124 - Die Königin der Nacht
ansahen. Nur für die daran beteiligten Figuren ging es um Leben und Tod. Zweifellos war auch er, Unga, nur eine dieser Schachfiguren.
Die Frage, warum die Dämonen ausgerechnet auf ihn als Verbündeten so viel Wert legten, wurde für ihn immer brennender. Es mußte schon ein besonderer Grund vorliegen, wenn sie sich um ihn bemühten, wo sie wußten, daß er ein ausgesprochener Dämonenhasser war, der den Dämonenkiller im Kampf gegen die Schwarze Familie unterstützt hatte. Außerdem wußten alle, daß er ein Diener des Hermes Trismegistos gewesen war - und daß er mit den Padmas zusammen gearbeitet hatte. Welche Teufelei plante Luguri? Denn daß die Dämonen nur eine Teufelei im Sinn haben konnten, davon war Unga überzeugt.
Einmal versuchte der Cro Magnon zu flüchten. Er nutzte eine Gelegenheit, als weder Linga noch Asparase in seiner Nähe waren, um sich aus den Ruinen zu schleichen; doch weit kam er nicht. Vor ihm tauchte plötzlich ein abscheuliches Monster auf und trieb ihn zurück.
Als Asparase eintraf, rügte sie ihn: „Es war nicht klug, daß du dich aus dem Staub machen wolltest, Unga. Noch ein Fluchtversuch, und ich lasse dich zur Ader."
„Ich wollte euch nicht davonlaufen", rechtfertigte sich Unga. „Ich habe nur das untätige Herumsitzen satt. Ich möchte endlich handeln."
„Dazu wirst du bald Gelegenheit haben", erwiderte Asparase. „Linga und ich stoßen bei Einbruch der Dunkelheit ins Feindgebiet vor. Du kannst uns begleiten, wenn du willst."
Unga stimmte zu. Die verbleibende Zeit nutzte er, um einige Vorbereitungen zu treffen. Das war nicht leicht, weil ständig Irrwische herumspionierten und ihn bei seiner Arbeit störten. Dennoch gelang es ihm, mit einem scharfen Felsbrocken unbemerkt einen Holzpflock zu schnitzen. Die Späne steckte er ein; sie sollten ihm als Zunder dienen; die Feuersteine zum Funkenschlagen hatte er schon gefunden. Die Erfahrungen, die er in der Steinzeit gesammelt hatte, kamen ihm jetzt zugute. Damals war der Feuerstein der wertvollste Besitz gewesen, den sein Stamm besessen hatte.
Unga dachte oft an das primitive Leben zurück, das er vor Jahrtausenden mit seinen Artgenossen geführt hatte; und er mußte sich manchmal fragen, was aus ihm geworden wäre, wenn sich Hermon nicht seiner angenommen ihn in Tiefschlaf versetzt und Jahrtausende später wieder geweckt hätte. „Unga, schläfst du?" fragte Asparase. „Komm! Es ist soweit."
Am liebsten hätte er sich sofort auf sie gestürzt, um ihr den Pflock in ihr Vampirherz zu rammen; denn die Vampirin war eine der Nachkommen jener Linkshänder, die den Menschen der Steinzeit das Leben zur Hölle gemacht hatten. Aber Unga zügelte sein Temperament. Seine Zeit würde noch kommen.
Unga lag mit Asparase auf der Lauer. Sie lachte leise in sich hinein, weil er unter der Berührung ihrer Hände zusammengezuckt war.
„Wenn du nicht so zimperlich wärest, könnten wir so viel Spaß miteinander haben, Unga", sagte sie. „Wenn du dich mir freiwillig hingibst, dann ist mein blutiger Kuß nicht ansteckend. Ich meine, du wirst dann gar nicht zu einem Vampir."
„Ich weiß schon, was du meinst", sagte Unga, „aber ich lehne trotzdem dankend ab."
Asparase kicherte wieder.
Jetzt wäre eine gute Gelegenheit gewesen, sie zu pfählen. Sie waren allein. Linga war ausgeschwärmt, um mit seinem Flötenspiel ein Dienerin Asparases zu sich zu locken.
„Ich kann sehr zärtlich sein", fuhr Asparase fort.
Unga war nahe daran, zum Schein auf ihre Forderungen einzugehen. Wenn er sich ihrer entledigt hatte, würde er mit Linga leichtes Spiel haben.
„Wir müssen es auf ein andermal verschieben, Steinzeitmensch", sagte Asparase. „Linga kommt zurück."
Unga konnte den Satyr noch nicht sehen; auch sein Flötenspiel war nicht zu hören; doch wenig später tauchte er zwischen den Bäumen auf. Er hielt die Pan-Flöte an den Mund, aber noch immer war kein Ton zu hören. Ihm folgte eine junge Frau mit blonden Haaren. Ihr Gesicht hatte einen verzückten Ausdruck.
„Du bleibst hier und rührst dich nicht von der Stelle!" trug Asparase dem Cro Magnon auf. „Ich bin bald zurück. Ich muß mir von meiner Dienerin Sue nur einige Informationen besorgen. Mach inzwischen keine Dummheiten, Unga!"
Asparase lief mit wehendem Kleid auf die blonde Frau zu.
Linga hatte sein unhörbares Flötenspiel beendet. Die Frau erwachte aus der Trance. Ihre Augen wurden groß, als sie Asparase erkannte, und bekamen einen verklärten Ausdruck.
Unga wandte
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