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124 - In der Gewalt der Daa'muren

124 - In der Gewalt der Daa'muren

Titel: 124 - In der Gewalt der Daa'muren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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sie in ihr Kissen hinein…
    ***
    Im Wald zwischen Luutwiksfeld und Luukwald, Ende September 2520
    Jedes Mal, wenn Magadah ein neues Bündel aus der Ruine brachte, lächelte sie halb verführerisch, halb verschmitzt, und jedes Mal versuchte Rudgaar nach ihr zu haschen. Das gelang ihm selten, denn noch war sie flinker als er. Wenn er aber ihr langes Schwarzhaar oder ihr weites grünes Kleid erwischte, zog er sie an sich, küsste sie auf die Nase oder auf den Mund oder verpasste ihr wenigstens einen Klaps auf ihr dralles Gesäß. Dann bellten seine Hunde, und seine beiden jüngsten Sprösslinge, ein zweijähriges Mädchen und ein dreijähriger Knabe, krähten vergnügt zwischen dem Blaubeergestrüpp.
    Rudgaar packte das neue Bündel und sah hinauf in die Krone der Eiche über der Ruine. War es nicht erst gestern gewesen, dass das Laubdach des Waldes sich gelb und rot verfärbt hatte? Und jetzt lichteten sich schon wieder überall die Bäume und Büsche. Kaum noch eine Stelle im Wald, von der aus man nicht ein Stück Himmel sehen konnte.
    Rudgaar schnürte die Bündel mit dem Hab und Gut seiner Familie auf die Transportsättel der Doyzdogger. Manchmal, wenn er sich zu schnell aufrichtete, oder wenn er nach seiner Frau grapschte, wurde ihm noch schwindlig, und manchmal, wenn das Wetter umschlug, meinte er einen Stich unter der Narbe an seinem Oberschenkel zu spüren.
    Acht seiner Hunde hatte der Kampf gekostet, den auch er nur mit viel Glück überlebt hatte. Einen hatte er dem Scheff geschenkt, neunzehn Doyzdogger waren ihm geblieben, acht davon Welpen. Den vier überlebenden Kriegshunden hatte er einen Maulkorb angelegt. Sie waren äußerst aggressiv und hörten nur auf Magadah und ihn.
    »Hey, Rudgaar! Wir sind soweit!« Der Hundemeister wandte sich nach dem Rufer um. Guundal und sein ältester Sohn Alv standen mit dem Scheff vor dessen Ruine. »Wenn die Sonne untergeht, will ich die Mauern Pottsdams sehen!«
    »Gleich!« Rudgaar winkte zurück. Seine älteste Tochter Leesanja schleppte Kochgeschirr und Proviant aus der Ruine, sein Sohn Hainaar und seine Frau die letzten Decken und Felle.
    Gemeinsam befestigten sie die Sachen auf den Hundesätteln.
    »Ich muss gehen.« Rudgaar schloss seine Frau in die Arme und küsste sie besonders leidenschaftlich.
    Wenn der Abschied Magadah bekümmerte, so ließ sie es sich nicht anmerken.
    »Bis bald, meine Sonne«, lächelte sie. Wie immer strahlte sie eine unerschütterliche Zuversicht aus.
    Nacheinander küsste Rudgaar die sechzehnjährige Leesanja und den fünfzehnjährigen Hainaar. »Pass gut auf deine Schwester auf«, flüsterte er ihm ins Ohr. »Die jungen Waldmänner sind scharf auf sie.«
    »Einer schärfer als der andere«, feixte der Junge.
    Zum Schluss hob Rudgaar die Nachkömmlinge aus dem Gestrüpp. Er küsste ihre schmutzigen Hälse und Wangen, und die Kleinen krähten. Sie deuteten auf ihre Lieblingshunde.
    Deren Sättel waren noch frei, und Rudgaar setzte sie auf die Doyzdogger. Danach gürtete er seine kurze Klinge um, schlüpfte in seinen schweren schwarzen Ledermantel und schulterte Köcher und Armbrust. Wenn er Guundal richtig verstanden hatte, war Streit vorgesehen.
    Den alten Greif und eine schlanke Hündin, die Rudgaar »die Schwarze« nannte, nahm er an die Leinen. Wenigstens zwei seiner Hunde sollten ihn begleiten. Noch einmal winkte er, noch einmal streckte Magadah ihm ihr Gesäß für einen letzten Klaps hin, dann ging er zur Ruine des Scheffs.
    Möglicherweise würden sie sich schon in drei oder vier Tagen wiedersehen, denn sein Weg führte nur bis ins drei Stunden entfernte Pottsdam, und die Waldleute zogen vom Rand der Luutwiksfelder Ruinen lediglich vier Stunden tiefer in den Wald hinein, bis zu den Ruinen Luukwalds nämlich.
    Doch die letzte Trennung von seiner Familie hatte unerwartete fünf Wochen gedauert. Abgesehen einmal von den beiden Pfeilen, die ihn kurz vor dem Wiedersehen erwischten. Fast wäre der Hundemeister an ihnen verblutet und aus einer langen Trennung eine für immer geworden.
    Alle Waldmannsippen zogen mit Herbstbeginn weg aus der Nähe größerer Ansiedlungen und hinein in irgendwelche halbwegs bewohnbaren Ruinen tief in den Wäldern. Auch Guundals Sippe tat das seit Generationen. Wenn der Laubwald erst seine Blätter abgeworfen hatte, war jedes Lager von Fluginsekten aus leicht zu entdecken. Ein Umstand, den sich die Pottsdamer und Braandburger Räuberjäger alljährlich im Herbst zunutze machten. In Luukwald dagegen gab es

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