1210 - Todesgruß aus Aibon
so wie sie dich angemacht hat, muss sie schon einen starken Eindruck bei dir hinterlassen haben.«
»Hat sie, Suko. Ich möchte herausfinden, ob dieser Eindruck richtig ist.«
»Du und sie. Ihr seid nur zu zweit.«
Jetzt musste ich lachen. »Traust du mir nichts mehr zu?«
»Das hat damit nichts zu tun. Wir haben hier selbst erlebt, wie wir reingelegt wurden. Das war alles genau getimt. Ich wollte dich ja nur warnen, John, nicht mehr.«
»Danke, aber das muss ich allein durchziehen. Würde ich dich mitbringen, würde sie erst recht Verdacht schöpfen. Das wiederum möchte ich nicht riskieren.«
»Du tust dir was an, Alter.«
»Weiß ich.«
Er sah sehr ernst aus. »Nimm es bitte nicht so locker. Das ist alles, nur kein Spaß. Du hast selbst erlebt, wie leicht es war, das Schwert verschwinden zu lassen. Ich habe wirklich meine Bedenken.« Er brummte etwas vor sich hin. »Wir können einen Zeitpunkt ausmachen, an dem ich erscheine. Wäre das in deinem Sinn?«
»Ja, wie immer.«
Er fasste mich an.
»Verdammt, was ist los mit dir?«
Das heftige Schütteln musste ich hinnehmen.
»Du bist nicht mehr normal. Du reagierst nicht normal. Das kommt mir beinahe so vor, als wärst du darauf aus, dich selbst ins Unheil zu stürzen und dabei noch auf eine gewisse Art und Weise blind zu sein.«
»Bin ich nicht!«
»Doch, bist du!«
Wir standen uns fast wie zwei Kampfhähne im Flur gege nüber. Ich holte tief Atem und sagte: »Versteh das, Suko. Ich will endlich mein Schwert zurück.«
»Klar, volles Verständnis. Aber lauf bitte nicht mit offenen Augen ins Verderben.«
»Keine Sorge, das werde ich nicht tun. Und jetzt lass mich bitte gehen, ja?«
»Keine Sorge, ich mische mich nicht ein. Aber die Suche nach deinem Schwert sollte bei dir nicht den gesamten Realismus aus dem Kopf entfernen. Meine ich zumindest.«
Er hatte ja Recht.
Doch man hatte mir die Waffe gestohlen, und es war ganz allein meine Sache, sie wieder zurückzuholen. Manchmal kam auch bei mir der schottische Dickkopf durch…
***
Mein Herz klopfte schon etwas schneller, als ich vor der Tür zu Selina Greens Wohnung stand. Es war nicht die Aufregung des Twens vor der Begegnung mit seiner Angebeteten, ich erlebte ein anderes Gefühl. In mir hatte sich eine Spannung ausgebreitet. Wie bei einem Menschen, dem etwas Wichtiges bevorsteht. Das passierte mir in dem Haus, in dem ich lebte.
Verrückt, es war schließlich eine vertraute Umgebung, und trotzdem kam sie mir jetzt fremd vor.
Außerdem war der Zeitpunkt mehr als ungünstig. Aber darauf nahm ich keine Rücksicht mehr. Es hatten sich einfach zu viele Dinge ereignet, deren Hintergrund zurechtgerückt werden musste. Mit dem Diebstahl des Schwerts hatte man allem noch die Krone aufgesetzt. Einen Beweis, dass Selina Green damit in Verbindung stand, hatte ich nicht. Es war auch unklar, ob ich ihn je bekommen würde.
In diesem Flur sah es ebenso wie in meinem aus. Das Haus konnte man auch als eine Kaserne bezeichnen, aber es wurde gepflegt, und das sah ich schon als einen Pluspunkt an.
Ich klingelte.
Im Innern hörte ich die Glocke nur schwach anschlagen. Wie auch bei meiner Wohnung, so besaß diese Tür ebenfalls ein Guckloch. Ich war sicher, dass mich Selina beobachtete und versuchte, ein möglichst gleichmütiges Gesicht zu machen.
Sehr schnell wurde die Tür geöffnet. Selina stand vor mir und schaute mich mit einem breiten Lächeln an.
»Mr. Sinclair, wunderbar, kommen Sie rein.«
Mich überraschte diese Begrüßung. Ich blieb zunächst auf der Schwelle stehen.
»Was ist?«
»Ich bin zu früh, nicht?«
»Nein.« Sie lachte wieder und schüttelte ihr Haar. »Ich habe Sie erwartet.«
»Tatsächlich?«
»Ja, das spürt man.« Sie trat zur Seite. »Kommen Sie, hier draußen ist es ziemlich ungemütlich.«
Dieser Aufforderung konnte ich nicht widerstehen, war allerdings schon nachdenklich, weil sie mich auf diese Art und Weise begrüßt hatte.
Ich nahm beim Vorbeigehen ihr Parfüm wahr. Ein besonderer Duft. Er roch frisch, als hätte man für diese Essenz besondere Kräuter verwendet. Ich hatte solch ein Parfüm noch nie zuvor wahrgenommen.
Es war auch nicht mehr die Frau, die ich kurz zuvor kennen gelernt hatte. Ich wusste nicht, ob sich Selina für mich schon umgezogen hatte, jedenfalls trug sie ein Kleid, das sehr ausgefallen war und mehr für den Abend gepasst hätte. Sehr viel Stoff, weit geschwungen, von einer violetten Farbe, zu der auch die Schuhe passten, die im gleichen Farbton
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