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120, rue de la Gare

120, rue de la Gare

Titel: 120, rue de la Gare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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können wir wohl ausschließen“, meinte er. „Soviel ich weiß, hatte er keine... so gefährliche... Liaison.“
    „Und eine weniger gefährliche?“
    „Auch nicht. Und was die Politik angeht... Ich glaube, da folgte er meinem Beispiel: Er kümmerte sich nicht darum.“
    „Das glaub ich auch. Politik hat ihm nie schlaflose Nächte bereitet. Ich wüßte nicht, warum der Krieg und seine Folgen etwas daran geändert haben sollten.“
    „Also dann berufliche Rache?“
    „Das meint jedenfalls Kommissar Bernier. Er hat bereits den ehemaligen Komplizen eines Bankräubers ausgegraben, den Bob und ich ins Gefängnis gebracht haben. Ich weiß nicht, ob das die richtige Spur ist...“
    „War der Gangster denn so gefährlich?“
    „Nicht grade ‘n braves Mädchen. Aber um einen Kerl wie Colomer zu hetzen... Offen gesagt, Montbrison, hatten Sie den Eindruck, daß Bob der Arsch so richtig auf Grundeis ging?“ Der Anwalt grinste.
    „Das vielleicht nicht, aber Angst hatte er schon. Nun ja, er hat sich nicht gleich unterm Schrank verkrochen... Und Sie, als Sie ihn auf dem Bahnsteig gesehen haben?“
    „Ich hab nichts Besonderes an ihm bemerkt.“
    „Was hat er zu Ihnen gesagt?“
    „Nichts. Hatte keine Zeit mehr dazu. Der Zug fuhr los, er sprang aufs Trittbrett und fiel sofort zurück.“
    „Und nichts in seinem Gesicht drückte so was wie Furcht aus?“ fragte der Anwalt nachdenklich.
    „Nein, nichts!“
    „Entschuldigen Sie, aber dann möchte ich wieder auf meine Rauschgiftthese zurückkommen. Angenommen, Colomer mußte aus irgendeinem Grund Lyon so schnell wie möglich verlassen. Er kommt zu mir, um sein Geld zu holen. Seine außergewöhnliche Nervosität, seine Verwirrung, die ich für den Ausdruck von Angst halte, steht vielleicht in keinem Zusammenhang mit der Abreise, sondern rührt lediglich daher, daß er lange kein Rauschgift genommen hatte. Die bekannten Entzugserscheinungen. Nach dem Besuch bei mir kann er sich seine Ration besorgen. Als Sie ihm drei Stunden später auf dem Bahnhof von Perrache begegnen, ist er frisch und munter. Was halten Sie von der These?“
    „Klingt plausibel... bis auf die Tatsache, daß Colomer vor dem Krieg nicht süchtig war. Natürlich kann sich das geändert haben... Sie haben ihn doch in letzter Zeit häufiger getroffen. Sah er aus wie ein Rauschgiftsüchtiger?“
    „Wie gesagt, ich bin kein Arzt. Nur die Autopsie kann uns Aufschluß darüber geben. Kennen Sie das Resultat, Burma?“
    „Nein. Bernier hat kein Wort darüber verloren. Das könnte zwei Gründe haben: Entweder gibt es nichts... oder sehr viel zu sagen. Dieser verdammte Kommissar mit seiner Offenheit...“
    Montbrison lachte und zündete sich die nächste Zigarette an.
    „Hat er Ihnen von Antoine Chevry und Edmond Lolhé erzählt?“ fragte er dann.
    „Was sind das denn für zwei?“ fragte ich zurück.
    „Freunde von Colomer... oder besser gesagt, Bekannte. Oh, nichts von Bedeutung! Hab sie nur in meiner Aussage erwähnt.“
    „Nein, er hat die Namen nicht genannt. Aber Sie müssen ihn nicht unbedingt kopieren. Ich vermute, Sie hatten oft genug Kontakt mit Bob, um mir einiges über sein Privatleben erzählen zu können?“
    „Bestimmt. Obwohl es da nicht viel zu erzählen gibt. Sie wissen besser als jeder andere, wie reserviert Ihr Mitarbeiter war... Um ehrlich zu sein, ich glaube, daß er außer mir keine Bekannten hatte. Nur diese beiden jungen Männer, die ich ihm vorgestellt habe. Das hinterlegte Geld nämlich sollte dazu dienen, eine Auskunftei zu gründen... was allerdings nicht über das Projektstadium hinausgekommen ist. Chevry und Lolhé wären als mögliche Mitarbeiter in Frage gekommen.“
    „Ach!“
    Ich notierte mir die beiden Namen und sah den Anwalt fragend an. Er schüttelte bedauernd den Kopf.
    „Ihre Adressen kenne ich nicht. Lolhé ist nach Marokko gefahren. Von ihm hab ich nur eine Karte aus Marseille bekommen. Chevry ist nach den sieben mageren Jahren hin zu seinen Eltern zurückgekehrt, um ein paar fettere Jahre zu genießen. Irgendwo an der Küste. Weiß der Teufel, in welchem Nest er jetzt hockt.“
    „Wenn Ihnen eines Tages zu den beiden Namen Städte und Straßen einfallen, denken Sie bitte an mich.“
    „Natürlich. Aber so bald wird das nicht sein, und außerdem bezweifle ich sehr, daß Ihnen das weiterhilft. Colomer kannte die beiden durch mich, das heißt, sie kannten ihn noch weniger als ich.“
    „Sucht Bernier nach ihnen?“
    „Bestimmt. Das gehört doch zur

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