1209 - Die grauen Lords
erschien ihm widersinnig, während eines solchen Unternehmens selbst zum Verbraucher von Vitalenergie zu werden. Krrrzssl gelangte in Teile der Kavernenwelt, die er nur aus Berichten und Übersichten kannte. Öfter als erwartet begegnete er Gruppen von Mutanten. Er war überrascht über die Vielfalt der Arten, die eine auf Änderung bedachte Natur aus seinem Volk bisher erschaffen hatte. Da waren nicht nur die hochgewachsenen Wesen mit den weißen Schimmelflecken auf der Rinde des Stammes, es gab auch ungeheuer bewegliche Büsche, deren Äste mit Dornen besetzt waren, die sie als Waffen verschießen konnten, und kugelförmige Gewächse, die die Nähe des Wassers liebten. Wasser war etwas, das man in der Unterwel1 bisher kaum gekannt hatte. Jetzt. seit die etablierte Ordnung zusammengebrochen war, kam es überall zum Vorschein. Es entstanden unterirdische Flüsse und Seen, und wo immer Wasser in der Nähe war, siedelten sich zwei Sorten von Pflanzen an: ein primitives schwarzes Moos, das, wie Krrrzssl sich vergewisserte, von bedeutendem Nährwert war, und eine grüne Kletterpflanze, die, solange es ihr nicht an Nahrung mangelte, ein phosphoreszierendes Leuchten von sich gab. Er fragte sich, woher die' beiden Gewächse gekommen sein mochten. Es gab in Starsen nichts, was nicht bewusst und mit Absicht von außen hereingebracht worden war. Wer hatte das. schwarze Moos und die grüne Kletterpflanze eingeführt? Oder waren s4.e ein Geschenk der Natur, die sich der in Not geratenen Bewohner der Unterwelt erbarmte. Das diffuse Leuchten der Felswände erlosch allmählich. Es wurde finster in der Welt der Kavernen - außer dort, wo die Reste der Vitalenergie goldenen Glanz erzeugten. Die Kletterpflanzen schufen Abhilfe. Wo sie wuchsen, waren die Höhlen und Stollen mit einem grünlichen Dämmerlicht erfüllt. Mit dem Moos ließ sich der Hunger stillen. Seit die Graukraft sich wieder in stärkerem Maße rührte, war es für die Chrass gefährlicher geworden, sich auf die übliche Art und Weise zu ernähren. Es war in letzter Zeit des Öfteren zu Zwischenfällen gekommen, bei denen Nahrung aufnehmende Chrass von dem unheimlichen Gegner angegriffen worden waren. Wenn sie lernten, sich von dem schwarzen Moos zu ernähren, gingen sie dieser Gefahr aus dem Wege.
Nach mehr als einem Tiefenjahr gelangte Krrrzssl schließlich in die Gegend, in der sich - wenn seine Unterlagen richtig waren - der Standort des ersten Vitalenergiespeichers befand. Das erste Anzeichen, dass er sich tatsächlich dem Speicher näherte, war ein Leuchten der Felswände in goldenem Glanz. Krrrzssl stellte eine überschlägige Berechnung an und kam, einigermaßen erstaunt, zu dem Schluss, dass der Standort des ersten Speichers nahezu identisch sein müsse mit der Lage eines der beiden Gebäude, die man vor vielen Tiefenjahren erschaffen hatte, um eine Vitalenergiereserve anzulegen. Er fragte sich verwundert, warum ihm dies erst jetzt zum ersten Mal auffalle - und vor allen Dingen, warum ihn der andere Speicher nicht darauf hingewiesen hatte. Immerhin war dies ein wichtiger Zusammenhang.
Er fand sich ohne große Mühe zurecht. Von der Vitalkraft, die in den Felswänden zirkulierte, schien ein Einfluss auszugehen, der ihm die Richtung wies. Es gab einen Vitalenergiegradienten, der in die Gegend höheren Energieflusses zeigte. Ihm brauchte er nur zu folgen, und er fand den Standort des ersten Speichers sozusagen von selbst. Als er die große Halle betrat, in der der Speicher untergebracht war, staunte er. Er hatte erwartet, einen Felsendom von der Art zu finden, in der der andere Speicher stand, mit einigermaßen glatten Wänden, jedoch im übrigen unbearbeitet und in seiner natürlichen Form belassen. Stattdessen sah er sich in einer Halle, deren Wände mit Gussmasse überzogen waren und deren Boden jemand mit großflächigen Platten zu verkleiden sich die Mühe gemacht hatte. Der Ausbau war nicht abgeschlossen. Hier und da lugten noch die nackten Wände, der unverkleidete Boden hervor. Unwillkürlich sah er sich um und suchte nach den Arbeitern, die hier beschäftigt waren. Er kam sich nicht vor wie in einer Kaverne, sondern eher wie im Keller eines großen Gebäudes.
Er sah an dem mächtigen, golden leuchtenden Ei hinauf. „Warum kann ich mich mit dir nicht verständigen?" summte sein Astwerk. „Warum sprichst du nicht zu mir, wie es dein Bruder tut? Und warum nimmst du keinen Kontakt mit ihm auf?" Die Antwort kam aus einer gänz lich unerwarteten Richtung.
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