1230 - Der Traumdieb
will zu Doktor Barker!«, flüsterte sie, »und ich werde zu ihm gehen. Ob Ihnen das passt oder nicht, Mrs. Flannigan.« Mit einem Handstreich fegte sie das Namensschild vom Pult weg und schaute zu, wie es zu Boden fiel und dort liegen blieb.
Es war auch für die Flannigan zu viel, die von ihrem Stuhl in die Höhe schnellte.
»Es reicht!«, keifte sie und zog eine Schublade auf.
Jane war zu weit von ihr entfernt, um zu sehen, was darin war.
Jane hatte nicht gehört, dass eine Tür geöffnet wurde, aber sie vernahm eine sonore Männerstimme, in der ein leichtes Erstaunen mitschwang. »Was ist denn hier los?«
Mit einem dumpfen Geräusch schnappte die Lade wieder zu.
Aber Jennifer Flannigan blieb weiterhin wie ein Racheengel oder Leibwächter hinter ihrem Arbeitstresen stehen, als wollte sie darauf achten, dass alles friedlich ablief und zugleich bereit war, sofort einzugreifen, wenn etwas danebenging. Sie schnappte zwei Mal nach Luft, bevor sie sprechen konnte.
»Diese Person hier… diese Person…«
»Ja, ja, schon gut, Jennifer. Beruhigen Sie sich. Überlassen Sie alles mir.« Dr. Barker schaute sie gar nicht an, denn er konzentrierte sich auf Jane Collins und begann zu lächeln.
Dabei ging er auf sie zu und nickte.
Jane tat nichts. Sie schaute ihn nur an. Sie sah in dieses lächelnde Gesicht. Sie sah die blonden Haare mit dem leichten Gelschimmer, die nach hinten gekämmt waren. Die Augen, deren Faszination sich kaum jemand entziehen konnte, der zwingende Blick, der nicht nur das Äußere eines Menschen streifte, sondern sogar bis in seine Seele hineinzudringen schien, als wollte er dort die letzten Winkel ausloten.
Der Arzt war elegant gekleidet. Er trug keinen Kittel. Der dunkle Anzug stand ihm gut. Er hatte einen perfekten Schnitt.
Hinzu kam das blütenweiße Hemd, das am Kragen nicht geschlossen war und so den Eindruck der Steifheit erst gar nicht aufkommen ließ.
Eine halbe Schrittlänge vor Jane Collins blieb der Mann stehen. Das Lächeln lag weiterhin auf seinen Lippen, als er fragte: »Sie wollten zu mir, Madam?«
Für einen Moment überlegte Jane, ob sie die Rolle weiterspielen sollte. Wenn sie das jetzt nicht tat, war sie unglaubwürdig, dann wurde Jennifer Flannigan misstrauisch und würde ihren Chef warnen können. Deshalb gab Jane sich auch weiterhin erregt. Sie bewegte sich, während sie stand, sie holte auch ein paar Mal Luft, bevor sie nickte und flüsterte: »Ja, ich wollte zu Ihnen, Sir.«
»Gut, dann kommen Sie.«
»Sofort?«
»Ja.«
Jane drehte den Kopf nach links. »Aber Ihre Mitarbeiterin hat eben gesagt, dass ich…«
»Jenifer hat Recht. Aber es gibt gewisse Notsituationen, da muss man über den eigenen Schatten springen. Ich habe mir sehr schnell ein Bild von Ihnen machen können und bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, wenn wir miteinander reden.«
»Danke, Sir.«
Die Tür zu Barkers Zimmer stand noch offen. »Bitte, Madam, wenn Sie so freundlich sein wollen.«
»Ja, natürlich«, flüsterte die Detektivin. »Ja, das geht alles in Ordnung.«
Der Arzt ließ sie vorgehen. Als er Jane nicht mehr sah, veränderte sich deren Gesichtsausdruck. Sie schaute so wie immer, die Augen bewegten sich, und sie erkannte hinter der offenen Tür, die gepolstert war, um den Schall abzuhalten einen großen, aber auch angenehm wohnlichen Raum, der mit dem normalen Sprechzimmer eines Arztes nicht zu vergleichen war, denn dort gab es nichts klinisch Helles. Umgebung und Einrichtung waren in angenehm warmen Farben und Tönen gehalten worden. Einzig und allein der Computer störte das Bild, aber dieses Gerät musste wohl sein, damit der Arzt rasch an die Informationen seiner Patienten herankam.
An der rechten Seite sah Jane die großen Fenster. Von dort aus konnte sie hinunter bis auf die Straße schauen, aber auch über sie hinweg und dabei den Fluss beobachten, dessen graue Wasser träge durch das breite Bett geschoben wurden.
Die Schritte des Arztes waren nicht zu hören. Seine eleganten Slipper verschwanden fast im Floor des dicken Teppichs, und Jane Collins hörte nur, wie er hinter ihr die Tür schloss. Sie setzte sich in Bewegung und blieb vor den hohen Fenstern stehen, deren untere Schmalseite fast bis zum Boden reichten.
Ja, sie konnte den Rover ihrer beiden Freunde sehen, und das gab ihr ein gewisses Gefühl der Beruhigung, »Gefällt Ihnen der Ausblick?«
»Ja, er ist wunderschön.«
»Das sagen viele meiner Gäste.«
»Gäste?« Jane drehte sich und schüttelte
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