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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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aus dem Haus zu gehen, um unter den Bäumen zu warten.«
    »So scheint es«, bestätigte St. James.
    »Und ihre Zimmer liegen über meinem«, fuhr sie fort. »Die Zimmer der beiden Rivers. Im Stockwerk über mir. Sie sehen -« »Möglich«, meinte St. James. Aber er sah noch mehr. Er sah, dass man sich in eine Teilinformation verbeißen und alles andere unbeachtet lassen konnte. »Und wo hat Adrian gewohnt?«, fragte er.
    »Er hätte nie -«
    »Wusste er von der Sache mit den beiden Testamenten? Ihrem und dem Ihres Bruders?«
    »Mr. St. James, ich versichere Ihnen, er hätte niemals... Glauben Sie mir, er könnte nicht -«
    »Angenommen, er kannte die hiesigen Gesetze und wusste nicht, was sein Vater unternommen hatte, um ihn um den Genuss eines Vermögens zu bringen - mit was für einem Erbe hätte er gerechnet?«
    »Entweder mit einem Sechstel des gesamten Nachlasses«, antwortete Ruth Brouard mit offenkundigem Widerstreben.
    »Oder mit einem Drittel von allem, wenn sein Vater seinen ganzen Besitz in Bausch und Bogen seinen Kindern vermacht hätte?«
    »Ja, aber -«
    »Ein stattliches Vermögen«, sagte St. James.
    »Ja, ja. Aber Sie müssen mir glauben, Adrian hätte seinem Vater niemals etwas angetan. Nicht um alles in der Welt. Schon gar nicht wegen einer Erbschaft.«
    »Dann hat er wohl eigenes Vermögen?«
    Sie antwortete nicht. Das Ticken der Uhr auf dem Kaminsims wurde laut wie das einer tickenden Bombe. Ruth Brouards Schweigen war St. James Antwort genug.
    Er sagte: »Was ist mit Ihrem Testament, Miss Brouard? Was für eine Vereinbarung bestand mit Ihrem Bruder? Wie wollte er das Vermögen verteilt wissen, das er Ihnen überschrieben hatte?«
    Sie leckte sich über die Unterlippe. Ihre Zunge war beinahe so blass wie die Haut ihres Gesichts. »Adrian ist ein gequälter Mensch, Mr. St. James. Seine Eltern haben ein ewiges Tauziehen um ihn veranstaltet. Sie sind im Bösen auseinander gegangen, und Margaret machte Adrian zum Werkzeug ihrer Rache. Daran änderte sich auch nichts, als sie sich wieder verheiratete und gut verheiratete - Margaret verheiratet sich immer gut, müssen Sie wissen. Es blieb die Tatsache, dass mein Bruder sie betrogen hatte und sie es nicht schnell genug merkte, nicht clever genug war, ihn in flagranti zu ertappen, ich glaube, das hätte sie sich am allermeisten gewünscht: Mein Bruder mit einer Frau im Bett, und sie fährt wie die Rachegöttin persönlich auf die beiden nieder. Aber so hat es sich nicht abgespielt. Es war nur eine schmutzige kleine Entdeckung - ich weiß nicht einmal, was genau. Und sie ist nie darüber hinweggekommen, sie konnte es nicht vergessen, sondern hat Guy, wo es ging, dafür büßen lassen, dass er sie gedemütigt hatte. Und wenn man auf diese Weise benutzt wird... Kein Baum kann groß und stark werden, wenn man sich ständig an seinen Wurzeln zu schaffen macht. Aber Adrian ist kein Mörder.«
    »Dann haben Sie ihm wohl zur Entschädigung das ganze Vermögen hinterlassen?«
    Sie hatte den Blick auf ihre Hände gesenkt gehalten, aber bei seinen Worten sah sie auf. »Nein. Ich habe getan, was mein Bruder wünschte.«
    »Und was wünschte er?«
    Le Reposoir, erläuterte sie, sollte den Bewohnern von Guernsey zu ihrer Benutzung und ihrem Vergnügen überlassen werden. Die Instandhaltung und Pflege des Besitzes mit allen Gebäuden und Einrichtungen würde aus einem eigens zu diesem Zweck errichteten Treuhandfonds finanziert werden. Das restliche Vermögen - die Immobilien in Spanien, Frankreich und England, die Wertpapiere, die Bankkonten sowie alle persönlichen Besitztümer, die zum Zeitpunkt ihres Todes nicht zur Ausstattung des Herrenhauses oder zum Schmuck der Parkanlagen verwendet wurden - würde verkauft und der Erlös dem Treuhandfonds zugeführt werden.
    »So hat er es gewünscht, und so habe ich es gemacht«, sagte Ruth Brouard. »Er versprach mir, seine Kinder in seinem Testament zu bedenken, und das hat er getan. Sie wurden natürlich nicht so großzügig bedacht, wie vom geltenden Gesetz vorgesehen. Aber sie wurden bedacht.«
    »Was für eine Regelung hatte er getroffen?«
    »Er machte von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch, seinen Nachlass in zwei Hälften aufzuteilen. Seine drei Kinder bekommen zu je einem Drittel die eine Hälfte. Die andere Hälfte geht zu gleichen Teilen an zwei Jugendliche, die hier auf der Insel leben.«
    »Das heißt, sie erhalten mehr als seine eigenen Kinder.«
    »Ich - ja«, sagte sie. »Ja, das ist wohl

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