12 - Wer die Wahrheit sucht
um deinen Vater zu besuchen oder dich mit Carmel zu treffen. Aber vielleicht ist das ja die Antwort. Hast du es für Carmel ausgegeben? Hast du ihr ein Auto gekauft? Oder teuren Schmuck? Oder ein Haus?«
Er verdrehte die Augen. »Na klar. Genau. Sie wollte mich heiraten, aber wahrscheinlich nur, weil ich so wahnsinnig großzügig war.«
»Das ist kein Spaß«, sagte Margaret. »Du hast mir nichts als Lügen erzählt. Über deine Gespräche mit deinem Vater wegen des Geldes. Über Carmel und ihr Verhältnis mit deinem Vater. Du hast mir weisgemacht, ihr hättet euch getrennt, weil du ›andere Dinge‹ von der Frau wolltest, mit der du verlobt warst... Wann hast du eigentlich nicht gelogen?«
Er warf ihr einen Blick von der Seite zu. »Was spielt das für eine Rolle?«
»Was spielt was für eine Rolle?«
»Ob es Wahrheit oder Lüge ist. Du siehst doch sowieso nur das, was du sehen willst. Ich erleichtere es dir nur.« Die Hand auf der Hupe, raste er an einem Kleintransporter vorbei, der vor ihnen dahinzuckelte, und schaffte es, wenige Zentimeter vor einem entgegenkommenden Bus wieder auf die innere Spur einzuscheren.
»Wie kannst du so etwas sagen?«, fuhr Margaret ihn an. »Ich habe mein Leben lang -«
»Du hast dein Leben lang mein Leben gelebt«, fiel er ihr ins Wort.
»Das ist nicht wahr. Ich habe mich gekümmert, so sehr das eine Mutter nur kann. Ich habe Anteil genommen.«
»Du hast dafür gesorgt, dass immer alles nach deinem Kopf ging.«
»Und«, sprach Margaret weiter, die entschlossen war, Adrian das Gespräch nicht an sich reißen zu lassen, »der Dank für mein Bemühen waren nur Falschheit und Lüge. Das kann ich nicht hinnehmen. Ich verdiene und verlange die Wahrheit. Und zwar auf der Stelle.«
»Weil ich sie dir schulde?«
»Richtig.«
»Natürlich. Aber nicht weil sie dich interessiert.« »Wie kannst du es wagen, das zu sagen? Ich bin allein deinetwegen hierher gekommen. Nur deinetwegen habe ich mich den Qualen der Erinnerung an diese Ehe -«
»Bitte!«, sagte er verächtlich.
»- ausgesetzt. Um dafür zu sorgen, dass du aus dem Nachlass deines Vaters bekommst, was du verdienst. Denn ich wusste von Anfang an, dass er alles versuchen würde, um dir dein Erbe vorzuenthalten. Das war das einzige Mittel, das ihm noch geblieben war, um mich zu bestrafen.«
»Und wofür hätte er dich bestrafen wollen?«
»Er glaubte, ich hätte gewonnen. Und er konnte nicht damit umgehen, dass er verloren hatte.«
»Was denn?«
»Dich. Ich habe dich zu deinem Besten von ihm fern gehalten, aber das hat er natürlich nicht gesehen. Für ihn war es nur Rache. Anders konnte er es gar nicht sehen. Sonst hätte er nämlich mal sein eigenes Leben anschauen und sich überlegen müssen, wie sein Lebenswandel sich auf seinen einzigen Sohn auswirken würde. Und das wollte er natürlich nicht. Er wollte nicht hinschauen. Also hat er mir die Schuld an der Trennung von dir in die Schuhe geschoben.«
»Die du natürlich nie wolltest«, warf Adrian mit grimmigem Spott ein.
»Aber natürlich wollte ich sie! Was hätte ich denn anderes tun sollen? Eine Geliebte nach der anderen. Auch während seiner Ehe mit JoAnna. Weiß der Himmel, was sonst noch alles. Orgien, wahrscheinlich, Drogen, Trinkgelage. Würde mich nicht wundern, wenn auch noch Nekrophilie und Sodomie dabei waren. Ja, vor alldem habe ich dich geschützt. Und ich würde es wieder tun.«
»Und dafür stehe ich in deiner Schuld«, stellte Adrian fest. »Ich verstehe. Dann sag mir doch bitte mal« - er warf ihr einen kurzen Blick zu, als sie anhalten mussten, um auf die Straße abzubiegen, die zum Flughafen führte - »was genau du wissen willst.«
»Was ist mit diesem Geld geschehen? Nicht mit dem, das er für das alles ausgegeben hat, was er dann Ruth überschrieben hat, sondern mit dem Geld, das er für sich behielt, denn er hat garantiert einen Haufen Geld für sich behalten. Von den paar Kröten, die er von Ruth bekam, hätte er sich seine Affären nicht leisten können und schon gar nicht eine teure Geliebte wie Anaïs Abbott. Sie ist viel zu streng, sie hätte ihm seine Mätressen bestimmt nicht finanziert. Also, was, in Gottes Namen, ist aus seinem Geld geworden? Entweder er hat es dir gegeben, oder es ist irgendwo versteckt. Ich kann nur entscheiden, ob ich die Sache weiterverfolgen soll, wenn du mir die Wahrheit sagst. Hat er dir Geld gegeben?«
»Lass es einfach gut sein«, sagte er kurz. Sie näherten sich dem Flughafen, über dem eben eine
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