1210 - Todesgruß aus Aibon
schimmerten.
Die Schultern lagen frei. Was unten als verschwenderische Stofffülle angenäht worden war, darauf hatte man im oberen Bereich verzichtet. Es war kein dünner Stoff, aber das Material floss trotzdem. Bei jeder Bewegung schabte es zusammen und ich vernahm so etwas Ähnliches wie ein leises Knistern.
Die Schultern lagen frei. Der Ansatz der Brüste wurde leicht in die Höhe geschoben. Im Vorbeigehen sah ich, dass sich Selina Green perfekt geschminkt hatte.
So stellte man sich nicht an den Herd, um zu kochen. Sie musste genau gewusst haben, dass ich zu ihr kommen würde und hatte ein entsprechendes Outfit angelegt.
Die Wohnung hier oben war ebenso geschnitten wie meine.
Es gab auch größere hier im Haus, doch für eine Person reichte sie aus. Selina führte mich durch den Flur ins Wohnzimmer, das überraschend dunkel war. Am Wetter draußen lag es nicht, sondern daran, dass sie die Rollos vor die Fenster gezogen hatte. Sie waren mit Lamellen bestückt. Diese waren nicht völlig geschlossen. Kleine Streifen lagen noch frei. So konnte das Licht durch diese Stellen hindurchfließen.
Ich hatte mir keine Gedanken darüber gemacht, wie wohl das Wohnzimmer dieser Frau eingerichtet war. Als ich es jetzt betrat, war ich schon überrascht, denn es war beinahe kahl. Im Mittelpunkt stand ein rotes Sofa mit geschwungener Rückenlehne. Der Stoff sah sehr dick aus und wirkte auch plüschig.
Ich sah noch einen kleinen Tisch, um den nur zwei Stühle standen, ein Regal aus dunklem Holz, auf dem fast nichts vorhanden war. Nur ein paar Schalen und persönliche Gegenstände hatten dort ihren Platz gefunden. Nicht mal einen Fernseher entdeckte ich.
Unter dem Fenster entdeckte ich noch einen seltsamen Gegenstand im Halbdunkel. Es war eine sehr breite Metallschale, die auf geschwungenen Füßen stand. Ich warf einen Blick in die Öffnung und stellte fest, dass die Schale leer war.
Die Einrichtung beeindruckte mich schon. Als normal sah ich sie nicht an. Andererseits hat jeder Mensch eben seinen eigenen Geschmack.
In einer recht dunklen Ecke stand ein Sessel. Ihn schob die Frau heran. Er hatte den gleichen Bezug wie die Couch. Der Sessel sah recht zierlich aus mit seinen geschwungenen Beinen und Armlehnen. Die Rückseite wurde von einem Oval gebildet.
»Bitte, Mr. Sinclair, nehmen Sie doch Platz. Ich hole uns etwas zu trinken. Was möchten Sie? Einen harten Drink?«
»Nein, bitte nicht.«
»Martini trocken?«
»Wäre nicht schlecht.«
»Gut, ich bin gleich wieder da.«
Sie verschwand in der Küche, und ich setzte mich in den Sessel. Es war auch für mich ungewöhnlich, mich in einer derartigen Umgebung aufzuhalten. Wer sich so einrichtete, der wollte seinen Besuchern etwas dokumentieren, und ich fragte mich, was er damit bezweckte.
Die Wohnung war für mich nichts anderes als eine Höhle. Sie dokumentierte eine gewisse Einstellung ihrer Mieterin, an die ich mich erst noch gewöhnen musste.
Der Sessel war nicht mal unbequem. Meine Augen gewöhnten sich auch an die Umgebung, aber das Einschalten einer Lampe wäre schon nicht schlecht gewesen. Um mich herum herrschte eine sehr klare Luft. Sie war wirklich zu atmen, als wäre sie aus einem Spender gekommen.
Ich hörte Selina in der Küche hantieren und dachte noch mal über meinen Empfang nach. Es wollte mir einfach nicht in den Kopf, dass eine derartige Person auch ein Essen kochte. Als Hausfrau am Herd konnte ich sie mir beim besten Willen nicht vorstellen.
Selina kehrte mit den Gläsern zurück, in die sie auch Eiswü rfel gegeben hatte. Sie klingelten gegeneinander, und auch die Tritte der hochhackigen Schuhe waren auf dem harten Boden gut zu hören. Kein Teppich bedeckte ihn. Er war aus breiten Holz-Quadraten gelegt worden. Neben mir blieb sie stehen. Mit dem Fuß schob sie den kleinen Tisch heran, sodass wir unsere Gläser abstellen konnten. Selina hatte es gut gemeint und Longdrink-Gläser gefüllt. Ich wollte aufstehen und ihr mein Glas abnehmen, aber sie war schneller und drückte es mir in die Hand.
Mit einer schwungvollen Bewegung ging sie zuerst zurück, drehte sich dann und ließ sich auf dem Sofa nieder. Sie drehte das Glas und ließ das Eis klingeln.
»Dann auf Ihren Besuch, Mr. Sinclair. Ach ja.« Mit der freien Hand winkte sie ab. »Lassen wir die Förmlichkeiten einfach. Ich heiße Selina, Sie heißen John.«
»Wunderbar.«
Der Martini war gut. Sie hatte etwas hineingespritzt, das dem Geschmack noch eine besondere Note gab. Etwas Erfrische
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