120 - Der Fluch der stählernen Hände
schwarz gekleideter Fremder - schwarzer Hut, schwarze Brille. Wie ein Blinder, Aber Tom Clipton war sicher, daß dieser Kerl nicht blind war.
Der Unbekannte hatte eine unheimliche Ausstrahlung. Tom Clipton schauderte. Er nahm sich zusammen, versuchte sich nicht anmerken zu lassen, daß der Mann ihn völlig aus der Fassung gebracht hatte.
»Was haben Sie in meinem Haus zu suchen?« herrschte er den Fremden an.
»Wo ist Isabel?« fragte der Mann knurrend.
»Sie ist nicht da. Wer sind Sie?«
»Heathcote McShane.«
»Woher kennen Sie meine Tochter?«
»Sie hat mich mal bedient. Ich war von ihr beeindruckt«, sagte der Mörder.
»Sie hat Ihren Namen nie erwähnt.«
»Ich habe ihn ihr nicht genannt«, gab Heathcote McShane zurück. Bis jetzt hatte er seine Hände in den tiefen Taschen seines weiten Mantels verborgen.
Nun zog er sie hervor. Tom Clipton hielt diese gefährlichen Mörderhände für Prothesen. Ganz kurz regte sich Mitleid für den sonderbaren Mann in ihm.
»Wann kommt Isabel nach Hause?« wollte McShane wissen.
»Bald«, antwortete Tom Clipton, doch dann biß er sich auf die Unterlippe. Vielleicht hätte er das nicht sagen sollen. Dieser Mann schien nichts Gutes im Schilde zu führen.
Clipton forderte den Hexer auf zu gehen. Heathcote McShane bleckte die Zähne, »Ich bleibe«, sagte er entschieden, »und warte auf Isabel.«
»Da fällt mir ein, sie wollte noch bei einer Freundin vorbeischauen. Das kann unter Umständen lange dauern. Vielleicht kommt sie erst morgen heim.«
»Ich habe Zeit«, sagte McShane und näherte sich langsam dem Mann.
»Was… was haben Sie vor?« stammelte Clipton.
Heathcote McShane ging weiter, ohne zu antworten.
»Bleiben Sie stehen! Kommen Sie nicht näher!« krächzte Tom Clipton.
Da schnellte der Hexer vor, seine Stahlhände trafen den Mann, und Clipton brach jäh zusammen.
***
»Ich hol’ dich um zwanzig Uhr ab, okay?« sagte Dean zu Isabel und ließ den Wagen vor dem kleinen Haus der Cliptons ausrollen. »Grüß deinen Vater von mir und sag ihm, er soll Ben Beamer noch heute anrufen. Seine Privatnummer steht im Telefonbuch.«
»Das ist ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk für Dad. Wie kann ich dir dafür danken?«
»Oh, mach mir einfach einen Heiratsantrag. Vielleicht sag’ ich ja.«
»Ich bin noch nicht soweit. Ich habe noch zu viele andere Dinge im Kopf«, sagte Isabel. »Aber wenn ich mal den Wunsch haben sollte, eine Familie zu gründen, kommst du in die engere Wahl.«
»Damit gebe ich mich fürs erste zufrieden«, sagte Jeffrey Dean schmunzelnd.
»Dann bis Samstag«, sagte Isabel und stieg aus. Nachdem sie die Tür zugeworfen hatte, fuhr Dean weiter.
Nie hätte er sich träumen lassen, daß er sie zum letzten Mal lebend gesehen hatte.
Denn in ihrem Haus wartete Heathcote McShane auf sie - der eiskalte Mörder, das grauenvolle Ende!
Sie schloß die Haustür auf und rief: »Ich bin wieder da, Dad.«
Normalerweise sagte ihr Vater etwas darauf. Es beunruhigte Isabel, daß er diesmal nicht reagierte.
»Dad?«
Stille im Haus, Aber es brannte Licht, also mußte er da sein. Er verließ das Haus nie, ohne sämtliche Lichter zu löschen. Er war sehr sparsam.
»Dad, ich habe eine Super-Nachricht für dich!«
Isabel zog ihren selbstgestrickten Pullover aus und warf ihn auf die Kommode in der Diele. Dann begab sie sich in die Küche. Ihr fiel sofort der Radiowecker und das Werkzeug auf.
Er hat das Gerät repariert, dachte sie erfreut. Sie probierte es aus. Es funktionierte wieder einwandfrei. Manchmal beneidete sie ihren Vater um seine geschickten Hände.
Sie war sicher, daß Ben Beamer ihn nehmen würde. Weil Jeffrey Dean mit ihm gesprochen hatte. Jeff konnte sehr hartnäckig sein. Wenn er sich für jemanden einsetzte, geschah es immer mit Erfolg.
Hoffentlich hat er nicht wieder getrunken, dachte Isabel, während sie aus der Küche trat. Sie blieb vor der Treppe stehen, die nach oben führte, legte die Hand auf das Geländer und rief: »Bist du in deinem Schlafzimmer, Dad?«
Allmählich fing sie an, sich Sorgen zu machen. Sie stieg die Stufen hinauf und klopfte an ihres Vaters Tür. Jetzt erwartete sie schon nicht mehr, daß er antwortete.
Sie erlaubte sich, einen Blick in das Zimmer zu werfen. Vielleicht brauchte ihr Vater Hilfe. Ihm konnte schlecht geworden sein… Ein Gedanke ging ihr plötzlich durch den Kopf, der sie zutiefst erschreckte.
In der Vorweihnachtszeit sind die Menschen feinfühliger, sie nehmen sich alles mehr zu Herzen.
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