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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Brouard hatte fünf Nächte im Hilton eines Orts namens Irvine gewohnt. Er hatte dort in einem Restaurant mit Namen Il Fornaio gegessen sowie in Costa Mesa in Scott 's Seafood Restaurant und in Orange im Citrus Grille. Er hatte sich mit einem gewissen William Kiefer getroffen, Rechtsanwalt in Tustin, dem er etwas über tausend Dollar für drei Termine innerhalb von fünf Tagen bezahlt hatte, und er hatte neben der Karte dieses Anwalts eine Quittung von einem Architekturbüro Southby, Strange, Willows und Ward aufbewahrt. »Jim Ward« stand krakelig hingeworfen unten auf dem Zettel, dazu eine Mobiltelefon- und eine Festnetznummer.
    »Er hat sich also anscheinend selbst um die Vorbereitungen für den Museumsbau gekümmert«, bemerkte St. James. »Das passt doch alles zu den Plänen, die er unseres Wissens nach hatte.«
    »Das stimmt«, sagte Ruth. »Aber mir hat er kein Wort von dieser Reise gesagt. Verstehen Sie nicht, was das bedeutet?«
    In Ruth Brouards Stimme schwang ein eigenartiger Unterton, aber St. James sah nur, dass der Bruder vielleicht ein wenig Freiheit gebraucht hatte. Möglicherweise hatte er eine Freundin mit auf die Reise genommen, von deren Existenz er seine Schwester nichts wissen lassen wollte. Doch als Ruth weitersprach, erkannte er, dass sie sich durch die überraschenden Neuigkeiten, die sie entdeckt hatte, weniger brüskiert fühlte, als vielmehr in ihrer bereits bestehenden Überzeugung bestätigt.
    »Kalifornien, Mr. St. James«, sagte sie. »Sie lebt in Kalifornien. Er muss sie also schon gekannt haben, bevor sie nach Guernsey kam. Und als sie hier eintraf, hatte sie bereits alles geplant.«
    »Ach so, ich verstehe. Miss River. Aber sie lebt nicht in diesem Teil Kaliforniens«, widersprach St. James. »Sie kommt aus Santa Barbara.«
    »Wie weit kann das von diesen Orten entfernt sein?«
    St. James runzelte die Stirn. Er wusste es nicht, er war nie in Kalifornien gewesen und hatte im Grund nur von Los Angeles und San Francisco gehört, die seines Wissens an entgegengesetzten Enden des Staates lagen. Er wusste jedoch, dass es ein Staat von riesiger Ausdehnung war, von einem verwirrenden Netz von Schnellstraßen durchzogen, die meistens mit Autos verstopft waren. Deborah würde sagen können, ob es denkbar war, dass Guy Brouard während seines Aufenthalts in Kalifornien eine Reise nach Santa Barbara unternommen hatte. Sie war dort viel herumgereist, nicht nur mit Tommy, sondern auch mit China.
    China. Ihm fiel ein, was seine Frau ihm über ihre Besuche bei Chinas Mutter und Bruder erzählt hatte. Ein Ort mit dem Namen einer Farbe, hatte sie gesagt: Orange, wo das Citrus Grille war, dessen Quittung bei Guy Brouards Papieren gelegen hatte. Und Cherokee River - nicht seine Schwester China - lebte irgendwo in dieser Gegend. War es also abwegig, anzunehmen, dass Cherokee River und nicht China Guy Brouard bereits gekannt hatte, bevor die Geschwister nach Guernsey gekommen waren?
    St. James bedachte, was sich daraus eventuell ergab, und sagte zu Ruth: »Wo waren die beiden Rivers hier im Haus untergebracht?«
    »Im zweiten Stockwerk.«
    »Und die Lage ihrer Zimmer?«
    »Süden, nach vorn.«
    »Mit Blick zur Auffahrt? Zu den Bäumen? Zum Haus der Duffys?«
    »Ja. Warum?«
    »Was hat Sie an dem Morgen veranlasst, zum Fenster zu gehen, Miss Brouard? Als Sie die Gestalt beobachteten, die Ihrem Bruder folgte, hatte da etwas Bestimmtes Sie veranlasst, zum Fenster hinauszuschauen? Oder war es eine Gewohnheit von Ihnen ihm nachzusehen?«
    Sie dachte einen Moment über seine Frage nach, bevor sie langsam sagte: »Normalerweise war ich noch gar nicht auf, wenn Guy aus dem Haus ging. Ich denke daher, es muss etwas.« Nachdenklich blickte sie vor sich hin. Sie faltete die mageren Hände über dem braunen Umschlag, und St. James sah, wie papierdünn die Haut war, die sich über den Knochen spannte. »Ich hatte ein Geräusch gehört, Mr. St. James«, sagte sie. »Es hat mich geweckt und ein wenig erschreckt, weil ich glaubte, es wäre noch mitten in der Nacht und irgendjemand schliche im Haus herum. Es war dunkel, aber als ich auf die Uhr schaute, sah ich, dass es beinahe Zeit für Guy war, zum Schwimmen zu gehen. Ich habe ein paar Augenblicke gehorcht, dann hörte ich ihn in seinem Zimmer. Ich nahm an, er hätte das Geräusch gemacht.« Sie erkannte, worauf St. James hinauswollte, und sagte: »Aber es hätte jeder sein können, nicht wahr? Jemand anders als Guy, jemand der schon aufgestanden und im Begriff war,

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