1219 - Der blockierte Mutant
Etwas im Projektionsfeld.
„Der Graue Lord", ertönte eine dunkle Stimme. „Er wird euch seine Aufmerksamkeit widmen. Ihr habt eure Reifeprüfung bestanden. Zeigt euch der Gnade würdig, die euch Lord Mhuthan erweist."
Das Bild veränderte sich nicht. Wenn Atlan, Jen Salik und Domo Sokrat gehofft hatten, so etwas wie ein Gesicht zu sehen, dann wurden sie enttäuscht. Das nebelhafte, verwaschene Etwas blieb.
„Ihr seid an Bord der Gondel, einem Dimensionsfahrzeug, das die Gesetze der Pufferzone zwischen Tiefenland und Tiefe ausnützt und so die Entfernungen überbrückt", teilte der Graue Lord mit. Er schien nicht zu wissen, daß sie bereits durch einen der Roboter über diese Dinge informiert worden waren. „Die Gondel ist eines der wenigen Geräte, die imstande sind, von einem Ende des Tiefenlands zum anderen zu gelangen.
Sonst ist das nur mit einem Transmitter möglich."
„Danke", erwiderte Atlan. „Wir wissen zu schätzen, daß du uns über die Gondel einweihst. Wann werden wir dich sehen?"
„Überhaupt nicht!"
Die Antwort überraschte den Haluter und die beiden Ritter der Tiefe. Der Ton, in dem sie erteilt worden war, ließ erkennen, daß der Graue Lord ihnen nicht mißtraute oder ihnen gegenüber besonders vorsichtig sein wollte. Sie machte vielmehr die Arroganz Lord Mhuthans deutlich, der nicht gewillt war, einen niederrangigen Grauen an sich heranzulassen. Er sah Diener in ihnen und erwartete, daß sie sich erst einmal profilierten.
„Wir sind dankbar, daß wir an Bord kommen durften", erklärte Jen Salik. „Dürfen wir fragen, welche Aufgaben du für uns hast?"
Der Graue Lord ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Das nebelhafte Gebilde auf dem Bildschirm bewegte sich, ohne Konturen anzunehmen. Zuweilen schien es so, als wolle es bestimmte Formen herausbilden, um ihnen in einer Art Bildersprache etwas mitzuteilen, doch dann zerfloß der Nebel wieder, ohne daß etwas erkennbar wurde.
Hin und wieder schob sich eine Platte an der Decke des Raumes zur Seite. Dann leuchtete so etwas wie ein kleiner Scheinwerfer auf und richtete farbiges Licht auf die beiden Ritter und den Haluter. Mal war es blaues, mal grünes, mal rotes Licht. Und immer wieder vergingen etwa zehn Minuten, bis sich erneut ein Scheinwerfer einschaltete. Jen Salik und der Arkonide blickten sich einige Male schweigend an, während Domo Sokrat so tat, als bemerke er überhaupt nicht, was vorging. Sie waren davon überzeugt, daß Lord Mhuthan ihre Grauwerte bestimmen ließ, und sie waren sicher, daß sie diese Untersuchungen mit Hilfe ihrer TIRUNS mühelos bestehen würden. Der Haluter hatte in dieser Hinsicht nichts zu befürchten. Er spielte seine Rolle perfekt, und über ihn war der Graue Lord genau informiert.
Fast eine Stunde verstrich, bis sich Lord Mhuthan erneut herabließ und mit ihnen sprach. Übergangslos kam er auf den Punkt zurück, an dem er das Gespräch abgebrochen hatte.
„Ich werde euch als Spione nach Schätzen schicken", erklärte er. „Dort werdet ihr die Eroberung des Landes für mich vorbereiten. Ihr werdet einen Brückenkopf bilden, von dem aus wir den entscheidenden Schlag gegen Schätzen führen werden."
Der Bildschirm erlosch. Die Tür öffnete sich, und der schwebende Roboter teilte ihnen mit, daß das Gespräch zu Ende war.
„Geht in eure Unterkunft zurück und wartet das Weitere ab", sagte er.
„Uns bleibt wohl kaum etwas anderes übrig", entgegnete Jen Salik.
„Wir haben bisher noch keine lebende Seele an Bord gesehen", bemerkte Atlan. „Gibt es an Bord der Gondeln eigentlich nur Lord Mhuthan und ein paar Roboter?"
„Keineswegs", erwiderte die Maschine bereitwillig. „Der Graue Lord hat eine Mannschaft. Sie besteht aus seinen Leibgardisten."
„Wir haben noch keinen davon gesehen", stellte Domo Sokrat mit dröhnender Stimme fest.
„Das werdet ihr auch nicht", betonte der Roboter. „Ihr habt gehört, welche Aufgaben Lord Mhuthan für euch hat. Um sie erfüllen zu können, braucht ihr keinen Kontakt mit der Leibgarde."
Er öffnete die Tür zu ihrer Unterkunft und ließ sie eintreten.
Domo Sokrat schob sich schnaufend an ihm vorbei. Er blickte das Türschott prüfend an.
Befriedigt registrierte er, daß er es mit einem einzigen Fausthieb hinwegfegen konnte, falls sich dies als notwendig erweisen sollte.
*
„Von Lord Mhuthan ist nichts zu sehen", sagte Bonsin mißmutig, als sie sich etwa zwei Kilometer weit vom Lager der Matterer entfernt hatten. „Mir gefällt das alles
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