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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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richtig.«
    »Und wer sind diese beiden Jugendlichen?«
    Sie nannte ihm ihre Namen: Paul Fielder und Cynthia Moullin. Ihr Bruder habe sich als Mentor der beiden gefühlt. Auf den Jungen sei er im Rahmen eines Förderungsprogramms der hiesigen höheren Schule aufmerksam geworden. Das junge Mädchen habe er durch ihren Vater Henry Moullin kennen gelernt, einen Glaser, der den Wintergarten gebaut und die Fenster im Herrenhaus erneuert hatte.
    »Es sind beides ziemlich arme Familien, besonders die Fielders«, schloss Ruth Brouard. »Das hat mein Bruder natürlich gesehen, und da er die Kinder gern hatte, wollte er etwas für sie tun; etwas Besonderes, was ihre Eltern niemals für sie hätten tun können.«
    »Aber warum hat er das vor Ihnen geheim gehalten?«, fragte St. James.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie. »Und ich verstehe es nicht.«
    »Hätten Sie denn Einwendungen erhoben?«
    »Ich hätte ihm vielleicht gesagt, wie viel Unfrieden er damit möglicherweise stiften würde.«
    »In seiner eigenen Familie?«
    »Und in den beiden anderen Familien. Sowohl Paul als auch Cynthia haben Geschwister.«
    »Denen Ihr Bruder nichts vermacht hat?«
    »Denen er nichts vermacht hat. Und wenn einer etwas bekommt und die anderen nicht... Ich hätte ihm gesagt, dass das zu einem Bruch in den Familien führen könnte.«
    »Hätte er denn auf Sie gehört, Miss Brouard?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihr Gesicht war unsagbar traurig. »Das war die Schwäche meines Bruders«, sagte sie. »Er hat auf keinen gehört.«
    Margaret Chamberlain hatte Mühe, sich zu erinnern, wann sie schon einmal so wütend gewesen war und so wild entschlossen, dagegen etwas zu tun. Vielleicht an dem Tag, dachte sie, als ihr Verdacht, dass Guy sie betrog, zur Gewissheit geworden war, die sie wie ein Faustschlag in den Magen getroffen hatte. Aber dieser Tag lag weit zurück, und so vieles hatte sich seither ereignet - drei weitere Ehen und drei weitere Kinder, um genau zu sein -, dass er zu einer matten Erinnerung verblasst war, die sie so wenig aufpolieren wollte, wie sie das bei einem unmodernen, alten silbernen Schmuckstück täte, für das sie keine Verwendung mehr hatte. Doch die Gefühle, die jetzt in ihr tobten, waren jenen früheren verwandt. Welch eine Ironie, dass damals wie heute die Quelle ihrer Wut derselbe Mann war!
    Wenn sie sich so fühlte wie in diesem Augenblick, fiel es ihr meistens schwer, zu entscheiden, wo sie zuerst zuschlagen wollte. Auf jeden Fall musste man sich mit Ruth befassen. Die Bestimmungen in Guys Testament waren derart ungewöhnlich, dass es nur eine Erklärung für sie geben konnte, und Margaret war bereit, ihren Kopf zu wetten, dass diese Erklärung Ruth hieß. Neben Ruth jedoch waren da noch die beiden Jugendlichen, die die Hälfte von Guys vorgeblichem Gesamtvermögen geerbt hatten. Nie im Leben würde Margaret Chamberlain untätig zusehen, wie zwei Unbekannte - mit Guy nicht einmal entfernt verwandt - mehr Geld erhielten als der eigene Sohn des Mistkerls.
    Adrian hatte sich wenig bereit gezeigt, mit Informationen zu helfen. Er hatte sich in seinem Zimmer verschanzt, und als sie ihn dort stellte und mehr über das Wer, Wo und Warum zu wissen verlangte, als sie von Ruth hatte erfahren können, hatte er nur gesagt: »Es sind Kinder. Sie schauen zu Dad auf, wie er fand, dass sein eigen Fleisch und Blut zu ihm aufschauen müsste. Wir wollten nicht. Sie haben es mit Freuden getan. Das ist doch typisch Dad. Treue Ergebenheit wird belohnt.«
    »Wo leben diese jungen Leute? Wo finde ich sie?«
    »Der Junge wohnt in Le Bouet«, antwortete Adrian. »Ich weiß nicht genau, wo. Es ist eine Sozialsiedlung.«
    »Und das Mädchen?«
    Das war einfacher. Die Moullins lebten in La Corbiere, südwestlich vom Flughafen, in einer Gemeinde namens Forest. Sie wohnten im irrsinnigsten Haus auf der ganzen Insel. Die Leute nannten es das Muschelhaus. Wenn man erst einmal in der Nähe von La Corbiere war, konnte man es gar nicht verfehlen.
    »Gut. Fahren wir«, sagte Margaret.
    Aber da teilte Adrian ihr klipp und klar mit, dass er nirgendwohin zu fahren gedachte. »Was glaubst du denn, dass du damit erreichst?«
    »Ich werde diesen Leuten klar machen, mit wem sie es zu tun haben. Sie sollen sich ja nicht einbilden, sie könnten dir einfach wegnehmen, was dir von Rechts wegen zusteht -«
    »Bemüh dich nicht.« Er rauchte eine nach der anderen und ging dabei auf dem Perserteppich hin und her, als wollte er Löcher hineintreten. »Dad hat es so

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