12 - Wer die Wahrheit sucht
Computer, der frei war, und sagte zu der Frau am Faxgerät: »Penelope, dieser Herr hier wird mal kurz Ihren Computer benutzen.« Danach zog er sich mit einem »Wir freuen uns, Ihnen behilflich sein zu können« und einem falschen Lächeln zurück, und St. James setzte sich ohne weitere Umstände vor den Computer und ging ins Internet.
Er begann mit der International Herald Tribüne. Auf deren Webseite entdeckte er jedoch, dass auf Artikel, die über zwei Wochen alt waren, nur über die Seite zugegriffen werden konnte, auf der die Story ursprünglich erschienen war. In Anbetracht des Gegenstands seiner Suche und der begrenzten Bandbreite der Berichterstattung der Zeitung wunderte ihn das nicht. Als Nächstes versuchte er sein Glück bei USA Today, bei der sich die Nachrichten allerdings beinahe ausschließlich auf die großen Storys beschränkten: Regierungskrisen, internationale Zwischenfälle, sensationelle Morde, Aufsehen erregende Heldentaten.
Er wandte sich der New York Times zu und gab zuerst Pieter de Hooch ein und dann, als das nichts brachte, Heilige Barbara. Aber auch dabei kam nichts Brauchbares heraus, und er begann, an der Theorie zu zweifeln, die er entwickelt hatte, nachdem er von der Firma Vallera & Sohn in Jackson Heights, New York, und ihren Geschäften gehört hatte.
Als einzige Möglichkeit blieb, soweit er sehen konnte, eine Suche bei der Los Angeles Times. Er klickte also die Webseite der Zeitung an und begann, das Archiv durchzusehen. Wie zuvor gab er die Zeitspanne ein, um die es ihm ging - die letzten zwölf Monate -, sowie den Namen Pieter de Hooch. Es dauerte keine fünf Sekunden, da erschien auf dem Bildschirm eine Liste relevanter Artikel, fünf davon auf einer Seite mit einem Hinweis, dass mehr folgte.
Er entschied sich für den ersten Artikel und wartete, während der Computer ihn herunterlud. Als Erstes zeigte sich auf dem Bildschirm die Überschrift: Ein Vater, der nie vergessen hat.
St. James überflog den Artikel. Einzelne Wendungen sprangen ihm ins Auge, als wären sie in fetter Schrift gedruckt. Als er auf die Worte Teilnehmer des Zweiten Weltkriegs stieß, las er langsamer. In dem Artikel ging es um eine vor Jahren vorgenommene dreifache Organtransplantation - Herz, Lunge und Nieren -, eine bis zu diesem Zeitpunkt nie gewagte Operation, die am St. Clare's Hospital in Santa Ana, Kalifornien, durchgeführt worden war. Der Organempfänger war ein fünfzehnjähriger Junge namens Jerry Ferguson gewesen. Sein Vater Stuart war der zuvor erwähnte Kriegsteilnehmer.
Der Autovertreter Stuart Ferguson hatte offenbar den Rest seiner Tage nach einem Weg gesucht, dem Krankenhaus Dank dafür abzustatten, dass die Ärzte und Schwestern das Leben seines Sohnes gerettet hatten. Das St. Clare's, eine wohltätige Einrichtung, deren Grundsatz es war, niemanden abzuweisen, hatte auf die Bezahlung der Kosten, die sich auf weit über zweihunderttausend Dollar beliefen, verzichtet. Ein Autovertreter mit vier Kindern konnte nicht hoffen, jemals so viel Geld zusammenzubringen, darum hatte Stuart Ferguson nach seinem Tod dem St.-Clare's-Krankenhaus das einzige Stück aus seinem bescheidenen Besitz hinterlassen, das möglicherweise einen gewissen Wert besaß: ein Gemälde.
»Wir hatten keine Ahnung...«, wurde seine Witwe zitiert. »Stu hat bestimmt nicht gewusst... Er hat es aus dem Krieg mitgebracht... Ein Andenken... Mehr weiß ich nicht darüber.«
»Ich dachte, es wäre nur irgendein altes Bild«, erklärte Jerry Ferguson, nachdem das Gemälde von Fachleuten des Getty Museums begutachtet und geschätzt worden war. »Es hing bei meinen Eltern im Schlafzimmer. Ich hab's nie besonders beachtet, wissen Sie.«
So waren die entzückten Barmherzigen Schwestern, die das St.-Clare's-Krankenhaus mit äußerst dürftigen Mitteln betrieben und die meiste Zeit damit zubrachten, Spenden zu sammeln, um es in Betrieb zu halten, unversehens in den Besitz eines Kunstwerks von unschätzbarem Wert gekommen. Eine Fotografie, die den Artikel begleitete, zeigte den erwachsenen Jerry Ferguson und seine Mutter bei der Übergabe von Pieter de Hoochs Gemälde der Heiligen Barbara an eine säuerlich dreinschauende Schwester Monica Casey, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnte, was ihr da in die gottesfürchtigen Hände gelegt worden war.
Als Mrs. Ferguson und ihr Sohn später gefragt wurden, ob sie es bedauerten, sich von einem so wertvollen Stück getrennt zu haben, sagten sie: »Wir waren platt, als wir hörten, was
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