12 - Wer die Wahrheit sucht
alten Stadt waren kaum breit genug für ein Auto und wanden sich an der Flanke des Hangs hinauf, an dem St. Peter Port vom Hafen aus langsam emporgewachsen war.
Kreuz und quer durch diese Straßen und Gassen eilte Deborah zu den Queen-Margaret-Apartments. Doch als sie dort ankam und an die Tür klopfte, fand sie Chinas kleine Wohnung zu ihrer Enttäuschung leer vor. Sie kehrte zurück zum vorderen Teil des Gebäudes und überlegte, was sie tun sollte.
China konnte überall sein - bei ihrem Anwalt, bei der Polizei, beim Einkaufen oder einen Spaziergang machen - und war wahrscheinlich in Begleitung ihres Bruders unterwegs. Deborah beschloss, sich auf die Suche zu machen. Sie würde in Richtung Polizeipräsidium gehen, zuerst würde sie zur High Street laufen und dieser folgend sich dann den Weg zurück zum Hotel suchen.
Gegenüber dem Apartmentkomplex führte eine Treppe zwischen hohen Mauern und steinernen Häusern zum Hafen hinunter, über die Deborah hinabging, bis sie am Ende der Treppe in eines der älteren Stadtviertel gelangte, wo auf der einen Straßenseite sich ein immer noch imposantes altes Gebäude aus rötlichem Stein entlangzog und auf der anderen Seite hinter einer Reihe gewölbter Türnischen Geschäfte waren, in denen man Blumen, Geschenke und Obst kaufen konnte.
Das imposante alte Gebäude sah trotz seiner hohen Fenster düster aus, und es schien leer zu stehen, denn sogar an diesem trüben Tag brannte drinnen kein Licht. Aber der Schein trog. Ein Teil des alten Baus wurde noch genutzt, offenbar als Markthalle. Die Stände befanden sich hinter einem großen blauen Tor an der Market Street, das weit offen stand. Deborah überquerte die Straße und ging zu diesem Tor.
Als Erstes wehte ihr der unverwechselbare Geruch entgegen: Blut und Fleisch einer Metzgerei. In Glasvitrinen waren Koteletts, Bratenstücke und Hackfleisch ausgelegt, aber es gab nur noch sehr wenige Stände in dieser Fleischerhalle, in der das Geschäft früher offensichtlich geblüht hatte. Zwar hätte das Gebäude mit seinen Schmiedeeisenarbeiten und Stuckverzierungen China als Fotografin sicher interessiert, aber Deborah wusste, dass der Geruch nach toten Tieren beide Rivers sofort verscheucht hätte. Es wunderte sie daher nicht, dass sie die Geschwister in der Halle nicht fand. Als sie sich sicherheitshalber auch noch im restlichen Teil des Gebäudes umschaute, sah sie, dass dort, wo einmal Dutzende florierender kleiner Geschäfte gewesen waren, nichts geblieben war als verödete Hallen. Im Mittelteil der großen Halle, wo unter dem hohen Deckengewölbe ihre Schritte widerhallten, gab es eine Reihe Stände mit heruntergelassenen Jalousien. Quer darüber hatte jemand mit Leuchtstift »Scheiß-Safeway« geschrieben und damit wahrscheinlich die Gefühle einiger Händler wiedergegeben, die von der Supermarktkette zum Aufgeben gezwungen worden waren.
Auf der anderen Seite der Fleischerhalle entdeckte Deborah einen Obst- und Gemüsestand, an dem noch verkauft wurde und gegenüber von ihm war wieder die Straße. Sie kaufte einen Strauß Gewächshauslilien, bevor sie das Gebäude verließ und sich die Geschäfte draußen ansah.
In den kleinen Läden gegenüber konnte sie durch die Fenster mühelos die Leute erkennen, die drinnen einkauften, so wenige waren es. China und Cherokee waren nicht unter ihnen.
Deborah überlegte, was sie tun sollte, und fand die Antwort gleich neben der Treppe, die sie heruntergekommen war: ein kleines Lebensmittelgeschäft, das den stolzen Namen Channel Islands Cooperative Society trug. Das hörte sich so an, als könnte es den beiden Rivers gefallen, die trotz allem immer noch die Kinder ihrer Veganermutter waren.
Kurz entschlossen betrat Deborah den Laden. Sie hörte sie sofort, denn der Verkaufsraum war klein, allerdings mit hohen Regalen vollgestellt, so dass man die Kunden von draußen durch das Fenster nicht sehen konnte.
»Ich will aber nichts«, sagte China gerade gereizt. »Wenn ich nicht essen kann, dann kann ich nicht essen. Könntest du vielleicht essen, wenn du in meiner Lage wärst?«
»Aber irgendwas muss es doch geben«, entgegnete Cherokee. »Hier. Wie wär's mit Suppe?«
»Ich hasse Dosensuppen.«
»Aber du hast sie doch oft zum Abendessen gemacht.«
»Eben. Würdest du was wollen, was dich erinnert? Moteldreck, Cherokee. Schlimmer als Wohnwagen.«
Deborah bog am Ende des Gangs um die Ecke und entdeckte die beiden vor einem kleinen Aufbau mit Campbell-Suppendosen. Cherokee hielt
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