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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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lernen würden, und ich mit ihm reden könnte... Ich könnte ihm Informationen geben, wenn was unklar ist...«
    »Es braucht überhaupt nichts erklärt zu werden«, sagte Cherokee, »weil du keinem Menschen was getan hast.«
    »Aber der Ring...«
    »Er ist eben irgendwie dahin gekommen. An den Strand. Wenn es wirklich deiner ist und du dich nicht erinnern kannst, ihn bei dir gehabt zu haben, als du unten warst, um dir die Bucht anzusehen, dann ist das alles ein abgekartetes Spiel, und basta.«
    »Hätte ich das blöde Ding doch nie gekauft.«
    »Genau. Du sagst es. Mann, ich dachte, du wärst endgültig fertig mit Matt. Du hast gesagt, es wäre aus zwischen euch.«
    China sah ihren Bruder ruhig an, so lange, bis er wegschaute. »Ich bin nicht wie du«, sagte sie schließlich.
    Deborah merkte, dass unterschwellig noch eine Kommunikation anderer Art zwischen den Geschwistern stattgefunden hatte. Cherokee war unruhig geworden und trat von einem Fuß auf den anderen. Er strich mit den Fingern durch sein Haar und sagte: »Mensch, China, komm!«
    China wandte sich Deborah zu. »Cherokee ist immer noch ein leidenschaftlicher Surfer. Wusstest du das, Debs?«
    »Er hat mal vom Surfen gesprochen«, erwiderte Deborah, »aber ich glaube nicht, dass er was davon sagte...« Sie ließ den Satz unvollendet. Es war so offenkundig, dass die Freundin nicht vom Surfen sprach.
    »Matt hat es ihm beigebracht. Damals haben sie sich angefreundet.
    Cherokee hatte kein eigenes Surfbrett, aber Matt hat's ihm auf seinem eigenen beigebracht. Wie alt warst du damals?«, fragte China ihren Bruder. »Vierzehn?«
    »Fünfzehn«, murmelte er.
    »Fünfzehn. Richtig. Aber du hattest kein Brett.« Sie sagte zu Deborah: »Wenn man wirklich gut werden will, braucht man ein eigenes Brett. Man muss viel üben, und das kann man nicht dauernd mit geliehenen Brettern tun.«
    Cherokee ging zum Fernsehapparat und nahm die Fernbedienung zur Hand. Er musterte sie prüfend und richtete sie auf das Gerät. Nachdem er es eingeschaltet hatte, schaltete er es genauso schnell wieder aus. »Chine, jetzt komm«, sagte er.
    »Matt war zuerst mit Cherokee befreundet, aber die Freundschaft ging auseinander, als er mit mir zusammenkam. Ich fand das traurig und hab Matt mal gefragt, was los war. Er sagte nur, dass sich die Verhältnisse zwischen Menschen manchmal verändern, und verlor nie wieder ein Wort darüber. Ich dachte, es läge an den unterschiedlichen Interessen. Matt fing an, Filme zu machen, und Cherokee tat, was er immer getan hatte: Er machte Musik, braute Bier, zog seine Nummer mit dem nachgemachten indianischen Zeug ab. Ich dachte, Matt wäre erwachsen und Cherokee wollte ewig neunzehn bleiben. Aber so simpel läuft das in einer Freundschaft nicht, richtig?«
    »Soll ich verschwinden?«, fragte Cherokee seine Schwester. »Ich kann jederzeit abhauen. Zurück nach Kalifornien. Mam kann ja herkommen.«
    »Mam?« China lachte erstickt. »Das wäre perfekt. Ich seh sie schon, wie sie hier in der Wohnung rumstöbert - und in meinen Sachen - und alles verschwinden lässt, was auch nur im Entferntesten mit Tieren zu tun hat; wie sie dafür sorgt, dass ich meine tägliche Dosis an Vitaminen und Tofu bekomme, und genau darauf achtet, ob der Reis braun ist und das Brot Vollkorn. Das wäre einfach toll. Vor allem wäre es eine super Ablenkung.«
    »Was dann?«, fragte Cherokee. Sein Ton klang verzweifelt. »Sag's mir. Was soll ich tun?«
    Sie starrten einander an. Cherokee stand, seine Schwester saß. Aber er schien kleiner als sie. Vielleicht, sagte sich Deborah, war es Ausdruck ihrer Persönlichkeiten, dass China im Vergleich zu ihrem Bruder beinahe mächtig wirkte. Geschwisterbeziehungen, dachte sie flüchtig. Wenn es zu verstehen galt, was zwischen Geschwistern vorging, war sie restlos überfordert.
    Den Blick immer noch auf ihren Bruder gerichtet, sagte China: »Wünschst du manchmal, du könntest die Zeit zurückdrehen, Debs?«
    »Ich glaube, das wünscht sich hin und wieder jeder.«
    »Welche Zeit würdest du wählen?«
    Deborah dachte nach. »Ich erinnere mich an ein Ostern, als meine Mutter noch lebte... Auf einer der Gemeindewiesen fand ein Fest statt. Für fünfzig Pence konnte man einmal auf dem Pony reiten. Es war genau der Betrag, den ich hatte. Mir war klar, wenn ich das Geld ausgäbe, wäre alles weg, futsch für drei Minuten auf dem Pony, und für was anderes wäre nichts mehr übrig. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich bin richtig ins Schwitzen

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