121 - Das Dorf der lebenden Toten
Mädchen mit den vielen Pickeln auf der Stirn und den strohgelben Zöpfen, stets übersehen.
Sie waren zusammen zur Schule gegangen und nebeneinander aufgewachsen, doch erst an ihrem neunzehnten Geburtstag hatte es zwischen ihnen »gefunkt«. Seitdem waren sie unzertrennlich, und Helen war bereit, alles zu tun damit Paul bei ihr blieb.
Es war nicht nur die Kälte, die Helen frösteln ließ. Wachsendes Unbehagen hatte beim Betreten des Leichenackers von ihr Besitz ergriffen. Sie trug eine dicke Jacke - natürlich schwarz - und schwarze Jeans.
Ihr blondes Haar befand sich unter einer schwarzen, selbstgestrickten Wollmütze. Für ihr gespenstisches Make-up hatte sie sehr viel Zeit verwendet, um »besser« auszusehen als die anderen Mädchen, von denen einige ziemlich scharf auf Paul gewesen wären.
Er hätte nur mal zu zwinkern brauchen, und schon wären sie mit ihm hinter einem Grabstein verschwunden, um ihm alles zu gewähren, wonach ihm der Sinn stand.
Vor allem Natalie Parks, diese Schlange, dieses billige Flittchen, das jeder für eine Cola haben konnte.
Zum Glück stieß Paul ihre aufdringliche Art ab, aber das konnte sich auch mal ändern. Paul brauchte nur mal einen Whisky zuviel getrunken zu haben, dann hatte Natalie die allerbesten Chancen bei ihm.
Aus diesem Grund paßte Helen darauf auf, daß Paul nicht zuviel trank -und wenn er doch mal zuviel erwischte, trachtete sie, stets in seiner Nähe zu sein, damit ihn Natalie Parks, dieses schwarzhaarige Luder, nicht umgarnen konnte.
Helen stellte den Kragen ihrer Jacke hoch. Der Wind war kalt - man schrieb Dezember, aber einen echten Gruftie kann die Kälte nicht davon abhalten, jenen Ort aufzusuchen, an dem er sich am wohlsten fühlt.
Die anderen waren schon da. Sie standen im Windschatten einer alten Gruft, deren Mauern tiefe Risse aufwiesen. Sogar einige dürre, zitternde Grashalme ragten daraus hervor.
Paul Sturges lehnte an einem hohen Grabstein, und Natalie Parks war natürlich bei ihm. Sie himmelte ihn an, hatte sich bei ihm untergehakt und drückte ihren üppigen Busen - damit konnte Helen leider nicht konkurrieren - gegen ihn.
Helen erdolchte Natalie mit ihren Blicken. »Hi«, sagte sie zu ihrem Freund. Und zu Natalie: »Würdest du deine Pfoten von Paul nehmen?«
Natalie lächelte herausfordernd. »Wenn es ihm unangenehm ist, soll er es mir selbst sagen. Aber ich habe nicht den Eindruck, daß ihm meine Nähe nicht behagt.«
»Du verfluchtes Biest, ich werde dir…,«
Helen wollte sich auf Natalie stürzen und sie an den langen schwarzen Haaren reißen, doch Paul ging dazwischen.
»He! He! He! Seid friedlich!«
»Dieses Miststück hat dich nicht anzufassen!« zischte Helen.
»Paul ist nicht dein Eigentum«, konterte Natalie. »Außerdem bin ich die letzte, die ihm eine Verzierung abbrechen würde. Schließlich finde ich ihn so, wie er ist, goldrichtig.«
Die Gruppe hatte zehn Mitglieder -sechs Mädchen, vier Jungs. Natalie war wohl nur deshalb so scharf auf Paul, weil Heien ihn mit keinem Mädchen teilen wollte.
Der »Chef« der Grufties hieß Ralph Adams. Er hatte die Idee zu diesen nächtlichen Treffen gehabt. Anfangs war er damit auf wenig Gegenliebe gestoßen, aber Ralph hatte die Gabe, jeden überreden zu können. Er hätte es sogar fertiggebracht, einem Eskimo einen Kühlschrank anzudrehen.
»He, Paul!« rief er jetzt grinsend. »Fühlst du dich nicht bauchgepinselt, wenn sich zwei Miezen um dich streiten?«
»Als Casanova vom Dienst ist er das doch gewöhnt«, sagte Lee Sarandon, der Paul um sein gutes Aussehen beneidete. Er hätte auch gern soviel Erfolg bei den Mädchen gehabt.
Paul Sturges und Ralph Adams trennten Helen und Natalie, »Klopfen könnt ihr euch woanders, nicht hier«, sagte der Chef der Grufties, Er begab sich zu einem Grabstein, bückte sich und holte dahinter eine Whiskyflasche hervor. Sie war noch original verschlossen. Es knackte, als Adams den Verschluß drehte.
»Zunächst einmal müssen wir etwas gegen die Kälte unternehmen. Trinkt alle einen kräftigen Schluck, Der Whisky wird euch wärmen.«
Er trank zuerst, dann ließ er die Flasche reihum gehen.
Als sie wieder bei ihm war, sagte er grinsend: »Und gleich noch mal, weil’s so guttut.«
Nach dem dritten Kreisen war die Flasche leer, und Helens Augen waren glasig. Der Schnaps wärmte sie tatsächlich, Sie wurde anlehnungsbedürftig und nahm Natalies Platz ein.
Natalie fand einen anderen Jungen, mit dem sie ungeniert schmuste. Sie hatte auch
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