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120, rue de la Gare

120, rue de la Gare

Titel: 120, rue de la Gare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Hospital, obwohl ich einen Erlaubnisschein hatte, der mich berechtigte, außerhalb zu schlafen.
    „Gut, dann bring ich Sie ins Hospital“, beharrte Montbrison.
    „Und ich... auch“, lallte Covet. „Der Spaziergang wird uns guttun.“
    Vor dem Gebäude mit dem roten Kreuz verabschiedeten wir uns.
    Der schrullige Pförtner schnauzte mich an. Er behauptete, ich dürfe keine Zivilkleidung tragen. Meinen nächsten Erlaubnisschein könne ich in den Mond schreiben. Da ich in der Lage war, über die Mauer zu klettern, begnügte ich mich mit einem unverschämten Grinsen.
    Auf meinem Bett fand ich einen Brief und meinen Koffer. Edouard war jetzt in Castelnaudary. Auf vier langen Seiten teilte er mir mit, daß er wohlauf sei, dasselbe von mir hoffe und mir alles Gute wünsche.
    Ich öffnete den Koffer.
    Man hatte mir zwei Päckchen Tabak, ein Paar Socken sowie eine Unterhose geklaut. Das hatte ich vorausgeahnt und im Lager ein Geheimfach eingerichtet, das unberührt geblieben war. Mit unsicherer Hand zog ich das heraus, weshalb ich unbedingt meinen Koffer wiederhaben wollte: das Foto und die Fingerabdrücke des Mannes ohne Gedächtnis aus dem Lager.
    Ich steckte die beiden Dokumente ein. Dann wickelte ich mich in die kalten Laken, zündete mir eine Pfeife an und versuchte — ohne Erfolg! — nachzudenken.

Falsche Adresse

    Nach einer Weile bemerkte ich, daß sich das Bett nebenan bewegte. Unter ihm kam Greta Garbo hervorgekrochen. Sie kam zu mir, wollte mir etwas sagen. Plötzlich blieb sie stehen und sah zur Tür. Die öffnete sich, und herein trat die Frau in dem Trenchcoat, immer noch die Automatic in der Hand. Ich sprang aus dem Bett, stürzte mich auf die Frau und entwaffnete sie. Wurde auch höchste Zeit. Aus dem Bett Nr. 120, das tags zuvor noch nicht belegt gewesen war, stieg ein vollständig angezogener Mann. In der Hand hielt er ein Juwelierköfferchen. Es war Jo Tour Eiffel. Von meiner Pistole bedroht, öffnete er das Köffer-chen und zog eine prächtige Perlenkette heraus, die er dem schwedischen Filmstar um den Hals legte. Die nette Geste nützte ihm nichts. Ich schoß. Fluchend fiel der Gangster zu Boden und... verwandelte sich in Bob Colomer. Inzwischen war ein Schwarm Journalisten in den Saal gestürzt. Wir befanden uns nicht mehr in einem Krankenhaussaal, sondern in einem Restaurant. Ich erkannte Marc Covet und Arthur Berger, beide offensichtlich besoffen. Ich wollte auf sie zugehen, doch Kommissar Bernier hinderte mich daran. Man darf nicht alles in einen Topf werfen, sagte er. In Zukunft werden die Berufe streng voneinander getrennt, Journalisten auf die eine Seite, Privatdetektive auf die andere. Dann nannte er mich laut einen Idioten.
    „Sie werden wohl keine Ausgangserlaubnis mehr bekommen“, flüsterte mir die Krankenschwester zu. „Sie sind ja ganz aufgeregt. Trinken Sie den Tee, der wird Ihnen gut tun…“
    Ich schlug die Augen auf. Düsteres Tageslicht drang in den Saal, der sich wieder in einen Krankensaal verwandelt hatte. Meine Pfeife lag auf dem Boden, das Laken war mit Asche verdreckt. In meinem Kopf jammerte ein ausgewachsener Kater. Widerspruchslos trank ich den Tee.

    * * *

    Ich rasierte mich. Die Duschen funktionierten. Jetzt ging’s mir schon viel besser. Da ich vom Büro keine Ausgangserlaubnis zu erwarten hatte, schlich ich mich in den Küchentrakt. Ein paar Minuten später war ich draußen.
    In einem nahegelegenen Bistro schnappte ich mir das Telefonbuch und schrieb mir fünf Namen raus.
    Für Besuche war es noch zu früh. Also schlug ich die Zeit pfeiferauchend am Rhôneufer tot. Es war kalt, aber erträglich. Als es zehn Uhr schlug, machte ich mich an die Arbeit.
    Zuerst besuchte ich einen gewissen Pascal in der Rue de Créqui. Er wohnte auf einem dunklen Hinterhof. Der Kerl, der die Tür öffnete, nannte sich „Sekretär“, sah aber eher aus wie ein Gorilla. Trotz der allgemeinen Schulpflicht kam mir der Verdacht, daß er weder lesen noch schreiben konnte. Er erzählte mir was von einem Termin. So wie er das aussprach (zusammen mit seinem Aussehen), war mir sofort klar, um welche Art von Detektei es sich hier handelte. Ich ließ es dabei bewenden und erklärte, ich wolle später anrufen. Monsieur Pascal war wohl hauptsächlich mit Erpressungen beschäftigt. So was fiel nicht in meinen Bereich. Deshalb strich ich den Namen von meiner Liste.
    Dann suchte ich noch drei sogenannte Privatdetektive auf, die mir auch nicht besser gefielen. Der eine sah zu gerissen aus, der

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