1246 - Die Macht des Träumers
sah - verzerrte sich. Überraschung, dann Furcht, gefolgt von plötzlichem Verstehen und wachsendem Zorn spiegelte sich in seinen Augen.
Alles geschah in wenigen Sekunden.
„Perry!" stieß Gesil hervor. Sie griff nach seiner Schulter, wie um ihm Halt zu geben, und sie hörte Deightons Warnruf, aber es war schon zu spät. Ihre Fingerspitzen trafen auf ein unsichtbares Hindernis. Feuriger Schmerz durchfuhr jede Zelle ihres Körpers.
Sie schrie auf und taumelte zurück. Der Ohnmacht nahe, kämpfte sie mit aller Willenskraft gegen das taube Gefühl an, das der Schmerz in ihren Gliedern hinterlassen hatte. Sie schaffte es. Die Schwäche wich.
Wenige Schritte von ihr entfernt materialisierte Gucky. „Vorsicht!" warnte der Mausbiber. „Es ist Kazzenkatt ...!
Vielleicht war es eine Täuschung, aber in diesem Moment glaubte sie einen Schatten neben ihrem Mann zu sehen, den Schatten eines kleinen, schmächtigen Wesens mit langen, fast bis zum Boden reichenden Armen, zwei Hälsen und einem quaderförmigen Kopf.
Der Schatten verschwand, und mit ihm verschwand Perry Rhodan.
Dann erlosch das Licht.
Von einer Sekunde zur anderen legte sich Dunkelheit über den breiten Gang, der zwanzig Meter weiter vor den schweren Ynketerk-Schotten der Hauptzentrale endete.
Die Energieversorgung ist zusammengebrochen! durchfuhr es Gesil. Aber sofort wurde ihr klar, daß sie sich irrte. In einem solchen Fall reagierten die positronisch gesteuerten Notstromaggregate so schnell, daß es nicht einmal zu einem Flackern der Beleuchtung kam. Von einem Totalausfall ganz zu schweigen. Und wenn die Notstromaggregate versagten, durfte es nicht völlig dunkel werden. Überall im HQ-Hanse gab es autarke Lichtquellen, die bei einer derartigen Katastrophe automatisch aufflammten.
Trotzdem war es im Korridor vor der Hauptzentrale dunkel wie in einem Schwarzen Loch.
In Gesils Kopf wirbelten die Gedanken wie Konfetti in einem Orkan. Sie stand da, in der Finsternis, vor Schmerz, Entsetzen und Überraschung wie gelähmt, und spürte kaum die Tränen, die über ihre Wangen rannen.
Perry von Kazzenkatt entführt... Das HQ-Hanse durch einen Anschlag auf die Energieversorgung lahmgelegt... Und das kurz nachdem die gesamte Bevölkerung des Solsystems Augenzeuge von Atlans und Jen Saliks Tod in der Tiefe geworden war...
Sie dachte an ES. Bitterkeit breitete sich in ihrem Herzen aus. Wenn der Unsterbliche von Eden II in der Lage war, ihnen über Lichtjahrmillionen hinweg eine Vision aus der Tiefe zu zeigen - dann mußte er auch von Kazzenkatts bevorstehenden Anschlag auf das Hauptquartier gewußt haben. Vielleicht war es kein Zufall, daß ES wenige Minuten zuvor das HQ-Hanse verlassen hatte. Und Meysenharts unheilvoller Kommentar über den Tod des letzten Ritters... Worte, die ein anderer vor ihm benutzt hatte...
Ruhig! dachte Gesil. Konzentriere dich!
Noch immer war es finster. Und still. Diese Stille... Gucky! Deighton! Sie mußten ganz in der Nähe sein! Warum rührten sie sich nicht?
Gesil lauschte, aber sie hörte nur ihre eigenen Atemzüge.
„Gucky?" sagte sie. „Hörst du mich?"
Sie lauschte wieder. Irgendwo in weiter Ferne antwortete jemand. Die Stimme schien vertraut, aber sie war so leise, daß es unmöglich war, sie zu identifizieren.
Sie wischte die Tränen vom Gesicht. Ihr Herz pochte schnell und hart. Perry... Warum unternahm niemand etwas? Warum antworteten Gucky und Deighton nicht? Diese Dunkelheit... Diese... Finsternis.
Gesil stöhnte auf, als sie begriff. Das Element der Finsternis! Kazzenkatt hatte das Element der Finsternis gegen Terra eingesetzt! Wie damals in Andro-Beta hatte er dieses unheimliche Phänomen benutzt, um Perry zu entführen!
Sie wurde ganz ruhig. Der Aufruhr der Gefühle wich einer nüchternen Einschätzung der Lage.
Der Führung von Hanse und LFT war klar gewesen, daß Kazzenkatt nach dem Verlust des Elements der Technik nur noch über ein einziges Element gebot - über das unheimliche Element der Finsternis. Ein Einfluß, der sowohl elektromagnetische, als auch hyperenergetische Strahlung absorbierte. Nicht nur das sichtbare Licht, auch infrarote, ultraviolette, selbst radioaktive Strahlen wurden von der Finsternis verschluckt; der gesamte Funkverkehr - Hyperfunk eingeschlossen - wurde blockiert.
Soviel war seit dem Zwischenfall auf der BASIS bekannt.
Ebenfalls war bekannt, daß der Dekalog das Orientierungsproblem während der Finsternisphase gelöst hatte - die Elemente benutzten ein Gerät, das aus
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