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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Mann!« Und dann zu Deborah: »Ich werde mich später mit Ihnen befassen, Madam.«
    Er drehte sich herum und marschierte zur Deckung zurück. Daraus schloss St. James, dass er sich mit Deborahs Bleiben abgefunden hatte. Es gefiel ihm nicht, aber er wusste, dass es keinen Sinn hatte, den Streit mit seiner Frau fortzusetzen. Auch er würde sich später mit der Situation befassen.

30
    Sie hatten sich ein Versteck angelegt, ein Rechteck niedergetrampelter Vegetation, in dem schon zwei andere Polizisten auf der Lauer lagen, wie Deborah sah. Es war offenbar noch ein dritter da gewesen, aber der war aus irgendeinem Grund zum anderen Rand der Koppel hinübergegangen. Sie verstand nicht, was das sollte, denn es gab hier nur einen Weg hinein und hinaus: den Trampelpfad durch die Wildnis.
    Wie viele Polizisten sonst noch auf dem Gelände waren, wusste sie nicht, und es interessierte sie auch nicht sonderlich. Sie versuchte immer noch, damit fertig zu werden, dass ihr Mann sie zum ersten Mal in ihrer Ehe bewusst und vorsätzlich belogen hatte. Zumindest glaubte sie, dass es das erste Mal war, wenn sie auch zugeben musste, dass so, wie die Dinge standen, alles möglich war. Ihre Gefühle wechselten zwischen Zorn und Rachegelüsten, und sie überlegte sich, was sie ihm sagen würde, wenn die Polizei ihre Arbeit erledigt hatte, wie auch immer die aussehen mochte.
    Gnadenlose Kälte überfiel die Wartenden. Von der Bucht heraufziehend, breitete sie sich über der Koppel aus und erreichte sie kurz vor Mitternacht. So jedenfalls schien es Deborah. Niemand wollte es riskieren, Licht zu machen, um auf die Uhr zu sehen.
    Sie warteten in tiefer Stille. Minuten verstrichen und wurden zu Stunden, ohne dass etwas geschah. Ab und zu ließ ein Rascheln im Gebüsch die kleine Gruppe aufhorchen. Aber wenn dann nichts mehr folgte als weiteres Rascheln, schrieben sie das Geräusch irgendeinem Tier zu, in dessen Revier sie eingedrungen waren. Vielleicht war es eine Ratte gewesen. Oder eine neugierige Wildkatze, die sich die Eindringlinge näher ansehen wollte.
    Deborah hatte den Eindruck, es müsste bald Tag werden, als Le Gallez endlich leise sagte: »Er kommt.« Sie hätte es wahrscheinlich überhört, wenn nicht eine spürbare Veränderung durch die Truppe gegangen wäre.
    Dann hörte sie es: das Knirschen von Steinen auf der Koppelmauer, gefolgt vom Knacken eines Ästchens auf dem Boden, als sich in der Finsternis jemand dem Dolmen näherte. Kein Licht erhellte den Weg, der demjenigen offenbar bekannt war. Nur ein Augenblick verging, bevor eine Gestalt, ganz in Schwarz wie eine Todesfee, auf den Pfad huschte, der um den Dolmen herumführte.
    An der Tür richtete die schwarze Gestalt kurz ein Licht auf das Zahlenschloss. Aus dem Dickicht jedoch konnte Deborah nur den Rand einer kleinen Lichtpfütze erkennen, deren Schimmer die schwarze Rundung eines gebeugten Rückens vor der Tür zum Dolmen umriss.
    Sie erwartete, dass die Polizei jetzt zuschlagen würde. Aber niemand rührte sich. Niemand, so schien es, wagte auch nur zu atmen, als die Gestalt am Dolmen das Vorhängeschloss abnahm und in gebückter Haltung in das uralte Bauwerk eindrang.
    Die Tür blieb halb offen. Einen Moment nur, dann fiel von drinnen schwacher Lichtschein nach draußen, der flackernde Glanz einer Kerze, wie Deborah wusste. Er wurde heller, als eine zweite Kerze entzündet wurde. Doch hinter der Tür war nichts zu erkennen, und die dicken Mauern aus Steinen und aufgeschütteter Erde verschluckten jedes Geräusch, das drinnen vielleicht laut wurde.
    Deborah konnte nicht verstehen, warum die Polizei untätig blieb. Zu Simon gewandt flüsterte sie: »Was...?«
    Er drückte ihren Arm. Sie konnte sein Gesicht nicht erkennen, aber sie hatte den Eindruck, dass alle seine Sinne auf die Tür des Dolmen konzentriert waren.
    Drei Minuten verstrichen, nicht mehr, dann erloschen plötzlich die Kerzen im Inneren des Dolmen. An ihre Stelle trat der ruhige Lichtstrahl der Taschenlampe und näherte sich von innen der Tür, als Le Gallez murmelte: »Ganz ruhig jetzt, Saumarez. Warten Sie. Ruhig Blut. Ganz ruhig, Mann.«
    Die Gestalt trat ins Freie hinaus, und als sie sich aufrichtete, sagte Le Gallez: »Jetzt!« In ihrem engen kleinen Versteck sprang der angesprochene Beamte auf und schaltete im selben Augenblick eine Taschenlampe ein, deren Licht so stark war, dass es Deborah ebenso blendete wie China River, die im grellen Strahl und in Le Gallez' Falle gefangen war.
    »Bleiben Sie, wo Sie

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