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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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machten sie nervös. »Was denn?«, fragte sie. »Dass die Person, die das Paket nach Guernsey gebracht hat, nicht wusste -«
    »- es nicht vorzeitig öffnete«, unterbrach er sie. »Aber das heißt nicht, dass sie nicht wusste, was es enthielt, Deborah.« »Wie kannst du das mit solcher Sicherheit sagen?« Ihr war elend. Ihre innere Stimme und alle ihre Instinkte riefen Nein.
    »Weil es in dem Dolmen lag. Guy Brouard ist wegen dieses Gemäldes getötet worden, Deborah. Das ist das einzige Motiv, das alles erklärt.«
    »Das ist zu bequem«, widersprach sie. »Es ist genau das, was wir glauben sollen. Nein«, wehrte sie ab, als er sprechen wollte, »hör mir zu, Simon. Du sagst, sie wussten vorher, was in der Röhre war.«
    »Ich sage, dass einer von ihnen es wusste, nicht beide.«
    »Gut. Einer. Aber wenn das zutrifft - wenn es ihnen darum ging -«
    »Ihm! Ich sage, ihm ging es darum«, warf ihr Mann ruhig ein.
    »Ja. In Ordnung. Aber du siehst das sehr eng. Wenn er -«
    »Cherokee River, Deborah.«
    »Ja. Cherokee. Wenn es ihm um den Besitz des Gemäldes ging, wenn er wusste, was die Röhre enthielt, warum hat er es erst hierher, nach Guernsey, gebracht? Warum ist er nicht einfach damit verschwunden? Es ergibt doch keinen Sinn, dass er es erst hierher transportiert und dann gestohlen haben soll. Es gibt eine ganz andere Erklärung.«
    »Und die wäre?«
    »Ich glaube, du kennst sie. Guy Brouard machte das Paket auf und zeigte das Gemälde irgendjemandem. Und diese Person hat ihn umgebracht.«
    Adrian fuhr viel zu schnell und viel zu nahe an der Straßenmitte. Er überholte alles, was ihm in den Weg kam, und bremste nicht ein einziges Mal. Kurz, er wollte sie mit seiner Fahrweise reizen, aber Margaret dachte nicht daran, sich provozieren zu lassen. Was ihr Sohn da trieb, war allzu plump. Er hoffte, sie würde ihm befehlen, anders zu fahren, damit er dann im gleichen Stil weiterfahren und ihr so ein für alle Mal demonstrieren konnte, dass sie ihm nichts zu sagen hatte. So etwas erwartete man vielleicht von einem Zehnjährigen, aber nicht von einem erwachsenen Mann.
    Adrian hatte sie schon wütend genug gemacht. Sie brauchte ihre ganze Selbstbeherrschung, um nicht auf ihn loszugehen. Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass sie von ihm nichts mehr erfahren würde. Er meinte, wenn er ihr jetzt noch irgendeine von ihr gewünschte Auskunft gäbe, würde das bedeuten, sie hätte gewonnen. Sie hatte allerdings keine Ahnung, was. Sie hatte sich für ihren ältesten Sohn nie etwas anderes gewünscht als ein normales Leben mit Erfolg im Beruf, einer Frau und Kindern.
    War das zu viel erwartet? Margaret fand das nicht. Aber die letzten Tage hatten ihr gezeigt, dass jeder ihrer Versuche, Adrian den Weg zu ebnen, jedes Eingreifen, um ihm zu helfen, alle Entschuldigungen, die sie stets für ihn und sein Verhalten gefunden hatte, dass das alles Verschwendung gewesen war; Perlen vor die Säue geworfen.
    Nun gut, sagte sie sich. Dann ist es eben so. Aber sie würde nicht aus Guernsey verschwinden, bevor sie ihm nicht in einem Punkt die Meinung gesagt hatte. Ausflüchte - gut und schön. Die konnte man eventuell sogar als ein erfreuliches Zeichen lange verspäteten Erwachsenwerdens betrachten. Aber Lügen - nein, die waren absolut inakzeptabel. Denn Lügen waren etwas für die unheilbar Charakterschwachen.
    Ihr war jetzt klar, dass Adrian sie wahrscheinlich sein Leben lang belogen hatte, direkt und indirekt. Aber sie war so sehr von ihrem Bestreben erfüllt gewesen, ihn dem verderblichen Einfluss seines Vaters fern zu halten, dass sie, wenn irgendetwas vorgefallen war, stets ohne Frage seine Version der Dinge geglaubt hatte: Ob es um den angeblichen Unfall seines jungen Hundes ging, der am Abend vor ihrer zweiten Hochzeit ertrunken war, oder um den Grund seiner Trennung von Carmel Fitzgerald.
    Margaret zweifelte nicht daran, dass er sie auch weiterhin belog. Und diese International-Access-Geschichte war ja wohl die dickste Lüge, die er ihr je aufgetischt hatte.
    »Er hat dir doch das Geld geschickt, stimmt's?«, sagte sie. »Schon vor Monaten. Mich würde interessieren, wofür du es ausgegeben hast.«
    Adrian entgegnete: »Wovon redest du?« Sein Ton war gleichgültig. Nein, gelangweilt.
    »Hast du es verwettet? Oder verspielt? Bei irgendwelchen hirnverbrannten Börsengeschäften verloren? Ich weiß, dass es die Firma International Access nicht gibt, denn du hast ja seit mehr als einem Jahr das Haus nicht mehr verlassen, außer

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