12 - Wer die Wahrheit sucht
jemandem im Hintergrund zugerufen: »Dad! Hey! Ich hab hier gerade einen Anruf aus Schottland! Irre, was?«, nachdem Lynley sich vorgestellt hatte, er war auch ausgesprochen redselig gewesen, als Lynley sich nach der Art der Geschäfte erkundigte, denen die Firma Vallera & Sohn nachging.
Mit einem Akzent, der des Paten würdig gewesen wäre, hatte der Mann, der sich nach eigenen Angaben Chiz Vallera nannte, Lynley auseinander gesetzt, dass das Hauptgeschäft der Firma darin bestand, Gehaltsschecks einzulösen, Kredite zu gewähren und Geld »in der ganzen Welt rumzuschicken, je nachdem, wo Sie's haben wollen. Warum? Wollen Sie Kohle hier herüberschicken? Das können wir für Sie erledigen. Wir können jede Währung in Dollar umwechseln. Mit was zahlen Sie da drüben in Schottland eigentlich? Haben Sie Francs? Kronen? Oder haben Sie den Euro? Ganz egal, wir machen alles. Kostet Sie natürlich eine Kleinigkeit.«
Entgegenkommend bis zum Schluss und offensichtlich ohne einen Funken Verstand, geschweige denn Misstrauen, erklärte er, ihre Firma verschicke Geld in Einzelbeträgen bis zu neuntausendneunhundertneunundneunzig Dollar - »Und Sie können auch noch die neunundneunzig Cents dazu tun, wenn Sie wollen«, sagte er mit einem glucksenden Lachen, »aber das geht vielleicht ein bisschen weit, oder?« - im Auftrag vorsichtiger Kunden, die vermeiden wollten, dass das FBI bei ihnen anklopfte, was es wahrscheinlich tun würde, wenn die Firma Vallera & Sohn telegrafische Überweisungen im Betrag von zehntausend Dollar und mehr meldete, wie »Onkel Sam und die Wichser in Washington« das verlangten. Wenn also jemand eine Summe unter zehntausend Dollar von Schottland in die USA schicken wolle, sei die Firma gern bereit, bei der Transaktion die Rolle des Mittelsmanns zu übernehmen, gegen eine entsprechende Gebühr natürlich. In den USA, Zentrum korrupter Politiker und Lobbyisten, des Wahlbetrugs und des wild gewordenen Kapitalismus, koste alles eine Gebühr.
Was geschehe, wenn der Überweisungsbetrag 9999 Dollar und 99 Cents übersteige, hatte Lynley gefragt.
Oh, dann müsse die Firma den Betrag beim FBI melden.
Und was das FBI dann tue?
Na, da werden die neugierig. Wen man Gotti hieß, wurden sie sofort neugierig. Bei Joe Schmo dauerte es vielleicht ein bisschen länger.
»Es war alles sehr aufschlussreich«, hatte Lynley am Schluss seines Berichts zu St. James gesagt. »Mr. Vallera hätte wahrscheinlich noch endlos weitererzählt, weil er es so aufregend fand, aus Schottland angerufen zu werden.«
St. James lachte. »Und warum hat er es nicht getan?«
»Weil plötzlich Mr. Vallera senior auf der Bildfläche erschien. Ich vermute jedenfalls, dass er es war. Es gab etwas böses Blut im Hintergrund, und gleich darauf wurde aufgelegt.«
»Du hast dir was verdient, Tommy«, sagte St. James.
»Hoffentlich nicht von Mr. Vallera senior.«
In seinem Hotelzimmer überlegte St. James, wie er weiter verfahren sollte. Wenn er nicht diese oder jene US-Behörde einschalten wollte, musste er versuchen, sich irgendwie zusätzliche Informationen zu beschaffen, um dann mit ihrer Hilfe Brouards Mörder in die Enge zu treiben. Er erwog verschiedene Möglichkeiten, die Sache anzupacken, und ging, nachdem er einen Entschluss gefasst hatte, ins Foyer hinunter.
Dort erkundigte er sich, ob er den Computer des Hotels benutzen könne. Die Rezeptionistin, die ihn immer noch nicht mochte, war von dem Anliegen nicht begeistert. Sie zog eine Schnute und teilte ihm mit, da müsse sie erst mit Mr. Alyar sprechen, dem Direktor. »Im Allgemeinen können wir unseren Gästen den Zugang nicht... Die meisten Leute haben ihren eigenen Computer dabei. Haben Sie keinen Laptop?« Na, dann wird's aber Zeit, sagte ihre Miene, bevor sie ging, um Mr. Alyar zu holen.
St. James wanderte beinahe zehn Minuten im Foyer auf und ab, ehe ein kleiner Dicker im Zweireiher auf ihn zukam, sich als Felix Alyar vorstellte, und fragte, wie er ihm behilflich sein könne.
St. James erklärte sein Anliegen etwas genauer. Er reichte dem Mann seine Visitenkarte und bezog sich auf Le Gallez, um seinen Nachforschungen einen möglichst amtlichen Anstrich zu verleihen.
Weit höflicher als seine Rezeptionistin erklärte Mr. Alyar sich bereit, ihm einen der Hotelcomputer zur Benutzung zu überlassen, und führte ihn in ein Büro hinter dem Empfang. Dort saßen zwei Angestellte an Computern und eine Dritte fütterte ein Faxgerät mit Papieren.
Felix Alyar wies St. James zu dem
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