Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
124 - Die weisse Frau vom Gespensterturm

124 - Die weisse Frau vom Gespensterturm

Titel: 124 - Die weisse Frau vom Gespensterturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
Vom Netzwerk:
flatterten wie bei heftigem Sturm um ihren
Kopf. „Eingesperrt hast du mich, verhungern und verdursten wolltest du mich
lassen ... Der Turm sollte ein einziger riesiger, steinerner Sarg für mich
werden ... Er wird zu einem Sarg! Allerdings nicht für mich, sondern für dich!
Die Ängste, die ich durchgestanden habe, ehe mir aus der Finsternis ein Helfer
die Hand entgegenstreckte, kann ich dir nicht mehr beschreiben. Ich habe sie
durchlebt. Sieben Tage und sieben Nächte lang kein Auge geschlossen ...“
    „Liebste Myra !“ , flehte of Chester. „Tu es nicht!
Lass mich los, ich werde dir die Freiheit wieder schenken.“
    „Freiheit?
Ich hätte mir diese Art von Freiheit, die du meinst, gewünscht. Sieben Tage und
sieben Nächte lang habe ich sie herbeigesehnt, herbeigeschrien ... Hast du mein
verzweifeltes Rufen nicht vernommen?“
    „Doch ... Ich
war beim Turm und habe mit mir gekämpft. Ich wollte dich nicht töten, glaub es
mir, nur bestrafen, ein Exempel statuieren.“
    „Das will ich
auch. Ich will, dass du meine Ängste nacherlebst. Ich war allein mit Mäusen und
Ratten, die über meinen Körper krochen, wenn ich mich in eine Ecke legte und zu
schlafen versuchte. Das war unten in den Kammern. Vielleicht, so dachte ich
mir, verfolgen sie dich nicht bis hier oben hin. So suchte ich die oberste Kammer
auf, um mich darin zu verstecken. Aber hier sausten die Fledermäuse, große,
kräftige Tiere, die mich umkreisten. sich auf mich stürzten und in Haare und
Kopfhaut krallten. Ich schrie wie von Sinnen. Vor Ratten und Fledermäusen hatte
ich stets panische Angst.“
    „Ich werde
dich von ihnen befreien, Liebste.“
    „Das hättest
du eher tun sollen. Wer sagt dir, dass ich es jetzt noch will? Sie sind meine
Freunde geworden ... Ich verstehe ihre Sprache.“
    „Du bist
verrückt, Myra!“, stieß Lord of Chester hervor, als er merkte, dass sie seine
Fesseln nicht löste und sein Flehen und Bitten nichts nützte. ..Du hast... den
Verstand verloren!“
    Wieder war
ihr irres Gelächter zu hören. „Ist das ein Wunder, mein Liebster? Vielleicht
wirst auch du den Verstand verlieren, wenn du tagelang nichts zu essen und zu
trinken bekommst, wenn Ratten und Fledermäuse dein Dasein begleiten und du zu
schwach wirst, um dich gegen sie zur Wehr zu setzen. Aber das soll noch nicht
alles sein, was ich für dich vorgesehen habe, Liebster. Du sollst noch mehr
erleben. Deine Sinne sollen eine Erweiterung erfahren, wie die meinen eine
erfahren haben. Du sollst dich wie eine Ratte ernähren und wie eine Fledermaus
fliegen können.“
    Die
Wahnsinnige, die dieses scheinbar völlig ungereimte Zeug von sich gab, deren
Verstand in der Vereinsamung gelitten hatte, griff neben sich und hielt im
nächsten Moment wie durch Zauberei ein Beil in der Hand. Sie schwang es in die
Höhe. Lord of Chester schrie wie am Spieß, als die metallisch schimmernde
Klinge auf ihn herabsauste. Mit zwei blitzschnellen Hieben trennte die
Wahnsinnige ihm die Arme vom Rumpf.
     
    ●
     
    „Nein!"
Martin Bernauer hörte den Schrei und erkannte erst dann, dass er selbst es war,
der ihn ausgestoßen hatte. Er warf sich mit ausgestreckten Armen nach vom, als
könne er an dem grauenvollen Verbrechen, dessen Zeuge er geworden war, noch
etwas ändern.
    „Nicht!
Zurück!“
    Das war eine
andere Stimme, die sich in den wilden Aufschrei aus dem Mund des Lord of
Chester mischte, leise und mit offensichtlich letzter Kraft gesprochen. Die
Mahnung aus dem Mund Simon Sabatzkis!
    Aber Martin Bernauer
überhörte diese Warnung erneut. Er war in den Bann der Geisterfrau geraten und
konnte sich nicht mehr daraus lösen. Er überwand die Schwelle und wollte sich
den beiden Gestalten entgegenwerfen. Alle Eindrücke, die er eben noch empfangen
hatte, wurden durcheinandergeworfen. Die Gestalten und der farbige Hintergrund
lösten sich auf wie Schemen. Kahle, feuchte Wände umgaben ihn. Aus dem
verblassenden Körper des Lord of Chester stieg der Schatten einer Fledermaus,
die über dem Ort des gespenstischen Geschehens flatternd ihre Kreise zog.
    Martin Bernauer
erkannte erst jetzt die tödliche Falle. Zu spät!
    Er hatte
einen Blick hinter die geheimnisvolle Steintür geworfen. Das Ereignis, das er
beobachtet hatte, und die Worte, die gesprochen worden waren, hätten unter
normalen Bedingungen einige Minuten gewährt. Aber nur den Bruchteil einer
Sekunde hatte es in Wirklichkeit gedauert, bis er die Tür vollends aufgestoßen
und die Schwelle überschritten hatte. In

Weitere Kostenlose Bücher