1243 - Sie lockten mit dem Jenseits
reflektierenden Folie beklebt worden, sodass Bill der Eindruck überkam, hier in einem hellen Gefängnis zu sein.
Er behielt den Vergleich für sich und folgte dem Blassen zu einer kleinen Sitzgruppe, deren Sessel mit Leinenstoff überzogen waren. Auf dem runden Glasplattentisch standen eine Karaffe mit Wasser und mehrere Gläser.
Es wurde kein Wort gesprochen. Bill hatte Zeit, sich einzugewöhnen. Er blickte auch gegen die Decke, die an den Seiten einen Stuckrand hatte. Nichts war hier düster oder dunkel, es herrschten die hellen Farben vor, und die Lampen an der Decke sahen aus wie kleine Sonnen, denn sie hatten die gleiche Form wie die außen an der Klingel.
»Ungewöhnlich haben Sie es hier«, sagte Bill.
»Meinen Sie?«
»Ja, wirklich.«
»Wieso?«
»Nun ja.« Er zuckte mit den Schultern und versuchte es mit einem Lächeln. »Es ist zum einen die Farbe, und zum anderen wundere ich mich, dass ich nicht durch das Fenster nach draußen schauen kann. Wie gesagt, ich finde es aus der Reihe fallend.«
»Es hat alles seine Gründe, Mr. Conolly.«
»Das kann ich mir schon denken, und Sie werden sie mir sicherlich auch sagen.«
Der Bleiche, der Bill gegenübersaß und die Beine übereinander geschlagen hatte, nickte. »Wir lieben diese Farbe. Es ist die Farbe des Lichts. Ein helles Weiß, denn für jeden Menschen ist es wichtig, nach dem Tod hinein in das Licht zu gleiten.« Er lächelte mit schmalen Lippen. »Sie wundern sich über das Fenster, Mr. Conolly, aber wir sind der Meinung, dass unsere Gäste durch nichts abgelenkt werden sollen, wenn wir mit ihnen die schwierigen Gespräche führen.«
»Ah ja«, sagte Bill, »jetzt verstehe ich. Ich sehe es im Nachhinein auch als gut an.« Es ärgerte ihn noch immer, dass er den Namen des Bleichen nicht wusste, und so fragte er ihn danach.
Wieder wurde er lange angeschaut. Diesmal allerdings mit leicht zu Seite geneigtem Kopf. »Was sind schon Namen, Mr. Conolly? Die Organisation Omega hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen auf ihrem schwierigsten Weg zu begleiten, und deshalb sage ich Ihnen, dass Sie mich als Ihren Begleiter ansehen können. Ja, ich bin Ihr Begleiter in der letzten Zeit Ihres Lebens.«
»Das muss ich dann wohl akzeptieren.«
»Genau, Mr. Conolly. Aber hier geht es nicht um mich, sondern um Sie. Denn Sie sind zu uns gekommen, um mit Ihren Problemen nicht allein zu sein. Sie können ganz offen sein. Ich vertraue Ihnen auch, obwohl sie keine Krankenakten bei sich tragen, denn in sie nehmen wir normalerweise Einsicht.«
»Tatsächlich?«
»Ja, denn wir wollen erfahren, was mit dem Gast wirklich los ist. Wie schlimm es um ihn steht. Erst dann entscheiden wir, ob wir ihm helfen oder nicht.«
Bill nickte. »Wenn es daran liegt, dann fahre ich zurück und besorge mir Kopien von den Akten. Das wird sicherlich möglich sein und…«
»Nein, nein, Mr. Conolly. Lassen wir es gut sein. Ich glaube Ihnen auch so. Trotzdem habe ich den Eindruck, als hätten Sie sich über uns nicht so informiert wie es sein sollte.«
Bill hob die Schultern. »Nun ja, das ist alles relativ, meine ich. Ich weiß schon Bescheid. Man ist ja nie allein krank. Man hat immer Leidensgenossen, und bei ihnen habe ich mich informiert.«
»Das ist etwas anderes. Darf ich den Namen der Person erfahren, die sie uns empfohlen hat?«
Jetzt kommen wir langsam zum Kern der Sache!, dachte Bill.
Möglichst gelassen gab er die Antwort. »Es ist eine Frau gewesen, die mir den Tipp gab.«
»Oh, das ist interessant.«
»Sie heißt Alice Watson.«
Bill war gespannt, wie der Bleiche reagierte. Er tat und sagte zunächst mal nichts. Er senkte nur den Blick seiner dunklen Augen.
Diesmal unterbrach Bill das Schweigen. »Sie reagieren nicht. Wieso? Sagt Ihnen der Name nichts?«
»Doch, das schon.«
»Da bin ich beruhigt.«
Der Bleiche hob wieder den Blick. »Darf ich fragen, wann Sie Alice zum letzten Mal gesehen haben?«
»Puh.« Bill blies die Luft aus. »Da muss ich erst mal überlegen, wann das gewesen ist. Es liegt schon etwas länger zurück, und es war auch kein sehr langes Gespräch. Alice gab mir den Tipp. Danach habe ich sie nicht mehr gesehen. Ich hörte allerdings, dass sie nicht mehr lebt. So ist sie ja wohl erlöst worden.«
»Das kann sein«, gab der Bleiche zu und lächelte mehr in sich hinein. »Alice war bei uns. Ja, ja, wir haben mit ihr gesprochen…« Mehr sagte er nicht und ließ seine Worte nur so seltsam ausklingen.
»Sie war sehr angetan von Ihnen. Und sie war
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