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124 - Die weisse Frau vom Gespensterturm

124 - Die weisse Frau vom Gespensterturm

Titel: 124 - Die weisse Frau vom Gespensterturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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wollte und - vor
allen Dingen - was sich hier ereignet hatte. Aber der andere war nicht
ansprechbar. Er war - soviel glaubte Bernauer zu erkennen, der in Erster Hilfe
ausgebildet war und beim DRK einige Wochenenddienste als Sanitäter geleistet
hatte - nicht ernsthaft verletzt, aber hochgradig erschöpft. Simon Sabatzki
musste eine wahre Gewaltkur hinter sich haben ...
    Bernauers
Blick irrte wieder zu der Innenwand des Turmes. Die geheime Seitentür schwang
langsam aus dem dräuenden Dunkel zurück. Der Student zuckte zusammen. Nein, das
durfte nicht passieren! Wie sehr hatte er dem Augenblick dieser Begegnung mit
der Weißen Frau entgegengefiebert und gehofft, dass sie überhaupt zustande kam.
Nun war der Augenblick da, und es kam etwas anderes dazwischen. Das Gefühl,
sich um diesen Simon Sabatzki zu kümmern, war schwächer in ihm entwickelt als
der Wunsch, zu wissen, wohin sich die Geistererscheinung wandte. Er durfte sie
nicht aus den Augen verlieren!
    Ruckartig
ging Bernauer in die Höhe. Er stieß dabei unbewusst den Mann mit dem Fuß an,
und dieser reagierte mit leisem Murmeln. Er kehrte - noch immer benommen -
langsam aus seiner Bewusstlosigkeit zurück.
    „Ich bin
sofort zurück“, stieß Bernauer hervor. „Ich werde mich um Sie kümmern ... Sie
sind nicht schwer verletzt, nur stark geschwächt. Ich muss ihr nach, ehe die Tür
zuklappt und ich ausgeschlossen bin ... Ich glaube, sie will mir etwas zeigen.“
    Bernauer
stieg über den Mann hinweg, der in diesem Moment die Augen aufschlug.
    „Nein“, sagte
Sabatzki mit schwacher Stimme, so dass sie kaum zu vernehmen war. &
erwachte aus der Ohnmacht, war sofort geistig voll da und begriff, was der
andere für Absichten hatte und was hier vorging. „Bleiben ... Sie ... nicht...
hingehen ... ihr ... nicht... f-o-l-g-e-n ...“ Simon Sabatzki war anzumerken,
dass jedes Wort ungeheure Anstrengung für ihn bedeutete.
    Aber Bernauer
hörte nicht hin. Er sah, wie die massige Steintür wie unter dem Druck einer
unsichtbaren Hand weiter zuschwang und ihm den Weg nach dort, wohin sie
verschwunden war, abzuschneiden drohte. Er war wie verzaubert, hatte nur noch
Sinn für Lady Myra und vernahm wieder ihr fernes, verlockendes Lachen, als
flirte sie dort in jenem geheimen Raum mit einem Liebhaber.
    Martin Bernauer
sprang auf die Tür zu, die nur noch halb offenstand, und drückte unwillkürlich
dagegen, um sie zurückzuschieben, was ihm auch gelang.
    „Bleiben Sie
hier!“, stöhnte der Entkräftete und versuchte sich zur Seite zu drehen und
seine Hand auszustrecken, um den jungen Mann - wie es schien - sogar noch
festzuhalten. Aber Martin Bernauer hörte nicht mehr hin. Er hatte nur noch
Augen und Ohren für das, was direkt vor ihm lag, und setzte den Fuß in dieser
Sekunde über die Schwelle. Im gleichen Moment lichtete sich das pulsierende
Dunkel, und Martin Bernauer konnte in die fensterlose Turmkammer blicken. Er
glaubte, seinen Augen nicht trauen zu dürfen ...
     
    ●
     
    Der Raum war
eingerichtet wie der Salon einer Dame. Anheimelnder Kerzenschein durchflutete
ihn. Die Wände waren mit Seidentapeten verkleidet und mit feinen,
weichfließenden Stoffen drapiert. Vor dieser Kulisse spielte sich ein
grauenhaftes Verbrechen ab. Ein Mann lag gefesselt auf dem Boden, und eine Frau
- jung, schön und verführerisch - kniete auf ihm. Lady Myra!
    Martin Bernauer,
der zahllose Bücher über den Gespensterturm gelesen und unzählige Bilder der in
das Schicksal des Hauses Myra und Chester verwickelten Personen gesehen hatte,
wusste sofort, wer der Mann war: Lord of Chester, der enttäuschte Verlobte der
schönen und eiskalten Lady! Sie trug das Attribut eiskalt zu Recht, wie Martin
Bernauer grauenerfüllt erkannte.
    Er wurde
Zeuge des Mordes an dem Lord! Die Ereignisse, die rund siebenhundert Jahre
zurücklagen, waren hier in dem geheimnisvollen Raum wie im Film festgehalten.
Mit dem Betreten des Mordzimmers wurden die Szenen für den Eindringling
lebendig. Die Schreie, die Ereignisse und Schatten der Vergangenheit erwachten
dann jedes Mal neu.
    Aus dem
verlockenden Lachen, das Bernauer vor wenigen Augenblicken noch gehört hatte,
war keifendes, irres Gelächter geworden, das schaurig durch die Turmkammer
hallte. Und aus dem Gelächter schälten sich Worte. „Hast du wirklich geglaubt,
mich auf diese Weise loszuwerden?“, kreischte Lady Myra mit sich
überschlagender Stimme, und es klang widerlich und abstoßend. Die dunklen
langen Haare waren wild zerzaust und

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