1243 - Sie lockten mit dem Jenseits
die Schultern und schließlich hob er mühsam seinen Kopf an und drehte uns das Gesicht zu.
War es noch ein Gesicht?
Ich konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen, denn es glich einer Maske.
Es war weder das Gesicht eines Mannes noch das einer Frau.
Seine Haut schimmerte wie Metall, und in den Augen sah ich keinen Funken Leben mehr.
»Er hat verloren«, erklärte Raniel, »und das weiß er auch. Es wird die neuen Engel nicht mehr geben. Die alte Ordnung ist wiederhergestellt, obwohl ich noch nicht völlig zufrieden bin.«
Ich horchte auf. »Du meinst Amarel?«
»Ja.« Raniel lächelte. »Ich bin gekommen, um Gerechtigkeit herzustellen. Um dies erfüllen zu können, muss ich mich um Amarel kümmern. Er darf sich nicht erholen…«
»Du willst ihn töten?«
»Möchtest du es tun, John?« Ich überlegte einen Moment. Dann schüttelte ich den Kopf.
»Und ihr? Was ist mit euch?«
Damit waren Suko und Bill angesprochen worden, aber auch sie waren dagegen.
»Dann muss ich mich wohl um ihn kümmern«, erklärte Raniel. Er war mit wenigen Schritten bei Amarel und riss ihn in die Höhe. Ich konnte den Grauen sehen und wusste nicht so recht, wie ich ihn einschätzen sollte.
Er war nur noch ein neutrales Wesen. Eine Puppe. Ein geschlechtsloses Es. Die Macht war ihm durch die Vernichtung der Spiegel genommen worden, und Raniel packte ihn am Kragen, schüttelte ihn durch, nickte uns zu und ging davon.
Er tötete seine Beute nicht vor unseren Augen sondern schleifte sie weg. Nach wenigen Metern schon nahmen wir die Veränderung wahr, da erlebten wir die Verwandlung des Menschen in einen Engel, denn sein Körper erreichte einen feinstofflichen Zustand. Er ging auf die hintere Querwand des Raumes zu, die für ihn kein Hindernis bildete. Für einen Moment malten sich beide Gestalten noch in der Wand ab, als hätte jemand sie aufgemalt, dann waren auch sie weg.
Zu dritt blieben wir zurück. Auch der scharfe Geruch war nicht mehr so deutlich zu spüren. Wieder hatten wir einen rätselhaften Fall erlebt, in dem wir nur die zweite Geige gespielt hatten. Es gab keine Zeugen mehr, denn auch die vernichteten Engel waren nichts anderes mehr als Geistwesen.
Ihre Körperlichkeit hatten sie verloren. Wo sie gelegen hatten, gab es nichts mehr.
Noch einmal wurden wir an Amarel erinnert, denn aus dem Unsichtbaren erreichte uns ein gellender Schrei. Er war so grauenhaft, dass wir alle zusammenzuckten, aber er hörte sehr schnell auf.
In der folgenden Stille klangen selbst meine leise gesprochenen Worte recht laut. »Das ist es dann wohl gewesen, Freunde.« Ich wandte mich Bill zu. »Diesmal warst du die Hauptperson und bist uns um einiges voraus. Ich denke auch, dass du uns etwas erzählen kannst, damit wir den Durchblick bekommen.«
»Sicher, John, mache ich.«
»Aber vorher ruf Sheila an. Sie wartet sehnsüchtig darauf…«
ENDE des Zweiteilers
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