mehr ist. Ein Motiv. Eine Verbindung. Irgendwo. Zwischen Guy Brouard und China. Simon, ich kann mir das nicht vorstellen.«
    St. James betrachtete sie liebevoll. Er liebte sie und wollte nichts anderes, als sie beschützen. Aber er wusste auch, dass er ihr die Wahrheit schuldete.

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